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Seit Monaten rätseln Wissenschaftler, um was es sich bei den eigentümlichen hellen Flecken handeln könnte, die die NASA-Sonde Dawn an verschiedenen Stellen des Zwergplaneten Ceres entdeckt hat. Nun ist das Geheimnis der hellen Flecke gelüftet: Offenbar handelt es sich um eine Mischung aus Wassereis und Mineralsalzen. Das Vorhandensein von Wasser ist dabei besonders interessant.
Über dem hellsten Fleck auf der Oberfläche des Zwergplaneten Ceres im Occator-Krater liegt bei Sonneneinstrahlung ein dünner Nebel. Das belegen jetzt vorgestellte Aufnahmen des wissenschaftlichen Kamerasystems an Bord der NASA-Raumsonde Dawn. Der Nebel deutet darauf hin, dass sich nahe der Oberfläche gefrorenes Wasser befindet, welches durch Öffnungen emporsteigt. Ein wesentlicher Bestandteil der hellen Flecken im Occator-Krater sind wahrscheinlich hydrierte Magnesiumsulfate, eine Klasse von Mineralsalzen. Viele der anderen hellen Flecken auf der Ceres-Oberfläche bestehen wahrscheinlich inzwischen ausschließlich aus ausgetrockneten Mineralsalzen. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass gefrorenes Wasser seit der Geburtsstunde des Sonnensystems nicht nur in seinen entlegenen Tiefen überdauern konnte, sondern auch im vergleichsweise nahen Asteroidengürtel. Eine unsichtbare Grenze verläuft zwischen den steinigen Planeten des inneren Sonnensystems und den Gasriesen weiter außen. Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren verdampften Wasser und andere leichtflüchtige Stoffe aus der Nachbarschaft der Sonne und ließen die inneren Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars als steinige, trockene Welten zurück. Nur fern der Sonne konnten sich diese Stoffe halten. In den Gasplaneten und ihren Eismonden existieren sie bis heute. Auch das irdische Wasser ist ein späterer Zuwanderer aus dieser entlegenen Region. Doch wo genau verläuft die sogenannte "Eislinie" heute und wo lag sie früher? Wo im Sonnensystem konnte gefrorenes Wasser überdauern?
Antworten auf diese Fragen sucht die NASA-Raumsonde Dawn im Asteroidengürtel, einer Region zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter, die von unzähligen kleineren und größeren Brocken bevölkert ist. Schon Anfang des Jahres in der Anflugphase auf Ceres beflügelten helle Flecken auf der Oberfläche des mit einem Durchmesser von etwa 950 Kilometern größten Objekts des Asteroidengürtels die Phantasie von Wissenschaftlern und Laien. Handelte es sich um freiliegendes Eis? Oder waren es doch "nur" Salze, die den hellen Flecken ihre hohe Reflektivität verliehen? "Wir sehen aktuell wahrscheinlich Überreste eines Verdunstungsprozesses, der an verschiedenen Stellen verschieden weit fortgeschritten ist. Möglicherweise handelt es sich dabei um das Endstadium einer vormals noch aktiveren Periode", erklärt nun Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS), der wissenschaftliche Leiter des Kamera-Teams. Das Licht, das die insgesamt mehr als 130 hellen Flecke ins All reflektieren, unterscheidet sich deutlich von dem aus anderen Regionen. So enthält es beispielsweise einen größeren Anteil an blauem Licht. Das zeigen Auswertungen der Kameradaten, die mit Hilfe verschiedener Farbfilter aufgenommen wurden. "Vergleiche mit verschiedensten Materialien, die wir im Labor untersucht haben, deuten darauf hin, dass sich dort auch hydrierte Magnesiumsulfate finden", so MPS-Kollege Martin Hoffmann. Solche Minerale kommen auch auf der Erde vor – nicht selten am Rande von Salzseen. Der Occator-Krater sticht zusätzlich hervor. Der zentrale Fleck im innersten Teil des Kraters ist deutlich heller als andere helle Bereiche auf der Oberfläche. Er liegt in einer Art "Krater im