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Das New-Horizons-Team hat am Donnerstagabend neue Bilder veröffentlicht, die während des Vorüberflugs der Sonde am Zwergplaneten Pluto Mitte Juli gemacht wurden. Die spektakulären Aufnahmen zeigen eine äußerst vielfältige Oberfläche, die sich die Wissenschaftler auf Anhieb nur schwer erklären können.
Lange mussten Öffentlichkeit und auch das Team der NASA-Sonde New Horizons auf neue Aufnahmen warten, jetzt treffen sie nach und nach ein. Und schon die ersten, gestern Abend veröffentlichten Bilder versprechen noch so manche spektakuläre Ansicht von der eisigen Welt im Kuipergürtel. Die Sonde New Horizons war Mitte Juli an Pluto vorübergeflogen und hatte dabei unzählige Bilder des Zwergplaneten und von seinen Monden gemacht. Die Bilddaten und die Messungen anderer Instrumente wurden an Bord der Sonde gespeichert und nur ein Bruchteil davon direkt nach dem Vorüberflug zur Erde übermittelt. Von Ende Juli bis Anfang September wurden dann hauptsächlich Messwerte und keine neuen Bilddaten übertragen. Seit Sonnabend allerdings übermittelt New Horizons wieder Aufnahmen des Vorüberflugs. Die neuen Ansichten bestätigen dabei den schon im Juli aufgekommenen Verdacht, dass Pluto eine sehr vielfältige Welt mit komplexen geologischen Abläufen ist. "Pluto zeigt uns eine Vielfalt an Oberflächenstrukturen und eine Komplexität an Prozessen, die es mit jedem anderen Objekt im Sonnensystem aufnehmen kann", so Alan Stern vom Southwest Research Institute, der verantwortliche Wissenschaftler der Mission New Horizons. "Wenn ein Maler Pluto vor dem Vorüberflug so dargestellt hätte, hätte ich vermutlich gesagt, er hat ein wenig übertrieben - aber es sieht tatsächlich so aus." Mit den neuen Bildern, die seit dem vergangenen Wochenende übertragen wurden, hat sich der Bereich der Plutooberfläche, von der Daten mit einer Auflösung von bis zu 400 Metern pro Pixeln vorliegen mehr als verdoppelt. Die Aufnahmen zeigen Strukturen, die an Dünen erinnern und Ströme aus Stickstoffeis, die aus Bergregionen in Ebenen münden. Auch Talsysteme sind zu erkennen, die vielleicht durch fließendes Material in die Oberfläche eingegraben wurden. Dazu kommen Regionen mit chaotisch aussehenden Erhebungen. "Die Oberfläche von Pluto ist nicht weniger komplex als die des Mars", meint auch Team-Mitglied Jeff Moore vom NASA Ames Research Center. "Bei diesen zufällig durcheinandergewürfelten Bergen in einer Sputnik Planum genannten Region könnte es sich um große Blöcke aus Wassereis handeln, die in ausgedehnten weicheren Ablagerungen von gefrorenem Stickstoff 'schwimmen'." Auch Bereiche mit sehr vielen Kratern sind auf den neuen Aufnahmen auszumachen. Dabei muss es sich um die ältesten Oberflächenstrukturen auf Pluto handeln. Diese befinden sich allerdings direkt neben den jüngsten praktisch kraterlosen Eisebenen. Sogar eine Feld aus dunklen, durch Wind entstandene Dünen könnte auf einer Aufnahme zu sehen sein, obwohl für diese Strukturen auch andere Erklärungen diskutiert werden.
"Wenn es tatsächlich Dünen sind, wäre das total verrückt, weil die Atmosphäre von Pluto heute so dünn ist", unterstreicht Teammitglied William B. McKinnon von der Washington University. "Entweder hatte Pluto früher eine deutlich dickere Atmosphäre oder hier ist ein Prozess abgelaufen, den wir noch nicht kennen. Das bereitet uns wirklich Kopfzerbrechen." Heute sollen zudem neuen unbearbeitete Aufnahmen der Monde Charon, Nix und Hydra veröffentlicht werden. Sie zeigen, dass jeder Mond eine ganz eigene Welt ist und insbesondere Charon eine sehr turbulente geologische Vergangenheit hatte. Das New-Horizons-Team plant unbearbeitete Aufnahmen zukünftig an jedem Freitag auf ihrer Webseite bereitzustellen. Auf den in dieser Woche übermittelten Bildern fanden sich auch Hinweise darauf, dass der Dunst in der Plutoatmosphäre deutlich mehr Schichten aufweist, als man dies bislang angenommen hatte. Insbesondere sorgt dieser Dunst offenbar für eine Art Dämmerlicht, durch das auch Regionen noch etwas beleuchtet sind, die am Rand der Tag- und Nachtgrenze liegen und eigentlich wegen des fehlenden Lichts nicht mehr zu sehen sein sollten. "Dies ist ein wunderbares Geschenk von Pluto", so John Spencer vom Southwest Research Institute. "Wir können die Geologie in Bereichen untersuchen, von denen wir nicht erwartet hatten, dass wir sie sehen können." New Horizons ist aktuell rund fünf Milliarden Kilometer von der Erde entfernt und befindet sich bereits mehr als 69 Millionen Kilometer jenseits des Plutoorbits. Alle Systeme der Sonde arbeiten normal. Die Datenübertragung wird noch etwa ein Jahr dauern. Das Team hofft, dass New Horizons Ende des Jahrzehnts noch ein weiteres Objekt im Kuipergürtel wird ansteuern und untersuchen können.
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