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Der Asteroid Vesta, der seit Sommer des vergangenen Jahres von der NASA-Sonde Dawn umkreist wird, weist zahlreiche Eigenschaften eines Planeten auf. Dies ist nur eines von zahlreichen Ergebnissen der Mission, die jetzt im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurden. Eine wichtige Rolle bei der Erforschung von Vesta spielt das in Deutschland entwickelte Kamerasystem.
Zum "richtigen" Planeten hat es nicht ganz gereicht, aber Vesta weist zumindest zahlreiche Eigenschaften eines Planeten auf. Das ist eines der herausragenden Resultate der NASA-Mission Dawn, die heute im amerikanischen Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurden. Die Raumsonde Dawn umkreist Vesta seit dem 16. Juli 2011. Vesta ist, nach dem Zwergplaneten Ceres und dem Asteroiden Pallas, das drittgrößte Objekt im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter und zugleich die zweitmassereichste. "Vesta hat mehr Ähnlichkeit mit dem Mond als mit anderen Asteroiden", erklärt Professor Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. "Ihr innerer Aufbau, die Vielzahl geologischer Oberflächenformen, die unterschiedliche Zusammensetzung und vor allem die durch Materialverlagerungen veränderte Oberfläche sprechen für eine dynamische, langanhaltende, planetenähnliche Entwicklungsgeschichte." Jaumann leitet das Dawn-Wissenschaftsteam des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das an der amerikanischen Mission beteiligt ist. Der Planetengeologe ist einer der Erstautoren der Serie von Veröffentlichungen der amerikanisch-deutsch-italienischen Forschergruppe in Science. Die DLR-Planetenforscher werteten hierfür die Bilder eines Kamerasystems aus, das - mit DLR-Förderung - vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung gemeinsam mit dem DLR für Dawn entwickelt wurde.
"Diese Kamera liefert seit dem 6. August 2011, als wir mit der systematischen Kartierung begonnen haben, perfekte, hoch aufgelöste Bilder von Vesta", freut sich Jaumann. "Völlig unerwartet war die Entdeckung von ein paar Dutzend mehrere hundert Kilometer langen Furchen, die, wie mit einem gigantischen Pflug gezogen, zum einen parallel zum Äquator, zum anderen schräg dazu verlaufen. Und dann entdeckten wir neben einem vorher schon vermuteten riesigen Einschlagsbecken nahe des Südpols auch die Spuren einer ebenso großen, aber noch älteren Kollision." Die Forscher um Jaumann sind sich sicher, dass diese beiden Mega-Einschläge die Ursache für die Furchen am Äquator von Vesta sind. Inmitten dieser Becken erhebt sich ein Zentralmassiv, das weit über 20 Kilometer hoch ist. Die Vermessung der Körper des Sonnensystems gehört zu den weltweit anerkannten Expertisen des DLR-Instituts für Planetenforschung. Die Wissenschaftler haben auf der Grundlage von Stereo-Bilddaten dreidimensionale globale Geländemodelle von Vesta erstellt, die maßgeblich zum Verständnis des inneren Aufbaus dieses Asteroiden und der Strukturen auf der Oberfläche beigetragen haben. Die bis zu 15 Meter genauen Geländemodelle und daraus abgeleiteten Karten sind die Grundlage für die detaillierte Erforschung Vestas durch das internationale Dawn-Wissenschaftsteam. Die Mission Dawn soll helfen, fundamentale Fragen zur frühen Entwicklung der Planeten zu klären. "Vesta war wahrscheinlich sogar einmal größer als heute", erklärt Professor Chris Russell, verantwortlicher Wissenschaftler der Dawn-Mission von der University of California in Los Angeles. "Durch Kollisionen wurden riesige Bruchstücke aus diesem Protoplaneten weggesprengt. Dennoch war Vesta groß genug, um zu 'differenzieren', also einen metallischen Kern auszubilden, der von einem Gesteinsmantel umgeben ist." Dieses Szenario wurde bisher nur vermutet, konnte aber nun durch eine mineralogische Analyse der Oberfläche von Vesta bestätigt werden: Die Beobachtungen mit der deutschen Spezialkamera und die Messungen mit den amerikanischen und italienischen Spektrometern an Bord von Dawn zeigen eine Übereinstimmung mit der Zusammensetzung von seltenen Meteoriten, die auf der Erde gefunden wurden. Diese "HED"-Meteoriten - benannt nach den Anfangsbuchstaben der drei Steinmeteoriten-Sorten Howardit, Eukrit und Diogenit - stammen ebenfalls von einem differenzierten Asteroiden-Mutterkörper und haben eine "heiße" Vergangenheit hinter sich, waren also wenigstens zum Teil bei ihrer Entstehung geschmolzen. Zweimal schlug an Vestas Südpol ein großer Körper ein und sprengte viele Tausend Kubikkilometer Gesteinsbrocken ab. Diese folgen jetzt als so genannte Vestoide der Bahn von Vesta. "Zurück blieben zwei sich gegenseitig fast überdeckende Einschlagsbecken, die nach den Priesterinnen Rheasilvia und Veneneia der römischen Göttin Vesta benannt wurden", erklärt Russell. "Bruchstücke von Vesta und der Vestoiden sind dann als HED-Meteoriten ins All geschleudert worden, und manche Brocken landeten schließlich auf der Erde." Erst auf den topographischen Karten der DLR-Forscher wurde offensichtlich, dass Vesta zweimal besonders schwer getroffen wurde. "Vesta hat in seiner Geschichte einiges aushalten müssen", so Jaumann. "Veneneia, das ältere Becken, hat schließlich auch einen Durchmesser von 400 Kilometern. Die enorm bewegte Topographie und die extrem steilen Berg- und Kraterwände zeigen, dass der Asteroid unter seiner obersten Staubschicht aus massivem Gestein besteht." Die gewaltigen Einschläge erschütterten Vesta durch und durch. Ausdruck dieser Asteroidenbeben sind mehrere Dutzend gewaltige Furchen, die entlang des Äquators verlaufen. "Es lässt sich ein eindeutiger geometrischer Bezug zum jeweiligen Zentrum der Einschlagsbecken Rheasilvia und Veneneia herstellen. Zugleich zeigt die Entstehung mehrerer hundert Kilometer großer Becken und globaler Strukturen, dass bei den kosmischen Kollisionen der gesamte Körper von Vesta bis zur Belastungsgrenze erschüttert wurde", analysiert Jaumann die Ergebnisse. Doch Vesta bleibt rätselhaft: Auf der Oberfläche wurden keine Strukturen identifiziert, die eindeutig auf Vulkanismus hindeuten, obwohl dies theoretisch zu erwarten ist. "Das kann aber auch daran liegen, dass die Oberfläche von einer dicken Schutt- und Staubschicht, dem Regolith, bedeckt ist, der erst nach und nach durch das Meteoritenbombardement entstanden ist und Spuren eines frühen Vulkanismus überdeckt", vermutet Jaumann. Einige Flächen mit auffallend dunklem Material könnten zwar auf Vulkanismus hindeuten. Es könnte aber auch sein, dass es sich um eine Substanz handelt, die reich an Kohlenstoff ist und von Kometen oder Asteroiden dorthin verfrachtet wurde. Die Wissenschaftler haben nun noch bis Ende August Zeit, weitere Geheimnisse von Vesta zu lüften. Dann wird Dawn den Orbit um den Asteroiden verlassen und das nächste Ziel der Mission im Asteroidengürtel ansteuern: den Zwergplaneten Ceres.
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