Flüssiges Wasser unter der Oberfläche?
Redaktion /
Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft astronews.com
8. Februar 2008
Der Jupitermond Europa galt bislang als einziger anderer
Himmelkörper im Sonnensystem, auf dem es Wasser in flüssiger Form geben könnte.
Nun glauben Wissenschaftler, dass auch auf dem Saturnmond Enceladus flüssiges
Wasser existieren könnte - wenn denn ihr Modell über die eigentümlichen
Gasfontänen stimmt, die die Saturnsonde Cassini bei ihrem Vorüberflug
beobachtet hat.
Falschfarbenaufnahme
der eigentümlichen Fontänen am Südpol des
Saturnmonds.
Foto: NASA / JPL / Space Science Institute |
Der Jupitermond Europa galt bislang als einziger anderer Himmelskörper im
Sonnensystem, auf dem Wasser in flüssiger Form vorkommt. Jetzt, so scheint es,
muss sich der Jupitermond sein Privileg mit einem anderen Trabanten aus dem Saturnsystem teilen:
Auch unter der
Eiskruste von Enceladus könnte flüssiges Wasser existieren. Dies fordert
zumindest ein
Modell eines internationalen Teams, das die Entstehung der schon bekannten
Gasfontänen am Südpol des Saturntrabanten erklärt.
Die Wasserreservoirs müsste
sich zudem wahrscheinlich nahe an der Oberfläche befinden. "Falls Sie nach Leben
im Weltall suchen wollen, dann ist jetzt Enceladus Ihr bester Kandidat", so
Sascha Kempf vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik. Kempf ist Mitglied
der Forschergruppe, die in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature
über ihre Ergebnisse berichtet.
Dass auf der Erde vor etwa 3,5 Milliarden Jahren Leben
entstand, ist flüssigem Wasser zu verdanken. Nur in einer feuchten Umgebung
konnten sich die notwendigen biochemischen Prozesse abspielen. Vergleichbare
Vorgänge könnten theoretisch auch auf anderen Himmelskörpern stattfinden - falls
dort ähnliche Bedingungen herrschten wie damals auf der Erde. Die
Wissenschaftler um Sascha Kempf vom Max-Planck-Institut für Kernphysik fanden
nun einen Hinweis auf flüssiges Wasser auf dem Saturnmond Enceladus. Somit ist
der Trabant zusammen mit dem Jupitermond Europa der zweite Kandidat, der die
richtige Umgebung für die Entstehung von Leben bietet.
Seit März 2006 wissen die Forscher von aktiven Eisvulkanen auf der Südseite des
Saturntrabanten (astronews.com berichtete). Die Raumsonde Cassini, die
sich am 14. Juli 2005 dem Saturnmond auf eine Entfernung von 175 Kilometern angenähert hatte, lieferte
Aufnahmen von Wasserdampffontänen über der Mondoberfläche. Eine Erklärung für
die Ursache dieses Phänomen fehlte bisher. "Wir wussten, dass den Gasfontänen
auch Eisbröckchen beigemischt sind", sagt Sascha Kempf. Und die Herkunft dieser
Eisstaubpartikel stellte seitdem ein Rätsel dar.
Eine Möglichkeit schien, dass die Gasfontänen durch Explosion von
Wasserdampfeinschlüssen in der Eiskruste entstehen. Diesem Modell zufolge würden
sie sich erst im Kontakt des Gases mit der kalten Atmosphäre bilden - ohne den
Zwischenschritt über den flüssigen Aggregatszustand. "Aber dieses Modell kann
nicht stimmen", sagt Kempf. "Wenn sich die Eisklumpen erst über der Oberfläche
bilden würden, dann hätten sie eine Geschwindigkeit von 500 Metern pro Sekunde,
wie der Wasserdampf selbst." Mit diesem hohen Tempo aber könnten sie die
Anziehungskraft des Monds überwinden und sich im Weltall verteilen - was sie
nicht tun, wie optische Aufnahmen von Cassini verraten. Die Partikel bewegen
sich nicht schneller als mit 207 Metern pro Sekunde, jener Geschwindigkeit, die
ein Körper nicht überschreiten darf, um im Gravitationsfeld von Enceladus
gefangen zu bleiben. Die Eispartikel werden offenbar von etwas gebremst.
Dem neuen Modell zufolge bilden sich die Eisbröckchen unter der Eiskruste und
nicht an ihrer Oberfläche. In unterirdischen Reservoirs befindet sich
Wasserdampf, der bisweilen durch Risse im Eis entweicht. Dabei expandiert er und
kühlt ab, wobei sich durch Kondensation die Eispartikel ausbilden. Diese werden
dann mit dem Wasserdampf nach oben mitgerissen. Ihre Geschwindigkeit wird aber
verringert, weil sie wie Pingpongbälle immer wieder von den Eiswänden abprallen.
Deshalb schaffen sie es letztendlich nicht, der Anziehungskraft des Mondes zu
entkommen.
Dieses Modell erklärt zum ersten Mal die Eigenschaften der Gasfontänen
vollständig. Aber es leistet noch mehr: "Wir müssen voraussetzen, dass die
Temperatur des Wasserdampfs in den Reservoirs nicht zu niedrig ist", sagt Sascha
Kempf. "Andernfalls wäre die Dichte des Gases zu gering, und wir würden an der
Oberfläche nicht so viele Eispartikel beobachten, wie wir es tatsächlich tun."
Dem Modell zufolge muss die Temperatur mindestens 273 Grad Kelvin betragen, das
sind 0 Grad Celsius. Und in diesem Bereich kommt Wasser auch in seiner flüssigen
Form vor.
"Noch können wir nicht sagen, ob unter der Eiskruste von Enceladus ein Ozean
existiert", sagt Sascha Kempf. Es könnte sich auch um eine Ansammlung kleinerer
Seen handeln. "Aber im März 2008 erfahren wir mehr." Dann nämlich wird sich die
Raumsonde Cassini erneut an den Mond annähern - und diesmal sogar bis auf eine
Entfernung von nur 50 Kilometern. Die Wissenschaftler können die Vorgänge auf Enceladus dann noch genauer beobachten. Ob sie Spuren von Leben finden werden,
steht freilich in den Sternen. Immerhin erfüllt der Mond eine notwendige
Bedingung. Und Enceladus könnte für die Wissenschaftler bald sogar wichtiger
werden als Europa. Die vorhergesagten Wasservorkommen befinden sich nämlich
nicht wie auf dem Jupitermond in zwei Kilometern Tiefe, sondern nahe an der
Oberfläche.
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