Jedes Gerät das auf dem Röntgenteleskop Chandra
in Betrieb genommen wird, begeistert die beteiligten Astronomen aufs
Neue. Am Wochenende gelang dies einem Spektrometer, das innerhalb
einer Stunde das beste Röntgenspektrum lieferte, das je von einem
Himmelsobjekt aufgenommen wurde.
Das High Energy Transmission Grating (HETG) Spectrometer. Foto:
MIT |
"Das war ein absolut wunderbarer Moment für alle
Anwesenden", beschreibt Professor Claude R. Canizares, leitender
Beobachter für das Spektrometer, den Moment als die ersten Daten
eintrafen. Das High Energy Transmission Grating (HETG) Spektrometer
hatte das bis dahin beste Röntgenspektrum der 10 Millionen Grad heißen
Korona eines Sterns aufgenommen und damit die Erwartungen der beteiligten
Wissenschaftler voll erfüllt.
Genau wie ein Prisma das Licht in seine unterschiedlichen Farben
auffächert, verfährt auch HETG mit der von Chandra aufgefangenen
Röntgenstrahlung. Diese Informationen können dann von den Detektoren an
Bord des Teleskops wie ein "kosmischer Barcode" eingelesen
werden und enthalten wertvolle Daten über die chemische Zusammensetzung
und die Temperatur der Korona. Die Korona ist ein Gebiet mit extrem
heißen Gas und exotischen Magnetfeldern, das Tausende von Kilometern
über die sichtbare Oberfläche des Sterns hinausreicht.
"Der Erfolg dieses neuen Spektrometers ist sicherlich ein
Meilenstein für die moderne Astronomie", so Canizares. "Schon
das erste Spektrum zeigt unerwartete Charakteristika, die uns ganz neue
Erkenntnisse über Sterne und Materie bei extrem hohen Temperaturen
liefern werden." Erstes Beobachtungsobjekt von HETG war Capella, ein
40 Lichtjahre entfernter Stern im Sternbild Fuhrmann. Bei Capella handelt
es sich eigentlich um einen Doppelsternsystem und die Wissenschaftler
vermuten, dass sich die Korona durch Wechselwirkungen zwischen den beiden
Sternen zusätzlich aufheizt. Mit Röntgenspektren der Korona von
Sternen hoffen die Astrophysiker auch eine Erklärung dafür zu finden,
warum die Korona über viele tausend Male heißer sein kann, als die
Oberfläche des jeweiligen Sterns.
HETG besteht aus Hunderten goldener Gitter, die jeweils die Größe
einer Briefmarke haben. Die Oberfläche jedes dieser Gitter ähnelt einem
Lattenzaun, dessen mikroskopisch kleinen Pfähle 500 mal dünner sind als
ein menschliches Haar. Diese "Pfähle" stehen in einem Abstand
von 2000 Angström, das ist etwa die Hälfte der Wellenlänge des
sichtbaren Lichtes.
Weitere Ziele für HETG in den nächsten Monaten sollen Schwarze
Löcher, Quasare und Supernova-Explosionen sein. In der nächsten Woche
wird ein ähnliches von einem deutsch-niederländischen Team entwickeltes
Gerät seinen Betrieb an Bord von Chandra aufnehmen. Es sind also
weitere spektakuläre erste Bilder zu erwarten.