Erster Blick auf Zwergplanet Ceres
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
8. Dezember 2014
Die NASA-Sonde Dawn hat das erste aufgelöste Bild
des Zwergplaneten Ceres zur Erde gefunkt. Der knapp 1.000 Kilometer
durchmessende Brocken ist der größte Asteroid im Sonnensystem und soll von
Dawn ab März 2015 gründlich erforscht werden. Eventuell könnte sich unter
seiner eisigen Oberfläche sogar ein Ozean aus Wasser verbergen.
Ceres auf neun Pixeln: Die Kamera der
Dawn-Sonde machte aus 1,2 Millionen Kilometern
ein Bild des Zwergplaneten.
Bild: NASA/JPL-Caltech / MPS / DLR
/ IDA
[Großansicht] |
Er ist mit einem Durchmesser von fast 1.000 Kilometern der größte Asteroid,
den es gibt - und dennoch ist Ceres, der 2006 vom Asteroiden zum Zwergplaneten
"aufstieg", auf der Aufnahme der NASA-Sonde Dawn vom 1. Dezember 2014
gerade einmal neun Pixel breit. 1,2 Millionen Kilometer liegen derzeit noch
zwischen der Sonde und ihrem Ziel und so zeigt die Kamera den Zwergplaneten auch
noch recht winzig.
Im März 2015 soll die amerikanische Sonde, die bereits den Asteroiden Vesta
umkreiste und untersuchte, an Ceres ankommen. Der Zwergplanet könnte nicht nur
eine dicke Eiskruste haben, sondern darunter sogar einen Ozean aus Wasser
verbergen. "Ich bin mir jetzt schon sicher, dass wir viele Antworten über den
Ursprung unseres Sonnensystems erhalten werden - und auch jede Menge neuer
Fragen", sagt Prof. Ralf Jaumann, Planetenforscher am Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) und Wissenschaftler im Kamera-Team.
Die NASA-Sonde Dawn startete am 27. September 2007 und erreichte am
16. Juli 2011 den Asteroiden Vesta (astronews.com berichtete wiederholt). Für
die Planetenforscher öffnete sich damit eine Tür in eine unerwartet
abwechslungsreiche Welt: Ein Berg, doppelt so hoch wie der Mount Everest,
schroffe Oberflächen und Hänge, ein riesiger Einschlagskrater am Südpol, tief
durchfurchte Landschaften und eine aufgewühlte Kruste machten Vesta zu einer
Fundgrube für die Wissenschaftler. "28.000 Bilder wurden aufgenommen und jedes
einzelne war voller Überraschungen für uns", erinnert sich Jaumann.
Innerhalb eines Jahres konnten die DLR-Planetenforscher den ellipsenförmigen
Asteroiden vermessen, kartieren und ein dreidimensionales Geländemodell
erstellen. Der erste Blick in die Morgendämmerung unseres Sonnensystems, als
sich vor 4,6 Milliarden Jahren die Planeten formten, war getan. Nun folgt mit
Ceres ein weiterer, bisher noch nie erkundeter Himmelskörper: Der Zwergplanet
ist der größte Körper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter und vereint
mehr als ein Drittel der gesamten Masse des Asteroidengürtels.
Seine Größe war es auch, die ihn zum ersten entdeckten Asteroiden machte -
1801 spürte der italienische Astronom Giuseppe Piazzi Ceres in der Neujahrsnacht
auf. Zwischen dem bereits besuchten Asteroiden Vesta und dem zukünftigen Ziel
Ceres liegen derzeit nicht nur 168 Millionen Kilometer, sondern auch die
Frostgrenze, die die Dawn-Sonde gerade erreicht: "Im inneren
Asteroidengürtel zur Sonne hin finden wir Gesteinskörper wie Vesta, deren
Wasserdampf bereits verschwunden ist", erläutert DLR-Wissenschaftler Jaumann.
"Im äußeren Asteroidengürtel, wo wir gerade hinfliegen, gibt es jede Menge Eis,
weil die Sonne nicht mehr viel ausrichtet."
