Das Geheimnis des dunklen Materials
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung astronews.com
3. Juli 2014
Über ein Jahr lang hat die NASA-Sonde Dawn den
Asteroiden Vesta umkreist. Zu den faszinierendsten Funden auf der Oberfläche
zählt ein außerordentlich dunkles Material, das sich immer wieder an einigen
Stellen des Asteroiden fand. Eine gründliche Auswertung von Bilddaten lieferte
nun einen Hinweis auf seinen Ursprung: Es gelangte offenbar durch Einschläge auf
den Asteroiden.
Der Numisia Krater direkt südlich des
Äquators von Vesta hat einen Durchmesser von 30
Kilometern. Das lange Zeit rätselhafte Material
ist deutlich zu erkennen.
Bild: NASA /JPL-Caltech / UCLA / MPS /
DLR / IDA |
Eine der rätselhaftesten Entdeckungen, die die NASA-Raumsonde Dawn
beim Asteroiden Vesta gemacht hat, war ein eigentümliches dunkles Material, das
sich vereinzelt auf der Oberfläche des Asteroiden fand. Das Material, das ebenso
effizient Licht schluckt wie Ruß, beschäftigt seitdem die Wissenschaftsgemeinde.
Aus welchen Stoffen besteht das Material? Wie ist es entstanden? Und was verrät
es über diesen einzigartigen Himmelskörper, der sich anschickte ein Planet zu
werden, aber vor etwa 4,5 Milliarden Jahren in einer frühen Phase dieser
Entwicklung steckenblieb?
In einer neuen Studie beantworten Forscher des Max-Planck-Instituts für
Sonnensystemforschung (MPS) einen Teil dieser Fragen. So konnten sie in dem
dunklen Material das Silikat Serpentin identifizieren. Bereits vor etwa
anderthalb Jahren hatten Forscher das dunkle Material als reich an Kohlenstoff
charakterisiert. "Neben einzelnen Elementen und einfachen Verbindungen wie
OH-Gruppen nun komplexe Mineralien identifizieren zu können, bringt uns einen
entscheidenden Schritt weiter", erklärt Dr. Andreas Nathues vom MPS die
Tragweite der neuen Entdeckung.
Wie jedes Mineral entsteht auch Serpentin nur unter bestimmten Bedingungen:
Druck und Temperatur dürfen weder zu hoch, noch zu niedrig sein; begleiten
weitere Elemente wie etwa Wasserstoff die Geburtsstunde, bilden sich
vorzugsweise andere Verbindungen. "Der Nachweis von Mineralien im dunklen
Material gewährt uns Zugang zu einer völlig neuen Art von Information", so
Nathues. "Wir müssen uns nicht mehr auf die Frage beschränken, woraus dieses
Material besteht. Die Mineralien erzählen uns, welchen Umweltbedingungen es
ausgesetzt war."
Serpentin etwa kann Temperaturen oberhalb von 400 Grad Celsius nicht
überstehen: im Serpentin enthaltene Verbindungen aus einem Sauerstoff- und einem
Wasserstoffatom verändern sich dann und je nach Umgebungsbedingungen entstehen
andere Stoffe. "Das dunkle Material ist also nicht sehr heiß geworden", folgert
Dr. Martin Hoffmann vom MPS. Da Vesta - anders als die deutlich kleineren
Asteroiden - in einer frühen Entwicklungsphase heiß und geschmolzen war, kann
das dunkle Material somit kein ursprünglicher Bestandteil des Protoplaneten
sein. Auch ein vulkanischer Ursprung, den manche Wissenschaftler vermuten, ist
somit ausgeschlossen.
"Einzige Möglichkeit bleiben Einschläge von Asteroiden", erklärt Hoffmann und
weist darauf hin, dass einige primitive Meteorite typischerweise Serpentin
enthalten. Diese gelten als Bruchstücke kohlenstoffreicher Asteroiden. Solche
Einschläge müssen zudem vergleichsweise gemächlich abgelaufen sein, denn auch
ein Asteroid, der mit hohen Geschwindigkeiten aufprallt, hätte zu hohe
Temperaturen erzeugt. In einer früheren Studie hatten Wissenschaftler des MPS
berechnet, wie sich das dunkle Material durch ein solches Ereignis verteilen
würde. Die tatsächlichen Fundstellen am Rande eines der beiden großen
Einschlagsbecken der Südhalbkugel decken sich mit diesen Berechnungen.
Schlüssel zu den aktuellen Ergebnissen war eine neue und genauere Analyse der
Bilder, welche das Kamerasystem an Bord der Raumsonde Dawn in der Zeit
von Juli 2011 bis September 2012 aus Umlaufbahnen um Vesta aufgenommen hatte.
Die sieben Farbfilter des Kamerasystems können bestimmte Wellenlängenbereiche
aus dem Licht, das Vesta zurück ins All reflektiert, herausfiltern und so die
charakteristischen "Fingerabdrücke" bestimmter Materialien aufspüren.
"Die Gebiete, in denen das dunkle Material an den steilen Rändern großer
Krater zu Tage tritt, sind nicht groß. Manchmal erstreckt es sich in einer
Richtung nur über wenige hundert Meter", erklärt Nathues, Leiter des
Kamera-Teams, die messtechnischen Herausforderungen. Erst durch sorgfältiges
Rekalibrieren ist es nun gelungen, den Daten die neuen Informationen zu
entlocken. Zudem nutzten die Forscher Messdaten des Spektrometers VIR an Bord
der Sonde.
Um das Serpentin zweifelsfrei in ihren Kameradaten zu identifizieren,
untersuchten die Forscher auch serpentinhaltige Mineralmischungen und Meteorite
im Labor. Die Fingerabdrücke, welche diese Proben in reflektiertem Licht
hinterlassen, stimmen gut mit den realen Messdaten von Vesta überein.
Die Mission der Asteroidensonde Dawn hatte am 27. September 2007
begonnen. Am 16. Juli 2011 war die Sonde dann in einen Orbit um den Asteroiden
Vesta eingeschwenkt und hatte diesen kartiert und gründlich untersucht (astronews.com
berichtete wiederholt). Im September 2012 hatte Dawn Vesta wieder
verlassen und befindet sich jetzt auf dem Weg zum Zwergplaneten Ceres, den die
Sonde 2015 erreichen wird.
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