Sonde erreicht Zwergplanet Ceres am Freitag
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
3. März 2015
Die Spannung steigt bei der NASA und den internationalen
Partnern der Mission Dawn: Erstmals soll eine Sonde in den Orbit eines
Zwergplaneten einschwenken und diesen über ein Jahr lang erkunden. Schon aus der
Entfernung hatten die ersten Bilder von Ceres mehr Fragen aufgeworfen als
Antworten geliefert. Insbesondere die hellen Punkte auf der Oberfläche
bleiben bislang rätselhaft.

Dieser Ausschnitt aus einem Mosaik zeigt
einen Teil der Oberfläche des Zwergplaneten
Ceres. Einige der rätselhaften Flecken sind gut
zu erkennen.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS /
DLR / IDA [Gesamtansicht] |
Nur noch wenige Tage wird es dauern, bis die Raumsonde Dawn am 6.
März 2015 in den Orbit um Ceres einschwenkt und somit zum ersten Mal überhaupt
ein Zwergplanet besucht wird. Was Ceres den Wissenschaftlern bisher preisgegeben
hat, wirft zurzeit nur noch mehr Fragen auf als es Antworten liefert: "So
punktgenaue, extrem helle Flecken, wie wir sie auf den Kameraaufnahmen sehen,
sind ungewöhnlich und bisher einfach noch nicht zu deuten - eine Erklärung wäre
freigelegtes Eis, das das Licht stark reflektiert", spekuliert Prof. Ralf
Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Und auch die vielen unterschiedlichen Formen der Krater und ihr
Erhaltungszustand haben die Wissenschaftler so nicht erwartet. Der Zwergplanet
hat beispielsweise einen Krater mit einem Durchmesser von 300 Kilometern, der
flacher ist, als es für einen Einschlagskrater üblich ist, aber auch Krater mit
hohem Rand und einem Berg in der Mitte. "Ganz ehrlich: Ceres ist viel spannender
als ich gedacht habe", so Jaumann.
Von Juli 2011 bis September 2012 umkreiste die amerikanische Raumsonde
Dawn den Asteroiden Vesta, seitdem reist sie durch das All, um vom ersten
Untersuchungsobjekt zum zweiten Missionsziel, dem Zwergplaneten Ceres, zu
gelangen. Über 228 Millionen Kilometer hat Dawn dabei zurückgelegt, die
Frostgrenze im Asteroidengürtel zwischen Jupiter und Mars hinter sich gelassen
und befindet sich nun über 500 Millionen Kilometer entfernt von der Erde.
Mit der Annäherung an Ceres wachsen Neugier und Spannung bei den
Wissenschaftlern. Erstmals erkundet eine Sonde gleich zwei Himmelskörper in
einer Mission: Asteroid Vesta war ein "trockener", felsiger Asteroid, zerfurcht,
voller Krater, Berge und Canyons - Zwergplanet Ceres wird als "nasser", eisiger
Asteroid nicht nur eine dreckige, staubige Eiskruste, sondern wohlmöglich auch
einen darunterliegenden Ozean aus Wasser haben.
So unterschiedlich die beiden Himmelskörper im Asteroidengürtel sind,
konservieren dennoch beide frühe Entwicklungsstufen unserer Planeten: "Beide
Körper sind Fossilien aus der Geburtsstunde des Sonnensystems und werfen Licht
auf dessen Entstehung", sagt die stellvertretende wissenschaftliche
Missionsleiterin Carol Raymond vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der
NASA. "Wir werden mit der Dawn-Mission vieles lernen, das uns die
Entstehung unseres Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren besser verstehen
lässt", ist Jaumann überzeugt.
Bei Asteroid Vesta stießen die Wissenschaftler auf eine erstaunliche und
wissenschaftlich spannende neue Welt. Und auch Zwergplanet Ceres erweist sich
bereits im Anflug als vielversprechend und rätselhaft zugleich. Schon die extrem
hellen Flecken, die sich in einem Krater von Ceres zeigen, sorgen für die
Diskussionen und Spekulationen: "Sie sind ein ziemliches Rätsel – nicht nur für
Laien, sondern auch für uns Planetenforscher", gibt Jaumann zu.
