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EDEN ISS
Polargewächshaus wird Teil des Trainings für Mondmission
Redaktion / Pressemitteilung des DLR
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21. September 2023

Das Antarktis-Gewächshaus EDEN ISS ist zurück in Bremen - nach fünf Jahren auf dem siebten Kontinent in Eis, Kälte und Polarnacht. Es hat gezeigt, wie auch unter extremen Bedingungen frisches Gemüse angebaut werden kann. Nun sollen die Erkenntnisse für künftige Missionen zum Mond genutzt werden: Aus EDEN ISS wird dazu nach einem Umbau EDEN LUNA.

EDEN ISS

Abbau des EDEN-ISS-Gewächshauses für die Heimreise zum DLR-Standort Bremen. Foto: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)  [Großansicht]

"Das Gewächshaus EDEN ISS hat über die vergangenen Jahre in der Antarktis demonstriert, wie der zukünftige Pflanzenanbau auf Mond und Mars ohne Erde unter künstlichem Licht aussehen und funktionieren kann. Aber auch für klimatisch anspruchsvolle Regionen unseres Planeten zeigte das Projekt, wie die Versorgung mit frischem Gemüse bei effizientem Ressourceneinsatz gelingt", sagt Dr. Anke Pagels-Kerp, Bereichsvorständin Raumfahrt beim Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Diese wertvollen Erfahrungen wollen wir nun gezielt nutzen. Das Gewächshaus EDEN ISS wird sich in den kommenden Monaten im Zuge des geplanten Umbaus zu EDEN LUNA wandeln. Zukünftig werden dann direkt Astronautinnen und Astronauten den Anbau von Gemüse, Salaten und Kräutern sowie die dahinterstehende Technik und nötige Prozeduren trainieren, integriert in der von DLR und ESA gemeinsam geplanten Test- und Trainingseinrichtung LUNA in Köln."

Seit Anfang 2018 stand das vom DLR betriebene Gewächshaus EDEN ISS in der Antarktis nur 400 Meter von der deutschen Antarktisstation Neumayer III entfernt. Es war die bisher umfangreichste Langzeiterprobung des bisher größten Testgewächshauses für die anvisierte Nahrungsmittelproduktion auf Mond und Mars. Ein Testgewächshaus, das als geschlossenes System von Wetter, Sonne und Jahreszeiten unabhängige Ernten sowie weniger Wasserverbrauch und den Verzicht auf Pestizide und Insektizide ermöglicht. Dabei konnten die Forschenden vielfältige Erfahrungen sammeln, insbesondere wie die hochintegrierten Anzuchtsysteme unter den extremen Bedingungen funktionieren, wie sich die menschlichen Arbeitsabläufe ideal und zeitsparend integrieren lassen, wie vorhandene Ressourcen ideal eingesetzt werden, wie sich die Mikrobiologie bei Anbau und Ernte gestaltet und wie sich Anbau und Speiseangebot von frischem Gemüse auf das Wohlbefinden der Isolierten Crew während der Überwinterung auswirken.

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"Mit der Gewächshauserprobung in der Antarktis haben wir eine deutliche Lernkurve verzeichnet. Zum Betriebsbeginn waren noch rund drei Stunden menschliche Unterstützung pro Tag für Wartung und Pflanzenpflege nötig. Über die Projektlaufzeit konnten wir verschieden Einsparpotentiale identifizieren, mit denen zukünftige Astronautinnen und Astronauten 40 Prozent weniger Zeit benötigen, um solch ein Gewächshaus im Betrieb zu halten. Wertvolle Zeit, die sie dann für andere Aktivitäten zur Verfügung haben", erläutert Dr. Daniel Schubert vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme. "Zudem zeigte sich auch der positive Effekt auf das Wohlbefinden durch die Arbeit mit Pflanzen in rauer Umgebung und Isolation. Wir arbeiten bereits an weiteren Ideen und Konzepten, wie wir die einzigartige Forschungsumgebung Antarktis mit den Erfahrungen aus EDEN ISS für die Raumfahrtforschung nutzen können", so Schubert weiter.

Insgesamt gab es bei EDEN ISS vier Anbaumissionen, wobei eine Saison dazu genutzt wurde, das Gewächshaus zunächst in eine Ruhephase zu versetzen, um es dann aus der Ferne zu starten und zu betreiben. Über den gesamten Zeitraum konnten mehr als eine Tonne Gemüse, Salate und Kräuter frisch geerntet werden. Salate, Kräuter, Gurken und Tomaten wuchsen von der ersten Mission an erfolgreich im Gewächshaus ebenso Radieschen und Kohlrabi. Eine besondere Herausforderung stellte Paprika dar. Nach einigen Modifikationen und einer neuen Sortenwahl gelang in den letzten zwei Gewächshausjahren auch für diese jeweils eine zufriedenstellende Ernte.

Zuletzt prägte die NASA-Gastwissenschaftlerin Jess Bunchek die Forschung im Gewächshaus EDEN ISS mit ihrer Überwinterungsmission, von der sie im Frühjahr 2022 zurückkehrte. Bei ihrer Mission erreichte sie Rekorderträge für Tomaten (92 Kilogramm) und Gurken (76 Kilogramm). Paprika konnte sie immerhin 19 Kilogramm ernten. Ebenso wichtig waren die umfangreiche Daten über die Leistung und Widerstandsfähigkeit des Gewächshausystems, die Gesundheit und Produktion der Pflanzen, deren Umwelt und Mikrobiologie, zur Lebensmittelsicherheit, Ernährung und Psychologie der Besatzung sowie über die benötigten Ressourcen wie Strom und Wasser ebenso wie die benötigte Arbeitszeit.