Mit Vesta und Ceres werden somit die beiden größten und einzigen intakten
Asteroiden, aber auch zwei extrem gegensätzliche Himmelskörper beobachtet und
untersucht. "Ein weiterer Glücksfall ist, dass wir zeitgleich mit der
Rosetta-Sonde und dem Lander Philae den Kometen
Churyumov-Gerasimenko untersuchen", sagt Jaumann. Seit dem 6. August 2014 kreist
die Sonde mit elf Instrumenten an Bord um den Kometen, seit dem 12. November
2014 steht der Lander mit zehn Instrumenten auf der Oberfläche von 67P/Churyumov-Gerasimenko.
"Wir können also zum Beispiel das Eismineralgemisch des Kometen mit dem des
Asteroiden Ceres vergleichen."
Sehr wahrscheinlich ist die Eiskruste von Ceres ebenso wie beim Kometen
Churyumov-Gerasimenko von Staub-Ablagerungen überdeckt. Zudem haben Aufnahmen
des amerikanischen Weltraumteleskops Hubble aus weiter Entfernung
bereits gezeigt, dass Ceres sehr wahrscheinlich Wasserdampf und andere Gase in
die Umgebung abgegeben hat - somit könnte der Zwergplanet sogar aktiv sein und
eine dünne Atmosphäre aus Wasserdampf haben. "Das ist enorm spannend für uns."
Zumindest die Veränderung auf der Oberfläche von Ceres müsste sich mit der
mitreisenden Kamera aus dem Orbit um den Zwergplaneten feststellen lassen. "Wenn
dort Gas aus Geysiren ausströmt, würde es sofort wieder gefrieren und als Schnee
auf die Oberfläche sinken." Die mögliche Aktivität lässt den
DLR-Planetenforscher aber auch noch weiteres vermuten: "Unter der Eiskruste
müsste es im Inneren Wärme geben und somit einen Ozean, in dem eventuell auch
biologische Reaktionen ablaufen könnten." Nur: Woher diese Energie stammt, die
den Zwergplaneten im Inneren erwärmt, ist bisher noch ein ungelöstes Rätsel.
In den nächsten Monaten sollen weitere Bilder während der Annäherung
aufgenommen werden. Im März 2015 erreicht die Dawn-Sonde dann ihr Ziel
und schwenkt in einen Beobachtungsorbit um Ceres ein. Nach und nach wird der
Abstand zu Ceres dabei verringert, bis die Kamera der Sonde schließlich
aus nur noch wenigen Hundert Kilometern Entfernung auf die Oberfläche des
Zwergplaneten blickt. Über ein Jahr wird Dawn um Ceres kreisen und den
Zwergplaneten erforschen.
Auch für diesen Himmelskörper wird das DLR-Institut für Planetenforschung
dann ein dreidimensionales Geländemodell berechnen und die Topographie von Ceres
untersuchen. "Es gibt viele Fragen, auf die wir eine Antwort finden wollen: Wie
sieht die Oberfläche aus, und wie hat sie sich im Laufe der Zeit verändert? Gibt
es eine Tektonik, das heißt, bewegt sich die Eiskruste von Ceres? Und stammen die
Ablagerungen, also der Dreck auf der Oberfläche, aus dem Inneren des
Zwergplaneten oder wurden sie über Einschläge von außen auf die Oberfläche
gebracht?" Jaumann ist sich sicher: "Wir haben gute Chancen, das mit der
Dawn-Mission herauszufinden und so die Anfänge unseres Sonnensystems besser
zu verstehen."
Auf dem ersten aufgelösten Bild von Ceres misst der Kleinplanet nur neun
Pixel im Durchmesser. Mitte Januar sollten die Aufnahmen dann schon deutlicher
werden. "Die schärfsten Bilder, die uns bisher von Ceres vorliegen, wurden vom
Weltraumteleskop Hubble aufgenommen", so Andreas Nathues vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS), der das Kamerateam von
Dawn leitet . "Die Auflösung dieser Bilder müssten wir Ende Januar
übertreffen. Ab dann betreten wir Neuland."
|