Aus 46.000 Kilometern Entfernung aufgenommen, nehmen die Flecken gerade
einmal einen Pixel ein und sind somit kleiner als vier Quadratkilometer. Für
eine detaillierte Erklärung ist das noch zu wenig. "Es könnte Kryo-Vulkanismus
sein, es könnte freigelegtes Eis sein, wir müssen einfach abwarten, bis wir
Aufnahmen mit einer besseren Auflösung haben."
Immerhin konnte ein Infrarot-Spektrometer auf dem Weltraumteleskop
Herschel bereits messen, dass der Zwergplanet Wasserdampf in seiner
Umgebung hat. Ein Zusammenhang zwischen dem Ausstoß von Wasserdampf und den
hellen Flecken ist möglich. Doch erst wenn die Umlaufbahn um Ceres erreicht ist
und die Sonde den Zwergplaneten aus der Nähe umfliegt, sind tatsächlich
Erklärungen zu erwarten.
Auch die Krater, ihre Form und Verteilung weisen darauf hin, dass Ceres ein
lohnenswertes Untersuchungsobjekt sein wird: Hier hatten die Forscher – vor
allem am Äquator - eher eine flache Oberfläche erwartet, da eine dünne
Eisschicht dafür sorgen würde, dass sich Kratererhebungen mit der Zeit durch die
Entspannung des Eises senken und einebnen würden. Nun gibt es aber nicht nur
einen großen Krater, der kaum noch wie ein Einschlagskrater aussieht, sondern
zudem auch markante Kraterformen mit einem aufgetürmten Berg im Mittelpunkt.
Die gesamte Oberfläche des Zwergplaneten ist dabei sehr abwechslungsreich und
zeigt verteilt über seine gesamte Fläche die unterschiedlichsten Strukturen.
"Wie dick die Eiskruste ist, die wir unter der staubbedeckten Oberfläche
vermuten, werden wir erst mit der Erforschung dieser Kraterformen ableiten
können", erläutert Jaumann.
Nachdem die Sonde Dawn am 6. März 2015 in 41.000 Kilometern
Entfernung von Ceres‘ Gravitation eingefangen wird, werden zunächst bis zum 10.
April keine weiteren Aufnahmen erfolgen. Im April und Mai wird der Zwergplanet
dann 20 Tage lang aus einer Umlaufbahn in 13.500 Kilometern erforscht. Im Juni
geht es auf eine Höhe von 4.400 Kilometern sowie 1.470 Kilometern hinunter. Die
größte Annäherung erfolgt dann im Dezember 2015, wenn Dawn in nur noch
375 Kilometern Abstand um Ceres kreist.
14 Monate lang - bis Ende Juni 2016 - werden die Planetenforscher
kontinuierlich Daten gewinnen und Ceres erforschen. Geht der Treibstoff aus,
kann Dawn seine Instrumente auch nicht mehr ausrichten und wird als künstlicher
Satellit noch lange um den Zwergplaneten kreisen.
"Viele Rätsel, die Ceres uns zurzeit noch aufgibt, werden wir erst mit der
dritten Dimension lösen können", erklärt Jaumann. Und diese wird es ab Mai 2015
geben, wenn Dawn den Zwergplaneten mit der Kamera systematisch aus
verschiedenen Blickwinkeln aufzeichnen wird und anschließend das DLR-Institut
für Planetenforschung ein dreidimensionales Höhenmodell des Himmelskörpers
erstellt.
Dazu wurde im DLR-Institut exakt geplant, wie viele Bilder an welchem Punkt
aufgenommen werden müssen, um schließlich erstmals eine genaue Topographie eines
Zwergplaneten zu berechnen - eines Himmelskörpers in 500 Millionen Kilometern
Entfernung von der Erde.
Die Mission Dawn wird vom Jet Propulsion Laboratory der
amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA geleitet. Die University of California
in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich.
Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des
Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen in Zusammenarbeit
mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und
Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut.
 |
|