Keine Messung und doch ein Ergebnis
von Stefan Deiters astronews.com
7. Januar 2008
Mit Hilfe großer Detektoranlagen versuchen Physiker auf der
ganzen Welt die von Einstein postulierten Gravitationswellen zu messen. Bis
heute ist den Forschern noch keine dieser Wellen ins Detektornetz gegangen.
Trotzdem lieferten ihre Messungen jetzt ein überraschendes Ergebnis: Ein
Gamma-Ray-Burst in der Andromeda-Galaxie hätte eigentlich von messbaren
Gravitationswellen begleitet sein müssen. Gemessen wurde allerdings nichts.
Am 1. Februar 2007 haben eine ganze Reihe von Satelliten einen
kurzen aber heftigen Ausbruch im Gammastrahlen-Bereich registriert, der aus
Richtung der Andromeda-Galaxie M31 zu kommen schien, die etwa 2,5 Millionen
Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Die Astronomen glauben inzwischen, dass
die meisten dieser kurzen sogenannten Gamma-Ray-Bursts entstehen, wenn
zwei kompakte Objekte verschmelzen. Dies könnte beispielsweise in einem
Doppelstern-System passieren, das aus zwei Neutronensternen oder Schwarzen
Löchern besteht.
Aus der Richtung, aus der der Gamma-Ray-Bursts zu kommen schien,
folgerten die Astronomen, dass die wahrscheinlichste Erklärung für den Ausbruch
die Verschmelzung von zwei Neutronensternen oder Schwarzen Löchern in einem der
Spiralarme unserer Nachbargalaxie ist.
Zum Zeitpunkt des Ausbruchs führte auch das LIGO-Projekt gerade
wissenschaftliche Messungen durch. LIGO besteht aus mehreren Interferometern,
mit deren Hilfe die Astronomen Gravitationswellen nachweisen wollen.
Gravitationswellen wurden von Einstein in seiner Relativitätstheorie postuliert,
konnten aber bislang nur indirekt nachgewiesen werden. Die LIGO-Interferometer
bestehen aus L-förmig angeordneten Tunneln von zwei bzw. vier Kilometern Länge,
in denen mit Hilfe von Laserstrahlen exakt die Länge zwischen dort installierten
Spiegeln gemessen wird. Wird die Anlage von einer Gravitationswelle getroffen,
müsste sich, so die Theorie, diese Länge ein wenig ändern.
Eine Kollision von zwei Neutronensternen oder zwei Schwarzen Löchern, wie sie
als beste Erklärung für den Gamma-Ray-Burst vom 1. Februar 2007
gehandelt wurde, hätte Gravitationswellen erzeugen müssen, die für LIGO zu
registrieren gewesen wären. Der Detektor entdeckte aber keine
Gravitationswellen. Damit, so die Wissenschaftler, sei es unwahrscheinlich, dass
sich der damalige Gamma-Ray-Burst durch ein Verschmelzungsszenario in
der Andromeda-Galaxie erklären lässt.
Für die LIGO-Wissenschaftler ist das "Null-Ergebnis" alles andere als eine
Enttäuschung: "Es ist das erste Mal, dass der Bereich der
Gravitationswellen-Physik einen wichtigen Beitrag für das Studium der
Gamma-Ray-Bursts leisten kann, indem nach Gamma-Ray-Bursts auf
eine Weise gesucht wurde, die Teleskopen nicht zugänglich ist, die im
elektromagnetischen Spektrum beobachten", unterstreicht David Reitze, Sprecher
der LIGO-Kollaboration und Professor an der University of Florida.
Die Wissenschaftler vermuten nun, dass der Gamma-Ray-Burst entweder
auf eine andere, seltenere Form von Objekten, sogenannte Soft Gamma-Ray-Repeater,
zurückzuführen ist, oder aber doch auf eine Kollision von zwei kompakten
Objekten, die aber nicht in der Andromeda-Galaxie, sondern deutlich weiter
entfernt stattfand. Soft Gamma-Ray-Repeater sind Objekte, die
unregelmäßige Gammastrahlenausbrüche zeigen. Es handelt sich dabei vermutlich um
Magnetare, also um Neutronensterne mit einem äußerst starken Magnetfeld.
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