Explosion im Dunkeln
von Stefan Deiters astronews.com
19. Dezember 2007
Astronomen haben eine Explosion entdeckt, die sich offenbar
Tausende von Lichtjahren von der nächsten Galaxie entfernt ereignet hat - mitten
im leeren Raum. Für solche Ereignisse, sogenannte Gamma-Ray-Bursts,
haben die Forscher bislang die Explosion von massereichen Sternen verantwortlich
gemacht. Doch wie sollte ein solcher im Nirgendwo entstehen können?
Das Nachglühen des Gamma-Ray-Bursts vom 25. Januar 2007 (oben
links) und eine Aufnahme desselben Bereichs vom 26. Februar
2007 (oben rechts und unten in einer Vergrößerung).
Bild:
B. Cenko et al. und das W. M. Keck Observatory [Großansicht]
Die Tadpole-Galaxie UGC 10214 mit ihrem
beeindruckenden Gezeitenarm.
Foto: NASA und das ACS Science Team [Mehr
über dieses Bild] |
"Was wir hier vor uns haben, ist ein sehr heller Ausbruch, der auf
allen Seiten von absoluter Dunkelheit umgeben ist", erzählt Brad Cenko vom
California Institute of Technology, Hauptautor eines Fachartikels
über die Entdeckung, der demnächst in der Zeitschrift The Astrophysical Journal
erscheinen wird.
"Die nächstgelegene Galaxie ist mehr als 88.000 Lichtjahre entfernt und Gas gibt
es zwischen dem Ausbruch und der Erde auch nicht."
Der Ausbruch wurde am 25. Januar 2007 entdeckt. Gamma-Ray-Bursts sind
plötzliche Ausbrüche im Gammastrahlen-Bereich. Um hinter das Geheimnis dieser
Bursts zu kommen, haben die Astronomen inzwischen ein Netzwerk aus Satelliten
und bodengebundenen Teleskopen aufgebaut. Wird ein Gamma-Ray-Burst etwa durch
den NASA-Satelliten SWIFT entdeckt, übermittelt dieser die Koordinaten blitzschnell an Teleskope auf der Erde, die die entsprechende Himmelsregion dann
anvisieren.
Interessant für die Astronomen ist hierbei das Nachglühen der Explosion, das
auch in anderen Wellenlängen beobachtet werden kann. Im Falle des Ausbruchs im
Januar nutzten die Forscher dazu sogar das leistungsfähige Gemini-Nord-Teleskop
sowie das Keck I-Teleskop auf Hawaii. Die Beobachtungen brachten Überraschendes
ans Licht: Entgegen den Erfahrungen mit über Hundert früheren Ausbrüchen dieser
Art entdeckten die Wissenschaftler keine Anzeichen dafür, dass dichtes Gas oder
Staub das Licht des Nachglühens absorbiert. Sie konnten zudem bestimmen, dass
der Burst sich vor 9,4 Milliarden Jahren ereignet hat.
Die Forscher beobachteten den Ort am Himmel auch noch lange nach Verlöschen
des Nachglühens. Oftmals hatte man früher durch detaillierte Beobachtungen der
Position eines Gamma-Ray-Bursts eine schwache Galaxie entdecken können, in der
sich der Burst ereignet hat. Doch in diesem Fall war nichts dergleichen zu
sehen: "Mit Keck hätten wir aber eine kleine, lichtschwache Galaxie in dieser
Entfernung sehen müssen", ist Teammitglied Derek Fox von der Penn State
University überzeugt.
Ein Gamma-Ray-Burst mit den Charakteristika des Januar-Bursts sollte nach
Ansicht der Astronomen durch das explosive Ende eines äußerst massereichen
Sterns entstehen. Solche Sterne haben eine sehr kurze Lebensdauer und dürften
deswegen am Ende ihres Lebens nicht sehr weit von ihrem Geburtsort, dichten Gas-
und Staubwolken, entfernt sein. Somit wundern sich die Forscher, wie ein
massereicher Stern in dieses Nirgendwo gelangt ist.
Eine mögliche Erklärung wäre, dass sich der massereiche Stern in einem
sogenannten Gezeitenarm befand, der entsteht, wenn zwei Galaxien dicht
aneinander vorüberfliegen. Ein berühmtes Beispiel für solche dünnen Gezeitenarme
ist auf den Bildern der Tadpole- (oder Kaulquappen-) Galaxie UC 10214 zu sehen.
Die Astronomen planen nun, den Ort des Gamma-Ray-Bursts vom 25. Januar 2007 mit
dem Weltraumteleskop Hubble anzuvisieren. Dieses sollte nämlich mit entsprechend
langer Belichtungszeit in der Lage sein, auch Gezeitenarme in dieser Entfernung
zu entdecken.
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