Schwache Gamma-Ray-Bursts gibt es wirklich
von Stefan Deiters astronews.com
14. Oktober 2008
Mithilfe des europäischen Gammastrahlen-Weltraumteleskops
Integral haben Astronomen nun nachweisen können, dass es tatsächlich
eine Gruppe von sehr leuchtschwachen Gammastrahlen-Ausbrüchen gibt, die zuvor
oft übersehen wurden. Diese Ausbrüche könnten sogar zahlreicher sein als die
leuchtstarken Bursts, die man regelmäßig beobachtet.
So stellt sich
ein Künstler einen Gamma-Ray-Burst vor.
Bild: ESA / ECF |
Rund 1.400 kurze Ausbrüche im Gammastrahlen-Bereich, sogenannte
Gamma-Ray-Bursts, könnte man, so glauben Astronomen, theoretisch jedes
Jahr beobachten. Doch leider ereignen sich diese Bursts unangekündigt, so dass
nur ein Teil von ihnen entdeckt wird - trotz aufwendiger Beobachtungs- und
Überwachungsverfahren. Das europäische Gammastrahlen-Weltraumteleskop
Integral ist mit der Kamera IBIS und damit mit dem derzeit empfindlichsten
Detektor für Gammastrahlen ausgerüstet. So kann Integral auch sehr
leuchtschwache Gamma-Ray-Bursts entdecken, die anderen Teleskopen
verborgen bleiben.
In rund viereinhalb Jahren hat Integral 47 Gamma-Ray-Bursts
genauer untersuchen können. Bei der Auswertung der Daten stellten die Astronomen
jetzt fest, dass sich darunter eine Gruppe von Bursts befindet, die
offenbar nur sehr leuchtschwach sind, aber deutlich erkennbare
Gammastrahlen-Emission zeigen und zudem auch ein typisches wenn auch schwaches
"Nachglühen" im Röntgenbereich sowie im sichtbaren Bereich des Lichtes
aufweisen.
Gamma-Ray-Bursts entstehen nach Ansicht der Astronomen dann, wenn
kompakte Objekte wie Neutronensterne oder Schwarze Löcher kollidieren oder aber
massereiche Sterne in einer äußerst energiereichen Supernova oder gar einer
Hypernova explodieren. Ein solcher Burst ist für kurze Zeit der hellste
Punkt im Gammastrahlen-Universum. Entdeckt man nun sehr leuchtschwache Bursts,
liegt natürlich die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um weit entfernte
Objekte handelt.
Doch das ist offenbar nicht der Fall: Lorraine Hanlon, Professorin am
University College Dublin, fand Hinweise darauf, dass diese schwachen
Gamma-Ray-Burst sich in relativer Nähe, nämlich in Galaxienhaufen in
unserer Nachbarschaft ereignet haben. "Wenn diese Bursts tatsächlich im
kosmologischen Sinne so nahe sind, bedeutet das aber auch, dass sie von Anfang
an leuchtschwach sind", so Hanlon. "Daraus kann man schließen, dass die
Vorgänge, die zu ihrer Entstehung führen, weniger energiereich sein müssen als
die, die die sehr leuchtstarken Gamma-Ray-Bursts hervorbringen, die wir
in der Regel beobachten."
Die Astronomen um Hanlon glauben, dass die schwachen Gamma-Ray-Bursts
eventuell durch den Kollaps eines massereichen Sterns verursacht werden könnten,
der nicht die Charakteristika einer Supernova zeigt oder vielleicht durch die
Verschmelzung von zwei Weißen Zwergen oder einer Verschmelzung von Weißen
Zwergen mit einem Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch.
"Bei früheren Untersuchungen gab es schon Hinweise auf die Existenz dieser
schwachen Gamma-Ray-Bursts, doch dank der Empfindlichkeit von
Integral können wir nun sicher sein, dass es eine ganze Population von
ihnen gibt", so Hanlon. "Eventuell treten sie sogar viel häufiger auf als die
helleren Gamma-Ray-Bursts, werden aber, weil sie so leuchtschwach sind,
viel häufiger übersehen. Vielleicht sehen wir nur die, die uns sehr nahe sind."
Die Astronomin hofft, durch weitere Beobachtungen mit Integral noch
mehr über diese neue Gruppe von Gamma-Ray-Bursts in Erfahrung bringen
zu können. Die Ergebnisse wurde im vergangenen Monat auf einem Integral-Workshop
in Kopenhagen präsentiert und im Sommer in der Fachzeitschrift Astronomy &
Astrophysics veröffentlicht.
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