Ozean unter eisiger Kruste
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
23. Juni 2011
Dicht unter der eisigen Kruste des Saturnmondes Enceladus müssen sich
flüssige Salzwasser-Reservoire befinden. Darauf deuten neue, jetzt in
der Fachzeitschrift Nature vorgestellte Untersuchungen hin.
Wissenschaftler hatten mit Hilfe der Raumsonde Cassini die
Zusammensetzung der Eispartikel untersucht, die Enceladus ins All
ausstößt.
Eine detaillierte Analyse der Zusammensetzung
der Eisfontänen von Enceladus lieferte jetzt neue
Hinweise auf große Salzwasser-Reservoire unter
der eisigen Oberfläche des Mondes.
Bild: NASA/JPL/Space Science Institute [Großansicht] |
Die Fontänen des Saturnmondes Enceladus faszinieren Wissenschaftler
schon seit mehreren Jahren. Die eindrucksvollen Geysire speien
Wasserdampf und kleine Eispartikel in den Weltraum. Sie stammen aus den
sogenannten "Tigerstreifen" - Oberflächenspalten am Südpol des Mondes -
und sind für die Entstehung des E-Rings verantwortlich, in dessen
Zentrum sich die Umlaufbahn des Enceladus um den Saturn befindet. Die
Raumsonde Cassini entdeckte die Fontänen im Jahre 2005. Seitdem
fragen sich Forscher, ob die Fontänen vielleicht aus einem
unterirdischen Ozean gespeist werden könnten.
In drei Durchflügen der Raumsonde Cassini durch die Fontänen,
die in den Jahren 2008 und 2009 gelangen, konnte die Zusammensetzung
frisch ausgeworfener Partikeln gemessen werden. Dabei kam der
Staubdetektor des Max-Planck-Instituts für Kernphysik an Bord der Sonde
zum Einsatz. Die Eispartikel trafen den Cosmic Dust Analyzer
(CDA) mit Geschwindigkeiten zwischen 6,5 und 17,5 Kilometern pro Sekunde
und verdampfen sofort. Mit Hilfe elektrischer Felder im CDA werden die
verschiedenen Bestandteile der entstehenden Plasmawolke getrennt und
analysiert.
Dabei zeigte sich, dass die Partikel in größerer Entfernung von
Enceladus klein und salzarm waren und den Partikel des E-Rings glichen.
In der Nähe des Mondes konnte Cassini jedoch relativ große und
salzreiche Partikel nachweisen. Mehr als 99 Prozent der Masse scheinen
in Form solcher salzreicher Partikel ausgeworfen zu werden. "Die meisten
von ihnen sind jedoch zu schwer und fallen zurück auf die
Mondoberfläche. Sie schaffen es nicht in den E-Ring", erläutert Dr.
Frank Postberg vom Max-Planck-Institut für Kernphysik und dem Institut
für Geowissenschaften der Universität Heidelberg, der Leiter der
Untersuchung.
Die salzhaltigen Eispartikel haben eine "ozeanartige" Zusammensetzung,
die dann zu erwarten ist, wenn das Eis aus einem flüssigen
Salzwasser-Reservoir stammt und nicht von der gefrorenen Eisoberfläche
des Mondes. "Wenn Salzwasser langsam gefriert, wird das Salz aus der
Eisstruktur verdrängt, so dass reines Wassereis zurückbleibt. Wenn also
die Fontänen aus Oberflächeneis bestehen würden, müssten wir von einem
nur geringen Salzgehalt ausgehen. Gegenwärtig gibt es kein anderes
plausibles Szenario, als den stetigen Auswurf salzreicher Eispartikel
überall aus den Tigerstreifen mit Salzwasser unter der eisigen
Oberfläche des Enceladus zu erklären", so Postberg.
Das Forscherteam geht davon aus, dass sich etwa 80 Kilometer unter der
Enceladus-Oberfläche eine Wasserschicht zwischen dem felsigen Kern und
dem eisigen Mantel erstreckt. Diese wird durch Gezeitenkräfte von Saturn
und von Nachbarmonden sowie durch Zerfallswärme radioaktiver Elemente im
flüssigen Zustand gehalten. Salz aus dem Gestein löst sich in dem
Wasser. Wenn sich in der äußeren Eisschicht Spalten öffnen, gerät das
Reservoir in Kontakt mit dem Weltraum. Durch den Druckabfall verdampft
die Flüssigkeit, ein Bruchteil davon wird in Form salziger Eisteilchen
schockgefrostet und als Fontänen ausgespien.
Andere Untersuchungen haben gezeigt, dass außer diesen Eispartikeln jede
Sekunde rund 200 Kilogramm Wasserdampf aus den Tigerstreifen ins All
geschleudert werden. Nach den Berechnungen der Heidelberger
Wissenschaftler müssen die Wasserreservoire große Oberflächen haben, an
denen die Verdampfungsprozesse stattfinden. "Andernfalls würden sie
leicht zufrieren und die Fontänen versiegen", so Postberg.
An den Untersuchungen waren neben den Heidelberger Wissenschaftlern auch
Forscher der Universität Potsdam, der Technischen Universität
Braunschweig und der Universität Stuttgart sowie der University of
Colorado in Boulder und der Open University im englischen
Milton Keynes beteiligt.
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