Kontroverse um Benennung von Marskratern
von Stefan Deiters astronews.com
14. März 2014
Die Internationale Astronomische Union (IAU), ein
Zusammenschluss von mehr als 10.000 professionellen Astronomen aus aller Welt,
ist erneut mit dem Projekt Uwingu aneinandergeraten, das seit einigen
Wochen Geld durch die Benennung von Marskratern sammelt. Die IAU sprach sich in
einer Presseerklärung entschieden gegen diese Praxis aus. Die Unterstützer von
Uwingu reagierten verschnupft.
IAU und das
Projekt Uwingu streiten über die Krater auf dem
Mars.
Bild: IAU/M. Kornmesser |
Die Pressemitteilung, die die Internationale Astronomische Union (IAU) in dieser
Woche veröffentlichte, trägt die auf den ersten Blick harmlose Überschrift
"Bedenken und Überlegungen in Bezug auf die Benennung von Marskratern". Kennern
der Thematik dürfte allerdings sofort klar gewesen sein, aus welchem Grund sich
die IAU veranlasst sah, eine solche Pressemitteilung herauszugeben.
Es hätte, so heißt es in der Mitteilung, in letzter Zeit immer mehr Initiativen
gegeben, die auf das öffentliche Interesse an Astronomie und Raumfahrt bauen.
Einige davon hätten für die Benennung von Objekten oder bestimmten
Oberflächenstrukturen Geld gefordert. "Die IAU möchte hiermit unterstreichen,
dass solche Initiativen ihrer Ansicht nach gegen den Grundgedanken des gleichen
und freien Zugangs zum Weltraum verstößt und auch nicht mit den international
vereinbarten Standards in Übereinstimmung zu bringen sind. Deswegen wird keiner
dieser gekauften Namen auf irgendwelchen offiziellen Karten oder Globen zu
finden sein."
Diese Klarstellung dürfte sich vor allem gegen eine Initiative richten, mit der
die IAU schon im vergangenen Jahr aneinandergeraten war: das Projekt Uwingu
(astronews.com berichtete). Hinter dieser Initiative stecken allerdings keine
Geschäftemacher, die Sternnamen, Mondgrundstücke oder ähnliches verkaufen,
sondern eine Reihe anerkannter Astronomen, die mit der Initiative Geld für
wissenschaftliche Projekte sammeln wollen. Geleitet wird Uwingu von Dr.
Alan Stern, dem verantwortlichen Wissenschaftler der Pluto-Mission New
Horizons.
Nachdem man im vergangenen Jahr einen Namen für den um den Stern Alpha Centauri
B kreisenden Planeten gesucht hatte, kann man auf der Webseite des Projekts nun
Krater auf dem Mars benennen. Im Falle des Planeten musste man für einen
Namensvorschlag 4,99 US-Dollar zahlen, für die Abstimmung 0,99 US-Dollar. Einen
kleinen Marskrater kann man nun für fünf US-Dollar benennen, größere Krater sind
deutlich teurer. Die Krater werden auf einer Karte des Projekts verzeichnet, die
- so eine Ankündigung von Uwingu - auch vom privaten Mars-Projekt
MarsOne verwendet werden soll.
Obwohl auf der Webseite nirgends versprochen wird, dass die Kraternamen einmal
offizielle Bezeichnungen werden und in einem FAQ-Bereich auch darauf hingewiesen
wird, sieht die IAU hier offenbar die Gefahr einer Irreführung und verweist auf
die offiziellen Richtlinien für die Benennung von Strukturen auf anderen
Planeten. Eine spezielle Arbeitsgruppe aus Astronomen würde sich regelmäßig
treffen, um Namen festzulegen, wenn es dafür eine wissenschaftliche
Notwendigkeit gibt. Strukturen, die gegenwärtig nicht von Bedeutung sind, würden
dann bei Bedarf von späteren Generationen benannt.
Dabei wurden für Landschaftsstrukturen und für die Monde von Planeten jeweils
bestimmte Themenbereiche festgelegt, aus denen die Namen gewählt werden sollten.
Außerdem muss darauf geachtet werden, dass die Bezeichnungen eindeutig und auch
in verschiedenen Sprachen problemlos verwendet werden können, damit es keine
Irritationen zwischen Astronomen aus verschiedenen Ländern gibt. Bei Uwingu
gibt es solche Einschränkungen nicht, so dass auf der Karte inzwischen Krater
mit Namen wie "Cage Show’s Crack", "Humphries Tumbleweed Resort " oder "Crystal
Spannie Gummy Dry Embryo Bot ClemCampbell" existieren.
Die Bedenken der IAU stießen bei Uwingu jedoch auf Unverständnis.
Während sich auf der offiziellen Webseite keine direkte Stellungnahme findet,
verwies Projektleiter Stern über Twitter auf verschiedene, meist
US-amerikanische Beiträge, die sich kritisch mit der Position der IAU
auseinandersetzten. Auf die Anfrage auf Twitter "Es scheint so, als wäre die IAU
nicht sonderlich erfreut über Uwingu" antwortete Stern: "Na und? Wir
sind die Pioniere der Zukunft. Sie sind die Vergangenheit."
Dabei erscheinen die Argumente derer, die die IAU teils mit scharfen Worten
kritisieren, nicht immer sachlich fundiert. Auf der Webseite "Citizens in Space"
der United States Rocket Acadamy heißt es etwa: "Die Internationale
Astronomische Union hat ihren Sitz in Frankreich, in einem Land, das noch nie
eine Sonde auf dem Mars gelandet hat und besitzt keinerlei rechtliche
Autorität. Die Behauptung, das Monopol für die Benennung von Objekten zu haben,
scheint nur darauf zu basieren, dass ihre Mitglieder sehr viele Doktortitel
haben."
Die IAU ist dabei durchaus offen für Vorschläge aus der Öffentlichkeit: So
hatten die Entdecker zweier Plutomonde um Namensvorschläge für die Trabanten
gebeten, die dann im vergangenen Jahr auch von der IAU bestätigt wurden.
Allerdings, so kommentierte Stern per Twitter, fiel der Vorschlag mit den
meisten Stimmen damals bei der IAU durch: Vulcan (astronews.com
berichtete).
Für die Ablehnung hatte die IAU allerdings einen Grund. Der Name "Vulcan" wurde
früher für einen hypothetischen Planeten innerhalb der Merkurbahn verwendet. Bis
heute werden daher dort möglicherweise vorhandene Asteroiden als Vulcanoiden
bezeichnet. Hinzu kam, dass Vulcan nicht zum "Unterwelt"-Thema der anderen
Plutomonde passte.
In Sachen Marskratern sah die 1919 gegründete IAU, in der über 10.000
professionelle Astronomen organisiert sind und die als international anerkannte
Organisation über die Standards der Benennung von astronomischen Objekten und
Strukturen zu wachen hat, für sich offenbar keine andere Möglichkeit, als sich
erneut so deutlich gegen die Initiative einiger ihrer Mitglieder zu
positionieren. So begrüßenswert das Projekt Uwingu prinzipiell auch
sein mag, ähnelt die Methode, mit der diese Initiative Geld sammelt, doch in
mancherlei Hinsicht genau dem Geschäftsgebaren der Sterntaufen-Anbieter, gegen
das sich die IAU schon seit Jahren - und mit Einverständnis aller Astronomen -
vehement ausspricht.
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