Cassini entdeckt wasserspeiende Geysire
Redaktion / DLR
astronews.com
13. März 2006
Die Saturnsonde Cassini hat auf dem Saturnmond
Enceladus eine unerwartete Entdeckung gemacht. Direkt unter der Oberfläche des
Trabanten scheint es flüssiges Wasser zu geben: Am Südpol von Enceladus
entdeckte Cassini wasserspeiende Geysire. Schon wird die Möglichkeit
diskutiert, dass es auf dem Mond primitives Leben geben könnte.
Cassini-Falschfarbenbild des Saturnmonds
Enceladus. Die
Staubfontainen aufgrund des Eisvulkanismus sind deutlich über
der südlichen Polarregion (linke untere Ecke) zu erkennen.
Bild: NASA/JPL
Bildmosaik des Enceladus-Südpols. Bild: NASA / JPL /
Space Science Institute / DLR |
Auf Bildern und spektralen Messungen der amerikanisch-europäischen
Raumsonde Cassini finden sich deutliche Hinweise, dass am Südpol des
Saturnmondes Enceladus Wasser aus Geysiren über die Oberfläche versprüht
wird. Dies geht aus zwei Ende letzter Woche veröffentlichten Artikeln im
Wissenschaftsmagazin Science hervor, an denen auch Forscher des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und andere deutsche Wissenschaftler beteiligt sind.
Die Geysire schleudern Wasser bis zu
490 Kilometer weit in die Enceladus-Umgebung.
Die Reservoirs, aus denen
sich die Geysire speisen, befinden sich
möglicherweise nur wenige Meter unter
der Eisoberfläche des nur 500 Kilometer
durchmessenden, kleinen Eismondes.
Ähnlich wie die Wasserfontänen im
amerikanischen Yellowstone
Nationalpark versprühen diese Geysire
Wassertröpfchen (die jedoch auf
Enceladus sofort zu Eis gefrieren) über
weite Gebiete des Südpols dieses
geologisch aktiven Saturntrabanten.
Darüber hinaus versorgen die
Eisteilchen den äußersten Ring des
Saturn mit Material.
Während des November-Vorbeiflugs von Cassini an Enceladus beobachtete das Kamerasystem im Gegenlicht feine Strahlen
von Partikeln, die vom Südpol ausgehen und sich weit ins All verfolgen
lassen.
"In den zur gleichen Zeit aufgenommenen Daten des abbildenden Spektrometers von
Cassini sehen wir deutlich, dass die geochemische
Zusammensetzung des Südpols anders und vor allem komplexer ist als auf der
restlichen Mondoberfläche", berichtet Dr. Ralf Jaumann vom DLR-Institut für
Planetenforschung in Berlin-Adlershof, der Mitglied des VIMS-Spektrometerteams
(Visible and Infrared Imaging Spectrometer) von Cassini
ist. "Neben reinem, kristallinen und amorphem Wassereis finden sich dort auch
Kohlendioxyd und organische Moleküle. Das ist ein sehr deutlicher Hinweis
darauf, dass der Mond in diesem Gebiet noch geologisch aktiv ist."
Die Studie
zur Zusammensetzung und zu physikalischen Eigenschaften der Enceladus-Oberfläche wird von Robert Brown vom
Lunar and Planetary Laboratory der
Universität von Arizona in Tucson angeführt.
Dr. Thomas Roatsch vom DLR-Institut für Planetenforschung, einer der Autoren
des wissenschaftlichen Artikels des ISS-Teams (Imaging Science Subsystem),
errechnete für das Cassini-Kamerateam aus den Bilddaten der Nahvorbeiflüge
vom Februar, März und Juli 2005 die genauen Bildkarten des Eismondes, die als
Grundlage für die geologische Kartierung des Mondes dienen. "In unseren
Bildmosaiken vom Südpol fallen sofort eine Reihe von leicht geschwungenen,
parallel verlaufenden Bruchstrukturen auf. Vermutlich wird aus diesen - von den
Wissenschaftlern 'Tigerstreifen' genannten Gräben - das Wasser mit Hochdruck
ausgestoßen, denn die Spektrometerdaten zeigen hier auffallende
Veränderungen."
Das DLR-Team erstellt Bildmosaike und -karten sowie
Einschlagkraterstatistiken für die Altersbestimmung mehrerer Saturnmonde in
Kooperation mit Professor Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin,
der Mitglied des Kamerateams auf Cassini ist.
Roland Wagner, ein weiterer
Co-Autor vom DLR-Institut für Planetenforschung der von Dr. Carolyn Porco
vom Space Science Institute
aus Boulder (Colorado)
angeführten Publikation, war
an der Bestimmung der
unterschiedlichen Alter der
Mondoberfläche beteiligt. "Im
Vergleich zur restlichen
Oberfläche von Enceladus ist
die Südpolgegend sehr viel
jünger", erklärt der
Wissenschaftler, "anhand der
geringen Dichte von
Einschlagkratern gehen wir
davon aus, dass die Gebiete
zwischen den 'Tigerstreifen'
deutlich jünger als eine Million
Jahre alt sind - ein geologisch
extrem junges Alter."
Da
andere Gebiete auf Enceladus
zum Teil sehr viel älter sind,
scheint der Mond seit
mindestens vier Milliarden
Jahren geologisch aktiv zu sein.
Eigentlich ist es in einer Entfernung von fast anderthalb Milliarden Kilometern
von der Sonne zu kalt, als dass ein Mond des Saturns - zumal er noch so klein
ist wie Enceladus - Wasser unter seinem Eispanzer in flüssiger Form
beherbergen könnte. Im Falle von Enceladus scheint nur eine Energiequelle
denkbar, die Eis schmelzen lassen und somit die Bildung von Wasserreservoirs
verursachen könnte. Die auf den Körper einwirkenden Gezeitenkräfte könnten
durch die Wechselwirkung mit Saturn und den benachbarten Monden Mimas,
Tethys und Dione Wärme im Innern erzeugen. Andererseits ist der Mond mit
seinen 500 Kilometer Durchmesser zu klein, als dass gängige Modelle zur
Erzeugung von Wärmeenergie - wie beispielsweise der radioaktive Zerfall von
Elementen, der auch im Inneren der Erde Wärme erzeugt - hier genauso gelten
würden wie bei größeren Trabanten im äußeren Sonnensystem.
Enceladus ist nicht der erste Körper im äußeren Sonnensystem, von dem man
annimmt, dass unter seiner Oberfläche Wasser existiert. Mit Messungen der
Raumsonde Galileo wurde dies in den 1990er-Jahren auch für die Jupitermonde
Europa und vermutlich auch Ganymed herausgefunden. Doch im Gegensatz zu
diesen Körpern scheint sich das Wasser, das aus den 'Tigerstreifen' von
Enceladus emporschießt, fast direkt unter der Oberfläche zu befinden.
Wissenschaftler halten es für nicht ausgeschlossen, dass die wasserführenden
Schichten der Eismonde von Jupiter und Saturn sogar Formen organischen
Lebens hervorbringen könnten.
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