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INTEGRAL
Hochenergetische Strahlung im Visier
Redaktion
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18. Oktober 2002

Europa hat ein Observatorium mehr im All: Gestern morgen startete vom Weltraumbahnhof Baikonur aus der Satellit Integral, der die Quellen der energiereichen Gammastrahlung untersuchen soll. Im Visier hat der vier Tonnen schwere Satellit dabei vor allem Schwarze Löcher, die in den Zentren der meisten Galaxien vermutet werden.

Integral
 
Integral.
Bild: ESA/D. Ducros

Knapp 20 Jahre nach dem erfolgreichen Abschluss der Mission COS-B, bei der erstmals eine vollständige Kartierung des Himmels im Gammastrahlenbereich vorgenommen wurde, hat die Europäische Weltraumorganisation (ESA) ein neues Observatorium gestartet, das diesen Bereich der Astrophysik, der die Geheimnisse der energiereichsten – und damit heftigsten – Ereignisse im Universum zu entschlüsseln sucht, revolutionieren dürfte.

Am Internationalen Gammastrahlen-Astrophysiklabor (Integral) ist auch Rußland beteiligt. Die im Rahmen dieser Zusammenarbeit von der russischen Seite bereitgestellte Proton-Rakete ist am 17. Oktober um 10.41 Uhr Ortszeit (06.41 Uhr MESZ) vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan gestartet. Nach der erneuten Zündung ihrer Oberstufe hat sie Integral auf einen elliptischen Orbit mit einer Umlaufzeit von 72 Stunden ausgesetzt. Der Satellit erreicht dabei an seinem erdnächsten Punkt einen Abstand von 10.000 Kilometer und am erdfernsten Punkt 153.000 km von der Erde. Letzteres entspricht knapp der halben Distanz zum Mond. Unter der Kontrolle des Flugbetriebszentrums ESOC der ESA in Darmstadt, Deutschland, wird Integral nun zunächst eine zweimonatige Testphase durchlaufen, während der seine Bordinstrumente abgenommen und anschließend die von ihnen empfangenen Daten auf ihre Qualität überprüft werden.

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Die beiden wichtigsten Instrumente an Bord dieses 4.000 Kilogramm schweren und fünf Meter hohen Satelliten sind das Spektrometer SPI und das Bildaufnahmegerät IBIS. Das unter deutsch-französischer Federführung gebaute SPI dient der Spektralanalyse von punktförmigen und ausgedehnten Gammastrahlenquellen und bietet dank seiner auf 85 Grad Kelvin abgekühlten Germaniumdetektoren eine bisher unerreichte Energieauflösung – 40mal höher als die Auflösung der Spektrometer früherer Satelliten. Da Spiegel und Linsen Gammastrahlen nicht erfassen können, bedient sich das SPI einer kodierten Metallmaske, um aus diesen sehr schwachen Strahlungen Bilder zu erstellen, die anschließend per Computer dekodiert werden.

IBIS, das in Italien entwickelt wurde, bietet zwar eine schwächere Energieauflösung, dafür aber dank seiner hierfür optimierten kodierten Maske und zwei Reihen Detektoren der neuen Generation eine 12mal höhere Winkelauflösung und bildet damit das perfekte Pendant zum SPI. Ergänzt werden die mit SPI und IBIS gemachten Beobachtungen durch zwei weitere Instrumente: das mit zwei ebenfalls mit kodierten Masken arbeitenden Zwillingsdetektoren ausgerüstete dänische Röntgenbildaufnahmegerät JEM-X und die spanische CCD-Begleitkamera für den sichtbaren Bereich (OMC).

Der kombinierte Einsatz dieser vier Instrumente wird zum ersten Mal zeitgleiche Beobachtungen energiereicher Erscheinungen in sieben Bereichen der Energieskala, vom sichtbaren Licht bis zum Gammastrahlenbereich, ermöglichen. Sämtliche von Integral erfassten Daten werden unverzüglich über die Bodenstationen der ESA im belgischen Redu und der NASA in Goldstone ans ESOC übermittelt und anschließend über das Integral-Wissenschaftsdatenzentrum (ISDC) im schweizerischen Versoix an die Wissenschaftler verteilt.

Integral wird sich auf einer Umlaufbahn bewegen, auf der er sich die meiste Zeit außerhalb der die Beobachtung von Gammastrahlen beeinträchtigenden Van-Allen-Strahlungsgürtel befindet. Er wird schwerpunktmäßig die dichtesten Himmelsobjekte beobachten, wie Neutronensterne und Schwarze Löcher, von denen eine hochenergetische Strahlung ausgeht. Während IBIS sehr detaillierte Bilder dieser Strahlungsquellen erstellen wird, soll das SPI die erste eingehende Untersuchung dieser Gammastrahlungen vornehmen. Die Beobachtungen des Satelliten dürften somit den Astrophysikern den Beweis liefern, dass es im Zentrum der Galaxien, allen voran der Milchstraße, tatsächlich riesige Schwarze Löcher gibt.

Auch andere ungewöhnlich heftige Ereignisse wie Novae und Supernovae wird das Observatorium unter die Lupe nehmen. Die Gammastrahlung der hierbei freiwerdenden radioaktiven Isotope wird eine sehr genaue Erforschung dieser Sternenexplosionen gestatten. Darüber hinaus wird sich Integral als einzigartiges Instrument zur Beobachtung von Gammastrahlenausbrüchen erweisen, dieser noch weitgehend ungeklärten Explosionen am Rande des Universums, die nun erstmals gleichzeitig in mehreren Bereichen des elektromagnetischen Spektrums untersucht werden können.

Integral ist nach der Sonde Huygens, die zum Saturn und dessen Mond Titan unterwegs ist, und vor dem Observatorium Planck, das ab 2007 das "Hintergrundrauschen" des Universums untersuchen soll, die zweite mittelgroße Mission des Langzeitplans "Horizon 2000" und soll mindestens zwei Jahre arbeiten.

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