Der Zwergplanet Ceres in Farbe
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
14. April 2015
Neue Bilder der Sonde Dawn von Ceres gibt es zwar
noch nicht, doch haben die Wissenschaftler in den vergangenen Wochen die
Aufnahmen von der Annäherung an den Zwergplaneten gründlich ausgewertet und eine
Falschfarbenkarte erzeugt, die Variationen in der Oberflächenzusammensetzung
zeigt. Diese erweist sich als abwechslungsreicher, als auf den ersten Blick zu
sehen ist.
Dieses Mosaik zeigt den Zwergplaneten Ceres
in Falschfarben.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS /
DLR / IDA [Gesamtansicht] |
Die Oberflächenzusammensetzung des Zwergplaneten Ceres ist deutlich
abwechslungsreicher, als das bloße Auge erkennen lässt. Dies deutet auf eine
bewegte Vergangenheit des etwa 950 Kilometer großen Körpers, den die
NASA-Raumsonde Dawn am 6. März dieses Jahres erreichte. Die
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS), die
diese Ergebnisse gestern auf der Jahresversammlung der European Geosciences
Union (EGU) in Wien vorstellten, stützen ihre Einschätzungen auf Daten aus
der Anflugphase auf Ceres.
In den vergangenen Wochen war es ruhig geworden um den Zwergplaneten Ceres.
Und dunkel. Denn seit dem erfolgreichen Einfang ins Schwerefeld am 6. März nähert
sich die Raumsonde Dawn ihrem Forschungsobjekt sozusagen durch die
Hintertür: Da Dawn ihr Ziel von seiner sonnenabgewandten Seite
ansteuert, lag der Zwergplanet aus Sicht der Sonde über mehrere Wochen im
Dunkeln. Neue Bilder konnte das wissenschaftliche Kamerasystem an Bord, das von
Forschern des MPS betrieben wird, in dieser Zeit nicht aufnehmen.
"Dennoch haben wir die Zeit genutzt", so Andreas Nathues vom MPS,
wissenschaftlicher Leiter des Kamerateams. "Die Daten aus der Anflugphase auf
Ceres enthalten bereits wertvolle Informationen, die wir nun weiter ausgewertet
haben." So haben sich die MPS-Forscher vor allem den Bildern zugewandt, die mit
Hilfe der sieben Farbfilter des Kamerasystems entstanden. Diese erlauben es,
einzelne Wellenlängenbereiche aus dem Licht, das Ceres ins All reflektiert,
gesondert zu betrachten. Auf diese Weise werden Unterschiede in der
Zusammensetzung der Oberfläche deutlich, die sich mit dem bloßen Auge nicht
erkennen lassen. Die Wissenschaftler stellen sie in Falschfarbenkarten dar.
Die Oberfläche von Ceres besteht überwiegend aus kohlenstoffreichen
Materialen. Die genaue Zusammensetzung variiert jedoch regional. Dies deutet
darauf hin, dass sich die Oberfläche des Zwergplaneten im Laufe der vergangenen
4,6 Milliarden Jahre immer wieder verändert hat. "Ceres war nicht bloß ein toter
Brocken. Er war aktiv und die entsprechenden Prozesse führten dazu, dass heute
verschiedene Materialien auf verschiedene Regionen verteilt sind", so Chris
Russell von der University of Los Angeles, wissenschaftlicher Leiter
der Mission.
Welche Stoffe genau sich im reflektierten Licht bemerkbar machen, ist
allerdings noch unklar. Die Forscher setzen nun auf besser aufgelöste
Kameradaten, die Dawn ab Ende April zur Erde sendet. Dann wird sich die
Raumsonde dem Zwergplaneten auf 13.500 Kilometer genähert haben. "In dieser
frühen Missionsphase offenbaren die Bilder vor allem eins", so Martin Hoffmann
vom MPS, der die neuen Ergebnisse in Wien präsentierte. "Einen gewaltigen
Unterschied zum Asteroiden Vesta."
Der Asteroid Vesta, der etwa 60 Millionen Kilometer näher zur Sonne seine
Bahnen zieht, war von Juli 2011 bis September 2012 Ziel der Dawn-Mission
- und hat das monatelange "Fotoshooting" bereits hinter sich. Auf Farbkarten,
die nach demselben Prinzip erstellt wurden wie die aktuellen Farbbilder von
Ceres, zeigt sich eine bunt schillernde Welt mit einer Fülle unterschiedlicher
Oberflächenmaterialien.
"Anders als Ceres ähnelt Vesta den vier inneren Planeten Merkur, Venus, Erde
und Mars", erklärt Hoffmann. Auf der Oberfläche finden sich in erster Linie
verschiedene Basalte, die im sichtbaren Licht deutliche und klar unterscheidbare
Fingerabdrücke hinterlassen. "Die Kohlenstoffverbindungen hingegen, die weiter
außen im Sonnensystem überwiegen, sind weniger abwechslungsreich."
Zudem finden sich auf Vesta Mineralien wie Serpentin und Olivin, die
wahrscheinlich durch den Einschlag kleiner Asteroiden ihren Weg dorthin fanden.
"Ceres hingegen bietet erstaunlich wenige Hinweise auf solch 'zugereistes'
Material", so Hoffmann. Eine Erklärung dafür gibt es bisher nicht, denn auch
Ceres war in den vergangenen 4,6 Milliarden Jahren einem ständigen Bombardement
größerer und kleinerer Brocken ausgesetzt. Das beweisen die zahlreichen Krater,
welche die Oberfläche des Kleinplaneten überziehen.
"Insgesamt sind Vesta und Ceres für uns ein Glücksfall", bilanziert Nathues.
Die beiden Mitglieder des Asteroidengürtels liegen so nah beieinander, dass ein
Raumschiff sie nacheinander ansteuern kann - und sind dennoch grundverschieden.
Beide Körper stehen für den Übergang, der sich zwischen den Umlaufbahnen von
Mars und Jupiter vollzieht - von den wasserarmen Planeten des inneren
Sonnensystems zu den wasserreichen des äußeren. "Dawn bietet uns die
einzigartige Möglichkeit, durch Vergleich dieser Körper mehr über Entstehung und
Entwicklung des Sonnensystems zu erfahren", so Nathues.
Die Mission Dawn wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL)
der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. Die University of
California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission
verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des
Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen in Zusammenarbeit
mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und
Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut.
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