Beeindruckende Daten von Enceladus
Redaktion /
Pressemitteilung der MPG astronews.com
14. März 2008
Die Saturnsonde Cassini
ist am Mittwoch in einem Abstand von nur 50 Kilometern am Saturnmond Enceladus
vorübergeflogen. Der Mond ist vor allem wegen seiner geheimnisvollen Fontänen
und des flüssigen Wassers unter der Eiskruste in den Blickpunkt der Forscher
geraten. Die ersten Bilder sorgten auch beim DLR für Begeisterung. Ein
Instrument funktionierte bei dem Vorüberflug allerdings nicht.
Am 12. März 2008
flog die Saturnsonde Cassini in nur 50
Kilometern Entfernung am Eismond Enceladus
vorbei und nahm dabei die bislang unbekannte
nördliche Hemisphäre ins Visier.
Bild: NASA [Großansicht] |
"Ich bin begeistert! Die Daten sehen ganz phantastisch aus", sagt Prof. Dr.
Ralf Jaumann vom Berliner Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums
für Luft- und Raumfahrt (DLR) nach einer ersten Durchsicht der Daten, die die
Raumsonde Cassini am gestrigen Donnerstag zur Erde gefunkt hat. Die Kameras der
Saturnsonde haben bei diesem dritten, nur 100 Sekunden dauernden Vorbeiflug,
Bilder von noch völlig unerforschten Bereichen der nördlichen Halbkugel des
Eismondes gemacht.
Auf diese Daten wartete Jaumann gespannt: "Um den Mond und die Prozesse, die
sich in seinem Inneren abspielen, zu verstehen, ist es wichtig, dass wir nach
und nach seine gesamte Oberfläche kennen lernen." Bei früheren Vorbeiflügen an
Enceladus, der den Gasriesen Saturn in einer Entfernung von fast 240.000
Kilometern umkreist, entdeckten die Forscher am Südpol des Mondes Eisvulkane,
die gewaltige Fontänen aus Wasserdampf, kleinen Eispartikeln und Staub ins All
spucken.
So aktiv scheint der Mond im Norden nicht zu sein. "Auch im Norden befinden
sich Regionen mit ganz frischem Eis, aber hier gibt es vorwiegend ältere
Eisflächen, auf denen wir Meteoriteneinschlagkrater finden," erklärt Jaumann. Am
Südpol des Mondes schleudern Eisgeysire immer wieder Eispartikel in die
Atmosphäre, die dann nach und nach wieder auf die Oberfläche des Mondes rieseln
und die Einschlagkrater überdecken. Außerdem bewegen sich die Eisschollen am
Südpol stärker, vergleichbar mit den Fließbewegungen von Gletschern auf der
Erde. Dadurch verschwinden die Einschlagkrater nach und nach.
Warum das Wärmezentrum des Eismondes im Süden liegt, wissen die Forscher
derzeit noch nicht. "Offensichtlich gab es Eisvulkanismus in der Vergangenheit
auch auf der nördlichen Hemisphäre des Mondes. Möglich ist, dass das
Wärmezentrum ganz langsam nach Süden gewandert ist. Es kann aber auch sein, dass
es schrumpft und es Eisgeysire in der geologischen Vergangenheit des Mondes
flächendeckend gab, während sie sich heute vorwiegend auf den Südpol begrenzen",
beschreibt Jaumann die Thesen der Forscher.
Unklar ist auch, woher der Mond seine Energie nimmt. Immerhin erhitzt sich
der Mond, fast 1,5 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt, so sehr, dass
Wasser in flüssiger Form und als Wasserdampf vorkommt. Während die Temperatur an
seiner Oberfläche bei minus 200 Grad Celsius liegt, müssen in seinem Inneren
stellenweise Temperaturen über 0 Grad Celsius herrschen. Dass der kleine Mond
nach vier Milliarden Jahren, seit der Entstehung des Sonnensystems, immer noch
einen heißen, flüssigen Gesteinskern wie die Erde hat, schließen die Forscher
aus.
"Wir vermuten, dass die große Gravitationskraft des Riesenplaneten Saturn den
Eismond regelrecht durchknetet", erläutert Jaumann. So wie Mond und Sonne durch
ihre Schwerkraft die Wassermassen der Ozeane auf der Erde mit in Bewegung
setzen, bewegt Saturn durch seine gewaltige Masse das Wasser im Inneren des
relativ nahen Eismondes. Durch diese Bewegung entsteht Reibung, die so genannte
Gezeitenreibung, die ein Aufheizen des Mondes zur Folge hat. Allerdings räumt
Jaumann ein, dass die bisherigen Modelle über das mögliche Innenleben des
Eismondes zeigen, dass die Energie, die durch die Gezeitenreibung entsteht,
nicht ausreicht um den Mond derart aufzuheizen.
Für Schlagzeilen sorgte der Eismond bereits 2005, als die Forscher die
Eisgeysire entdeckten und damit erstmals einen Nachweis für Kryovulkanismus
(Eisvulkanismus) im Saturnsystem erbracht hatten. Voraussetzung für diese
Prozesse ist flüssiges Wasser, das bis dahin in den Außenbereichen des
Sonnensystems nicht vermutet worden war. "Wir gehen ja davon aus, dass flüssiges
Wasser eine Grundvoraussetzung für die Entstehung von Leben ist", macht Jaumann
die Bedeutung der damaligen Entdeckung deutlich. "Damit haben wir weit draußen
im Sonnensystem eine mögliche biologische Nische entdeckt. Die Lebensfrage in
unserem Sonnensystem muss also neu gestellt werden." Ob es unter der
Eisoberfläche von Enceladus tatsächlich Leben gibt, sei dabei eine ganz andere
Frage und die, so vermutet Jaumann, werden die Forscher so schnell nicht
beantworten können.
Die Staubpartikel, die Enceladus ins All schleudert, werden unter anderem von
dem beim Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg entwickelten
Staubanalysegerät CDA (Cosmic Dust Analyser) auf der Raumsonde Cassini
untersucht. Dr. Ralf Srama, Hauptwissenschaftler des Instruments wollte bei
diesem Vorbeiflug nachweisen, dass die Partikel, die den Eismond umkreisen und
sogar den äußersten Ring des Saturn, den so genannten E-Ring speisen, zwei
unterschiedliche Quellen haben.
Für Srama war der Vorbeiflug jedoch enttäuschend, denn die von Cassini
gesendeten Daten ergaben, dass sein Gerät während des Vorbeiflugs nicht
funktioniert hat. "Die Datenübertragung zwischen unserem Instrument und dem
Bordcomputer hat offensichtlich nicht richtig geklappt", sagt Srama. Das Problem
liege bei einer neuen Software, die die Wissenschaftler zur Verbesserung ihrer
Messdaten neu aufgespielt hatten. "Wir können den Fehler bis auf ein Kommando
genau lokalisieren, das in Simulationen am Boden und auch schon im All
erfolgreich ausgeführt wurde, aber beim Vorbeiflug gestern nicht geklappt hat."
Die Forscher gehen davon aus, dass sie das Problem bald beheben können und
setzen auf den nächsten Vorbeiflug von Cassini am Eismond Enceladus,
der voraussichtlich am 11. August 2008 stattfindet. "Cassini wird sich
dem Mond dann bis auf 20 Kilometer nähern und wir freuen uns auf die
Messergebnisse, die wir dann hoffentlich erhalten werden," so Smara.
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