Krater" mit einem Durchmesser von etwa zehn Kilometern und einer Tiefe von einem halben Kilometer. "Auf einigen unserer Aufnahmen lässt sich zudem ein Schleier über dem Kraterboden erkennen", beschreibt Nathues. Der Schleier tritt in einem täglichen Rhythmus immer dann auf, wenn Sonnenlicht den Kraterboden erreicht. "Offenbar verdampft dort Wasser und trägt kleine Teilchen mit sich", so Nathues. Der Prozess erinnere an das Ausgasen von Kometen, verlaufe aber zurzeit eher beschaulich und nicht-eruptiv. "Es ist eine Art langsames Ausdünsten", ergänzt Nathues. Hinweise auf gefrorenes Wasser auf Ceres gab es seit Jahren. So ist etwa die Dichte des kugelförmigen Körpers für ein rein steinig-metallisches Innenleben zu niedrig. Anfang vergangenen Jahres entdeckten Forscher um Michael Küppers von der Europäischen Weltraumagentur (ESA) mit dem Weltraumteleskop Herschel Wasserdampf in der Umgebung von Ceres. Anders als bei den neuen Messungen zeigte sich das Gas jedoch nicht räumlich aufgelöst, sondern nur als Absorptionslinie in einem Spektrum. Dawn erlaubt nun einen genaueren Blick auf Ceres. Die jetzt veröffentlichten Messungen entstanden zum Teil aus einer Entfernung von etwa 1.470 Kilometern - in kosmischen Maßstäben ein Katzensprung. "Ceres’ Salze treten an der Oberfläche stark lokalisiert auf", so Hoffmann. Fast alle Fundorte liegen in oder in der Nähe von größeren und kleineren Kratern. Der eishaltige Occator-Krater ist dabei ein besonders junges Exemplar. Der scharfkantige Kraterrand und die wenigen Einschläge am Boden des Kraters legen nahe, dass er vor etwa 78 Millionen Jahren entstanden ist. Auch die zweithellste Struktur auf der Ceres-Oberfläche, der Oxo-Krater, der vor wenigen Wochen noch nicht benannt war und in der Studie deshalb als "Feature A" bezeichnet wird, ist vergleichsweise jung und könnte ebenfalls Eis enthalten. "Die plausibelste Interpretation unsere Ergebnisse ist, dass sich unter der Oberfläche von Ceres zumindest stellweise eine Mischung aus Eis und Salzen erstreckt", so Nathues. Einschläge von mittelgroßen Asteroiden können dieses Material freilegen. Das Eis verdampft nach und nach, bis das Salz und Schichtsilikate aus der Umgebung zurückbleiben. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich unterirdisches Eis möglicherweise auch im vergleichsweise sonnennahen Asteroidengürtel halten konnte", so Nathues. "Die oberflächliche Gesteinsschicht schützt es vor dem Einfluss der Sonne." Nur etwa 414 Millionen Kilometer trennen den Zwergplaneten Ceres von unserem Zentralgestirn. Der Jupiter mit seinen wasserspuckenden Eismonden befindet sich fast doppelt so weit entfernt; die wasserreichen Kometen verbringen den Großteil ihres Daseins noch weiter draußen am Rande des Sonnensystems. Und möglicherweise ist Ceres nicht das einzige größere sonnennahe Eisreservoir im Sonnensystem. Spektrale Beobachtungen des großen Asteroiden Pallas, der in einer vergleichbaren Entfernung wie Ceres um die Sonne kreist, legen nahe, dass die Oberflächen beider Körper ähnlich zusammengesetzt sind. Die Raumsonde Dawn startete im September 2007 auf ihre Reise in den Asteroidengürtel, der zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter liegt. Im Jahre 2011 erreichte die Mission den Asteroiden Vesta; mehr als ein Jahr lang begleitete die Sonde den Körper. Am 6. März dieses Jahres schwenkte Dawn in eine Umlaufbahn um den Zwergplaneten Ceres ein und dringt seit dem Schritt für Schritt in immer tiefere Umlaufbahnen vor. Die tiefste wird voraussichtlich Mitte Dezember erreicht und danach mindestens bis Juni nächsten Jahres beibehalten. Nur 375 Kilometer werden Dawn dann von der Ceres-Oberfläche trennen.
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