Eine der von ihr durchgeführten Studien befasste sich mit der psychologischen Wirkung von frischem Obst und Gemüse und der Möglichkeit, Pflanzen anschauen und anfassen zu können. "In meiner Zeit in der Antarktis hat sich vielfältig gezeigt, wie die Überwinterungscrew es genießt, im Grün der Pflanzen zu arbeiten und nach langen anstrengenden Tagen erfrischende Mahlzeiten aus dem Gewächshaus zu essen, die zudem gesund, sehr schmackhaft, und lebensmittelecht ohne Krankheitsrisiken sind. Das lässt sich auch direkt in der Raumfahrt bei Astronautencrews mit ähnlichen noch kleineren Experimenten beobachten", erklärt Bunchek. "Für die Zukunft heißt das: Crews auf abgelegenen Missionen sollten die Möglichkeit haben, ihre eigenen Pflanzen anzubauen, um ihre psychische und körperliche Gesundheit zu stärken."

Im Laufe ihrer Überwinterungsmission hatte Bunchek auch Erfolg beim Anbau verschiedener Pflanzen und Früchte, von denen einige auch schon auf der Internationalen Raumstation ISS gezüchtet wurden, darunter verschieden Senfsorten und Salate. Die "Española Improved"-Chili-Paprika sorgte im Rahmen von Buncheks Mission in der Antarktis für Würze und Vitamin C auf dem Speiseplan. Bunchek baute neben den besonders ertragreichen Tomaten und Gurken auch Bohnen, Erbsen, Blattgemüse, Brunnenkresse, Rucola, Brokkoli sowie Blumenkohl, Mangold, Spinat, Kohlrabi, Pak Choi und Radieschen an. Außerdem züchtete sie verschiedene Kräutersorten, darunter Minze, Basilikum, Petersilie, Schnittlauch, Rosmarin, Thymian und Oregano. Nach ihrer Zeit in der Antarktis widmete Sie sich intensiv der Auswertung ihrer Experimente. Mittlerweile ist sie als Mitarbeiterin am DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen tätig.

Vier Jahre lang lieferte das EDEN ISS Gewächshaus frisches Gemüse für die wechselnden Überwinterungscrews und Sommergäste der Neumayer-Station III. Mit einer kleinen Überwinterungsbesatzung und einer langen Isolationszeit ist Neumayer III ein großartiges Analog-Umfeld zum Weltraum für diese Art von Studien. Prof. Dr. Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) erläutert: "Die Antarktis ist der dunkelste, kälteste und windigste Kontinent unseres Planeten. Das ist besonders bei der Überwinterung eine große Herausforderung für die dort arbeitenden und lebenden Menschen. Das Gewächshaus hat neben den durch frisches Gemüse und Kräuter angereicherten Mahlzeiten auch Farbe in das Leben unserer Überwinterungsteams gebracht. Die Forschung daran zeigt: Pflanzliches Leben tut Menschen gut und Innovationen zum Gemüseanbau in extremen Lebensräumen sind zukunftsrelevant. Die Antarktis ist dafür ein ideales Testgebiet. Wir werden auch künftig mit dem DLR an Projekten forschen, die der Raumfahrt, Tiefsee- und der Polarforschung nutzen und damit der Gesellschaft."

Für den Rücktransport aus der Antarktis war das EDEN ISS Gewächshaus zwischenzeitlich in seine zwei Teilcontainer und rund 1000 einzelne Bauteile des Gewächshauskreislaufs und der hydroponischen Pflanzenzucht zerlegt. Das Gewächshaus wird nun am DLR-Standort in Bremen generalüberholt, mit neuer Technik ausgestattet und so für das Training zukünftiger Mondastronauten vorbereitet. Mitte der 2020er Jahre soll das Gewächshaus am DLR-Standort Köln in die dann neu errichtete LUNA-Halle integriert werden. "Das Gewächshaus EDEN LUNA soll mit dem Umbau zukünftig noch digitaler, vernetzter und ressourcensparender werden", erklärt Schubert. "Zukünftig soll ein robotischer Arm im Gewächshaus die trainierenden Astronauten bei ihrer Arbeit unterstützen und entlasten. Zusätzliche Kameras und ein KI gesteuertes Gewächshausmanagement werden die Überwachung der Pflanzen und ihre Versorgung optimieren. Zudem wird die Aufbereitung von Urin als Nährstofflösung in den Gewächshauskreislauf integriert", so Schubert weiter.

Astronautinnen und Astronauten, die zum Mond fliegen, sollen zukünftig in Köln in der Test- und Trainingseinrichtung LUNA auf dem Gelände des DLR in Köln ausgebildet werden. Bau und Inbetriebnahme sind bis zur Mitte des Jahrzehnts geplant. Das dann umgebaute Gewächshaus EDEN LUNA wird sich in diese Forschungseinrichtung einfügen. Die Test- und Trainingseinrichtung LUNA ist ein Gemeinschaftsprojekt des DLR und der Europäischen Weltraumorganisation ESA, die in Köln das Europäische Astronautenzentrum (EAC) betreibt. Am Gewächshausprojekt EDEN LUNA sind die DLR-Institute für Raumfahrtsysteme, für Datenwissenschaften, für Robotik und Mechatronik sowie für Luft- und Raumfahrtmedizin mit verschiedenen Beiträgen beteiligt.

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