Mysteriöse Explosion in großer Ferne
von Stefan Deiters astronews.com
9. Januar 2008
Mit Hilfe des NASA-Satelliten Swift und des
Gemini-Nord Teleskops haben Astronomen einen kurzen Gamma-Ray-Burst
entdeckt, der sich weiter von uns entfernt ereignet hat als jeder andere
entdeckte Burst dieser Art zuvor. Die gewaltige Explosion, die vermutlich durch
die Verschmelzung zweier Neutronensterne entstand, ereignete sich damit vor 7,4
Milliarden Jahren.

Entstand GRB 070714B durch Kollision zweier Neutronensterne, so
wie in dieser künstlerischen Darstellung dargestellt?
Foto: NASA / Dana
Berry
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"Diese Entdeckung vergrößert die Zeitspanne, von der wir wissen,
dass sich in ihr kurze Gamma-Ray-Bursts ereignen dramatisch in die
Vergangenheit", erläutert John Graham von der Johns Hopkins University,
der zusammen mit Kollegen die Entdeckung gestern auf einer Konferenz vorstellte.
"Dieser kurze Burst ist fast doppelt so weit entfernt, wie der
bisherige Rekordhalter."
Bei Gamma-Ray-Bursts handelt es sich um gewaltige Explosionen, bei
denen große Mengen an Energie im Röntgen- und Gammastrahlen-Bereich frei werden.
Die Astronomen unterscheiden zwei Gruppen von Gamma-Ray-Bursts: Kurze
Burst bis drei Sekunden und längere Ausbrüche von über drei Sekunden. Lange
Ausbrüche, so die bisherige Theorie, sind auf den Kollaps äußerst massereicher
Sterne zurückzuführen. Für kurze Bursts gibt es verschiedene
Entstehungsmodelle. Die populärste Theorie ist aber die Verschmelzung von zwei
Neutronensternen zu einem Schwarzen Loch.
Der neue Rekordhalter trägt den Namen GRB 070714B und war, wie die
Bezeichnung verrät, der zweite Gamma-Ray-Burst, der am 14. Juli des
vergangenen Jahres entdeckt wurde. Mit einer Dauer von nur drei Sekunden gehört
der Burst in die Kategorie der kurzen Ausbrüche. Verschiedene Teleskope
machten sich nach der ersten Entdeckung daran, ein Nachglühen der Explosion zu
suchen und wurden fündig: So entdeckten sie die Galaxie, in der sich der
Burst vermutlich ereignet hat.
Doch wie weit war diese Galaxie von uns entfernt? Das versuchten Graham und
seine Kollegen mit dem 8-Meter-Gemini-Nord-Teleskop auf Hawaii
herauszufinden. Sie entdeckten in der Galaxie eine bestimmte
Spektrallinie, mit deren Hilfe sie die Rotverschiebung der Galaxie und somit
deren Entfernung bestimmen konnten: 7,4 Milliarden Lichtjahre. Damit ereignete
sich die Explosion also vor 7,4 Milliarden Jahren.
"Die Tatsache, dass dieser kurze Burst so weit entfernt ist,
bedeutet, dass diese Unterklasse in einer sehr großen Bandbreite von
Entfernungen vorkommt, obwohl sie im Durchschnitt uns immer noch etwas näher zu
sein scheinen als die langen Gamma-Ray-Bursts", so Neil Gehrels vom
NASA Goddard Space Flight Center, leitender Wissenschaftler von
Swift.
Bemerkenswert sei auch die Energie des Bursts, die etwa 100-mal über
der Energie eines kurzen Bursts liegen und damit mehr der Energie eines
langen Bursts entsprechen würde. "Es ist noch nicht klar, ob man nicht
vielleicht ein anderes Modell benötigt, um diesen Burst zu erklären,
etwa die Verschmelzung eines Neutronensterns mit einem Schwarzen Loch. Es könnte
aber auch sein, dass es eine große Bandbreite von Energien gibt, die bei der
Verschmelzung von Neutronensternen frei werden, aber das ist eher
unwahrscheinlich."
Eine alternative Erklärung wäre, dass die Energie des Bursts nicht
gleichförmig in alle Richtungen abgestrahlt wurde, sondern nur in einem sehr eng
gebündelten Strahl, der zufällig in Richtung Erde zeigte. Das würde den Burst
energiereicher erscheinen lassen als er eigentlich ist. Nur eines, so die
Forscher, sei derzeit klar: Wie genau es zu den kurzen Gamma-Ray-Bursts
kommt, weiß eigentlich noch niemand so genau.
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