Astronomen finden Ursprung der Eisfontänen
von Stefan Deiters astronews.com
11. Oktober 2007
Zu einer der wohl bemerkenswertesten Entdeckungen, die mit
Hilfe der Saturnsonde
Cassini gemacht wurden, gehört der Nachweis, dass der Mond
Enceladus regelmäßig Fontänen aus Wassereispartikeln ins All schleudert. Eine
detaillierte Analyse von Bildern der vergangenen zwei Jahre ermöglichte jetzt
eine Lokalisierung des Ursprungs der Fontänen: Sie alle stammen aus der
sogenannten Tigerstreifen-Region am Mondsüdpol.
Aus Bildern wie
diesem bestimmten die Wissenschaftler den
Ursprung der Fontänen auf Enceladus.
Foto: NASA / JPL / Space Science Institute
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Um den Ursprung der Eisfontänen von Enceladus zu finden,
analysierten Mitglieder des Imaging Teams von Cassini die
Aufnahmen des Saturnmondes, die die Sonde in den vergangenen zwei Jahren gemacht
hatte. Zudem verglichen sie den so gefundenen Ausgangspunkt mit der Position der
vergleichsweise warmen Stellen auf der Oberfläche, den sogenannten Hotspots, die Cassini 2005 auf Enceladus aufgespürt hatte.
Dabei entdeckten die Wissenschaftler, dass die Fontänen ohne Ausnahme aus
einer Region am Mondsüdpol zu stammen scheinen, die besonders geologisch aktiv
ist und sich durch ihre vier eigentümlichen Bruchlinien auszeichnet. Diese
werden auch als tiger stripes, Tigerstreifen, bezeichnet. Der Ursprung
der Fontänen liegt zudem in fast allen Fällen in den wärmsten von Cassini
entdeckten Gebieten. Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in der
heutigen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.
"Es ist das erste Mal, dass eine sichtbare Fontäne direkt mit den
Tigerstreifen in Verbindung gebracht wurde", erläutert Joseph Spitale vom
Imaging Team die Bedeutung der Arbeit. Der Verdacht bestand schon länger: Seit
2005 entdeckt wurde, dass Enceladus Wassereispartikel über Tausende von
Kilometern ins All schleudert, galt die Tigerstreifen-Region als möglicher
Ausgangspunkt der Fontänen. Doch erst jetzt gelang es diese Theorie auch mit
Fakten zu untermauern und zudem noch eine Verbindung zu den gefundenen wärmeren
Regionen herzustellen.
Um den Ursprung der Fontänen zu finden, wurden die Fontänen auf den
Cassini-Bilder sorgfältig vermessen: Es wurde ihre Position und Orientierung auf
unterschiedlichen Aufnahmen - und damit aus unterschiedlichen Blickrichtungen -
bestimmt, so dass man am Ende ihren Ursprung ermitteln konnte. Die
Wissenschaftler machten so eine erstaunliche Entdeckung: Alle Fontänen schienen
aus einem der Brüche auf der Enceladus-Oberfläche zu kommen. Allerdings lagen
nicht alle Ausgangspunkte der Fontänen in einem der bislang bekannten Hotspots.
Die Forscher vermuten daher, dass es mehr Hotspots gibt als bislang entdeckt
wurden. "Einige der Fontänen stammen aus Gebieten, die nicht mit Cassinis
Infrarot-Spektrometer untersucht wurden", so Spitale, "aber wir sind uns sicher,
dass bei künftigen Beobachtungen auch in diesen Regionen höhere Temperaturen
entdeckt werden."
Die Wissenschaftler spekulieren zudem, dass das Erscheinungsbild der Fontänen
etwas mit den Veränderungen der Gezeitenkräften und der damit verbundenen
Aufheizung innerhalb der Bruchlinien während eines Umlaufs des Mondes um den
Saturn zu tun haben könnten. Allerdings sind hierzu noch weitere Untersuchungen
nötig, um bessere Aussagen machen zu können.
Seit der Entdeckung der Fontänen aus Wassereis und der Möglichkeit, dass
diese aus unterirdischem flüssigem Wasser gespeist werden, wird Enceladus auch
als potentieller Kandidat für das Vorhandensein von außerirdischem Leben
gehandelt. Hinzu kam die Entdeckung von warmen Stellen auf der Oberfläche und
von organischem Material zwischen den Eispartikeln, die der Mond ins All pustet.
Doch bislang ist vollkommen unklar, was genau unter der Oberfläche diese
Fontänen antreibt.
"Unsere Entdeckungen sind schon äußerst spannend und zu sagen, ich hätte
Interesse daran zu erfahren, wie das alles zu erklären ist, wäre schon eine
gewaltige Untertreibung", so Carolyn Porto vom Space Science Institute in
Boulder. "Stammen diese Fontänen von flüssigem Wasser, das sich nur knapp unter
der Oberfläche befindet oder nicht? Und wenn nicht, wie weit unter der
Oberfläche befindet sich das flüssige Wasser, das wir alle im Inneren vermuten.
Die Antwort wüsste ich am liebsten gestern."
Bis neue Daten vorliegen werden noch einige Monate vergehen: Cassini
wird im März 2008 wieder in der Nähe von Enceladus sein und dabei auch die Wolke
aus Wassereispartikeln durchfliegen, die durch die Fontänen über dem Südpol entstanden
ist. Davon erhoffen sich die Wissenschaftler weitere Informationen über die
chemische Zusammensetzung und Natur der Fontänen.
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