Die vielfältige Oberfläche von Vesta
von Stefan Deiters astronews.com
22. März 2012
Seit Sommer 2011 umkreist die NASA-Sonde Dawn den
Asteroiden Vesta und hat bereits unzählige Bilder seiner Oberfläche zur Erde
gesandt. Diese präsentiert sich überraschend vielfältig und zeigt geologische
Strukturen, die zuvor auf keinem anderen Asteroiden beobachtet wurden.
Rätselhaft sind vor allem die dunklen Regionen auf Vesta.
Der Einschlagkrater Canuleia auf Vesta. Er hat
einen Durchmesser von etwa zehn Kilometern. Gut
zu erkennen ist helles Material, das offenbar bei
dem Einschlag in die Umgebung geschleudert wurde.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS /
DLR / IDA / UMD
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Vesta ist eines der hellsten Objekte im Sonnensystem und zudem der einzige
Asteroid im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter, der unter günstigen
Bedingungen mit bloßem Auge zu beobachten ist. Der Ursache für diese
ungewöhnliche Helligkeit versucht auch die NASA-Sonde Dawn auf die Spur
zu kommen, die sich seit Sommer 2011 in einem Orbit um Vesta befindet (astronews.com
berichtete). Auf Bildern der Oberfläche von Vesta haben Astronomen nun Bereiche
entdeckt, die fast doppelt so hell sind wie andere Regionen des Asteroiden. Dies
könnte den Forschern etwas über die Geschichte von Vesta verraten.
"Unsere Analyse hat ergeben, dass dieses helle Material von Vesta stammt und
sich seit der Entstehung des Asteroiden vor über vier Milliarden Jahren kaum
verändert hat", erläutert Jian-Yang Li von der University of Maryland.
"Wir wollen unbedingt mehr über die mineralogische Zusammensetzung dieses
Materials lernen und darüber, wie die heutige Oberfläche von Vesta entstanden
ist."
Helle Regionen konnten die Wissenschaftler überall auf Vesta nachweisen, vor
allem aber im und um den Krater. Dabei haben die hellen Bereiche ganz
unterschiedliche Ausdehnungen. Ihr Durchmesser reicht von einigen Hundert Metern
bis zu 16 Kilometern. Offenbar haben Gesteinsbrocken, die auf die Oberfläche von
Vesta eingeschlagen sind, dieses helle Material freigelegt und verteilt. Auch
könnte sich bei dem Einschlagsprozess helleres Material mit dunklerem Material
der Oberfläche vermischt haben.
Helligkeitsvariationen auf der Vesta-Oberfläche waren den Astronomen auch schon
bei früheren Beobachtungen des Asteroiden mit dem Weltraumteleskop Hubble
aufgefallen, doch hatten sie nicht mit dieser Vielfalt von unterschiedlichen
dunklen Ablagerungen auf der Oberfläche gerechnet. Das dunkle Material auf Vesta
kann nämlich gräuliche, bräunliche und auch rötliche Farbtöne aufweisen.
Manchmal befindet es sich nur in eng begrenzten Gebieten, manchmal bedecken die
Ablagerungen aber auch größere Bereiche, wie etwa im Falle der "Schneemann"
genannten Krater, die schon einmal als "Bild
des Tages" bei astronews.com zu sehen waren.
"Eine der Überraschungen war, dass das dunkle Material nicht zufällig verteilt
ist", erklärt David Williams von der Arizona State University. "Das
deutet darauf hin, dass die geologische Struktur des Untergrunds für das
Auftreten verantwortlich ist." Da das dunkle Material mit Einschlägen
zusammenzuhängen scheint, wird spekuliert, dass es von kohlenstoffreichen
Asteroiden stammen könnte, die mit so geringer Geschwindigkeit auf Vesta
eingeschlagen sind, dass sie die Oberfläche nicht abgesprengt und für regional
begrenzte Ablagerungen gesorgt haben.
Aber auch schnellere Asteroiden könnten auf der Oberfläche eingeschlagen sein.
Sie dürften dann beim Einschlag die vulkanische Basaltkruste aufgeschmolzen und
das existierende Oberflächenmaterial dunkler gefärbt haben. Diese geschmolzene
Mischung findet man beispielsweise an den Wänden und auf den Böden von
Einschlagkratern und unterhalb von hellerem Auswurfmaterial, das durch den
Einschlag eines Asteroiden in die Umgebung geschleudert wurde.
"Einige dieser Kollisionen in der Vergangenheit waren so heftig, dass dabei die
Oberfläche geschmolzen ist", erläutert Brett Denevi vom Applied Physics
Laboratory der Johns Hopkins University. "Dass Dawn diese
Schmelzspuren fotografieren konnte, ist ein einmaliges Ergebnis. Solche
Schmelzprozesse waren immer vermutet worden, aber man hat sie zuvor noch nie auf
einem Asteroiden gesehen."
Die Wissenschaftler präsentierten die jüngsten Ergebnisse der Dawn-Mission
jetzt auf der Lunar and Planetary Science Conference in Texas. Dawn
soll Vesta noch bis zum Sommer umkreisen und sich dann auf den Weg zum
Zwergplaneten Ceres machen, den die Sonde im Februar 2015 erreichen wird. "Die
sehr anspruchsvolle Erkundung von Vesta durch Dawn läuft ganz
hervorragend", freut sich auch Marc Rayman, der Dawn-Chefingenieur am
Jet Propulsion Laboratory der NASA. "Mit mehr und mehr Daten enthüllt
sich uns eine faszinierende außerirdische Landschaft."
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