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Mindestens zwei Monde von Pluto scheinen chaotisch auf ihrer Umlaufbahn zu taumeln. Dies ergab jetzt eine Auswertung von zahlreichen Beobachtungen der Monde des Zwergplaneten mithilfe des Weltraumteleskops Hubble. Außerdem scheint der Mond Kerberos ungewöhnlich dunkel zu sein. Bislang hatte man erwartet, dass die Monde alle eine sehr ähnliche Helligkeit aufweisen.
Die meisten Monde im Sonnensystem weisen beim Umlauf um ihren Planeten eine besondere Eigenschaft auf: Sie drehen sich während einer Umrundung auch genau einmal um die eigene Achse. Bei unserem Erdmond sehen wir dadurch praktisch immer nur eine Seite des Mondes. Eine Auswertung von Beobachtungen des Plutosystems aus den Jahren 2005 bis 2012 mithilfe des Weltraumteleskops Hubble deutet nun darauf hin, dass dies bei mindestens zwei Monden des Zwergplaneten deutlich anders ist. Die beiden Plutomonde Nix und Hydra scheinen auf ihrer Umlaufbahn eine in Art Taumelbewegung zu zeigen, was dazu führt, dass ein Beobachter auf Pluto in jeder Nacht einen anderen Teil der jeweiligen Mondoberfläche zu Gesicht bekommen würde. Für einen Bewohner von Nix und Hydra dürfte es sogar immer unterschiedlich lange Tage geben. Vermutlich zeigen auch Kerberos und Styx ein ganz ähnliches chaotisches Verhalten, nur ließ sich dies aus den vorliegenden Beobachtungsdaten nicht ableiten. "Vor den Beobachtungen mit Hubble hat niemand mit dieser komplexen Dynamik im Plutosystem gerechnet", so Mark Showalter vom SETI Institute in Kalifornien. Ursache dafür dürften die beiden größten Objekte des Systems sein: Pluto selbst und sein Mond Charon.
"Diese beiden Körper umkreisen einander mit großer Geschwindigkeit und sorgen so für sich ständig verändernde gravitative Anziehungskräfte auf die kleineren Monde in der Nähe", erklärt Doug Hamilton von der University of Maryland. "Diese sich ständig verändernden Anziehungskräfte machen die Rotation der Plutomonde unvorhersagbar. Das chaotische Rotationsverhalten wird dabei noch durch die Tatsache verstärkt, dass die Monde nicht kugelförmig sind, sondern mehr einem amerikanischen Fußball gleichen." Charon hat im Vergleich zu Pluto eine so große Masse, dass sich der gemeinsame Schwerpunkt, um den beide Objekte kreisen, außerhalb von Pluto befindet. Charon hat etwa ein Achtel der Masse von Pluto. Unser Mond hingegen hat nur rund ein Achtzigstel der Erdmasse. Der Schwerpunkt des Systems Erde-Mond liegt deutlich innerhalb der Erde. Die Bewegung der Monde im System Pluto-Charon könnte den Wissenschaftlern daher auch interessante Hinweise darauf geben, wie sich Planeten rund um Doppelsterne bewegen. "Wir lernen, dass Chaos in Doppelsystemen eventuell weit verbreitet ist", so Hamilton. "Das könnte sogar Konsequenzen für die Entwicklung von Leben auf Planeten um Doppelsterne haben." Die Hinweise auf das chaotische Umlaufverhalten der beiden Plutomonde lieferte die Auswertung von Helligkeitsschwankungen der Trabanten. Diese erwiesen sich als nicht vorausberechenbar, was sich nur durch eine chaotische Bewegung erklären lässt. Bei der Auswertung der Hubble-Beobachtungen fiel auch auf, dass der Mond Kerberos offenbar erstaunlich dunkel ist und sich damit deutlich von den sehr hellen anderen Monden unterscheidet. Man hatte erwartet, dass alle Monde recht gleichmäßig von Staub überzogen sind, der durch Einschläge von Meteoriten entsteht. Sie hätten daher eigentlich ein recht einheitliches Erscheinungsbild haben müssen. Die Wissenschaftler stellten auch fest, dass es eine Verbindung zwischen den Umlaufbahnen von Nix, Styx und Hydra gibt: "Ihre Bewegung steht in einer ganz ähnlichen Abhängigkeit voneinander, wie die der drei großen Monde des Jupiter", erklärt Hamilton. "Wenn man sich auf Nix befinden würde, könnte man verfolgen, wie Styx Pluto zweimal in der Zeit umrundet, in der Hydra den Planeten drei Mal umkreist." Die chaotische Bewegung bedeutet nicht unbedingt, dass das Plutosystem instabil ist. Aussagen über die ferne Zukunft von Pluto und seinen Monden lassen sich allerdings auf Grundlage der bislang verfügbaren Daten nicht machen. Mehr Informationen werden vermutlich schon in Kürze vorliegen: Die Sonde New Horizons wird in rund sechs Wochen an dem System vorüberfliegen. Die aktuellen Befunde sollten die vorgesehene Passage für die Sonde nicht gefährlicher machen. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der heute in der Wissenschaftszeitschrift Nature erschienen ist.
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