Keine Gefahr durch lange Gamma-Ray-Bursts
von Stefan
Deiters
astronews.com
11. Mai 2006
Gamma-Ray-Bursts gehören mit zu den energiereichsten
Ereignissen im Universum. Und ein solcher Burst in unserer Nachbarschaft könnte für
das uns bekannte Leben auf der Erde das Ende bedeuten. Astronomen beruhigen aber
jetzt: Zumindest die stärksten dieser Ausbrüche im Gammastrahlen-Bereich
sollten der Erde nicht gefährlich werden können.
Übersicht über alle in der Studie untersuchten
Gamma-Ray-Burst (Ausschnitt) Bild: NASA, ESA, A. Fruchter
(STScI), A. Levan (Leicester University) und die GOSH
Kollaboration [Gesamtansicht] |
Gamma-Ray-Bursts, kurze und heftige Ausbrüche von Strahlung im
Gammastrahlenbereich, beschäftigen die Astronomen bereits seit den 1960er
Jahren. Inzwischen unterscheidet man zwei Typen: lange und kurze Bursts.
Letztere dauern weniger als zwei Sekunden, während die längere Variante bis zu
zehn Sekunden aufblitzen kann. Die Erforschung dieser mysteriösen Blitze ist
alles andere als einfach: Man muss den Burst nicht nur entdecken, sondern auch
noch innerhalb kürzester Zeit möglichst viele Teleskope auf dessen Position
ausrichten, um hinter die Ursache des Gammablitzes zu kommen.
In den letzten Jahren hat sich dank moderner Satelliten und einem Netzwerk
von Teleskopen einiges getan: So glaubt man inzwischen, dass die langen
Gamma-Ray-Bursts mit einer bestimmten Art von Supernova zusammenhängen, also dem
explosionsartigen Ende eines massereichen Sterns. Würde so ein Burst in relativer
Nähe der Erde stattfinden und unser Heimatplanet damit von Gammastrahlen
überflutet, könnte dies dramatische Folgen haben: So könnte das schützende Ozon
zerstört, deutliche Klimaveränderungen ausgelöst oder aber die Evolution
vollkommen verändert werden.
Astronomen glauben aber jetzt, Entwarnung geben zu können: Mit Hilfe des
Hubble-Weltraumteleskops haben die Forscher zahlreiche dieser langen Gamma-Ray-Bursts
untersucht und sind zu dem Schluss gekommen, dass die dafür verantwortliche Art von Supernova-Explosionen in unserer Heimatgalaxie kaum vorkommen sollten. Alle
Bursts ereigneten sich nämlich in kleineren und irregulären Galaxien, wo die Sterne
deutlich anders zusammengesetzt sind als in der Milchstraße: Die Sonnen in
diesen Galaxien verfügen über deutlich weniger schwere Elemente wie
beispielsweise Sauerstoff oder Kohlenstoff als die Sterne in unserer Galaxie.
Die Wissenschaftler untersuchten 42 lange Gamma-Ray-Bursts sowie 16
Supernova-Explosionen und stellten fest, dass Supernova-Explosionen, die
auch für diese energiereichen Gammastrahlen-Ausbrüche verantwortlich sind, sich
in einer deutlich anderen Umgebung ereignen als "normale" Supernovae. So lag der
Ursprung nahezu aller untersuchter Bursts in kleinen, leuchtschwachen und
merkwürdig geformten, Galaxien. Nur ein Burst ereignete sich in einer
Spiralgalaxie wie der Milchstraße. Im Gegensatz dazu waren die
untersuchten Supernova-Explosionen gleichmäßig zwischen den irregulären und den
spiralförmigen Galaxien verteilt.
Das Team um Andrew Fruchter vom Space Telescope Science Institute, das die
Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Fachblattes Nature veröffentlichte,
folgerte aus diesen Daten, dass unsere Milchstraße als Spiralgalaxie ein
sehr unwahrscheinlicher Ort für einen langen Gamma-Ray-Burst ist. Sie entdeckten
zudem, dass die Bursts hauptsächlich aus den hellsten Regionen der Galaxien zu
stammen scheinen. "Das deutet darauf hin, dass sie von sehr massereichen Sternen
stammen, die 20-mal oder mehr massereicher sind als unsere Sonne", erläutert
Fruchter. "Dass sie hauptsächlich in irregulären Galaxien auftreten deutet
darauf hin, dass diese Sterne nur über wenige schwere Elemente verfügen müssen."
Das bedeutet auch, dass solche lange Gammastrahlen-Ausbrüche in der
Vergangenheit deutlich häufiger gewesen sein müssen, da sich ja die schweren
Elemente erst im Laufe der Zeit in den Sternen angesammelt haben. Schwere
Elemente entstehen im Inneren von Sonne und reichern sich von Sternengeneration zu
Sternengeneration weiter an.
Wenn sich also die langen Gamma-Ray-Burst nicht in der Milchstraße ereignen
sollten, wie sieht es da mit den kurzen aus? Sie können nach den Theorien der
Astronomen durch Kollisionen von beispielsweise zwei Neutronensternen entstehen
und sich somit auch in unserer Heimatgalaxie ereignen. Allerdings, so die
Forscher, sind sie insgesamt zwischen Hundert und Tausend mal schwächer als die
langen Bursts, so dass die Gefahr für die Erde deutlich geringer ist.
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