Einfluss auf Tag-Nacht-Rhythmus untersucht
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und
Binnenfischerei astronews.com
19. Dezember 2019
Lichtverschmutzung ist nicht nur für Amateurastronomen ein
Problem, sondern kann auch den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus von Menschen und
anderen Wirbeltieren stören, indem es die Melatoninbildung beeinflusst. Schon
eine vergleichsweise geringe Erhöhung der Helligkeit in der Nacht durch die
Lichtglocke einer Stadt kann dabei Folgen haben.
Die Lichtglocke über Berlin macht nicht nur
Amateurastronomen das Leben schwer, sondern kann
auch Folgen für den Tag-Nacht-Rhythmus haben.
Bild: Chris Kyba [Großansicht] |
Melatonin prägt den Tag-Nacht-Rhythmus beim Menschen und bei Wirbeltieren.
Organe, Gewebe und Zellen stellen abhängig von der Konzentration dieses Hormons
ihre innere Uhr. Melatonin steuert auch Prozesse wie Fortpflanzung und Wachstum.
Über Lichtrezeptoren, beispielsweise auf der Netzhaut im Auge, nehmen
Wirbeltiere und der Mensch Unterschiede in der Helligkeit ihrer Umgebung war.
Wenn viel Licht auf die Rezeptoren wirkt, wird die Bildung von Melatonin
unterdrückt, bei Dunkelheit wird viel Melatonin gebildet. Die
Empfindlichkeitsschwelle beim Menschen liegt bei 6 Lux, Straßenbeleuchtung
strahlt meist heller: Künstliches Licht bei Nacht kann den Melatoninhaushalt
stören, wenn mit der Dunkelheit eigentlich die Melatoninproduktion einsetzten
sollte.
Die Forschenden identifizierten im Rahmen einer Literaturrecherche aus 1900
Studien 72 relevante Arbeiten, die ihre Kriterien zur Untersuchung von
Lichtverschmutzung erfüllten. Sie zeigen anhand der Datenlage, dass bereits sehr
geringe Lichtintensitäten die Ausschüttung des Melatonins unterdrücken: bei
Fischen liegt die Schwelle bei 0,01 Lux, bei Nagern bei 0,03 Lux und bei
empfindlichen Menschen bei 6 Lux; bei Licht mit einem hohen Blaulichtanteil
sogar weit darunter.
Vergleicht man damit die Beleuchtungsstärken, welche Lebewesen in der Nacht
erfahren, ergibt sich ein eindeutiges Bild: In einer sternenklaren Nacht liegt
die Beleuchtungsstärke bei 0,001 Lux. In einer Vollmondnacht erreicht sie ein
Maximum von 0,3 Lux. Die Lichtglocke einer Stadt kann Beleuchtungsstärken bis zu
0,1 Lux, eine Straßenbeleuchtung mehr als 150 Lux erreichen.
"Das Erstaunliche ist, dass schon die sehr geringen Intensitäten der
Lichtglocke einer Stadt ausreichen, um bei bestimmten Wirbeltierklassen wie
Fischen und Nagern die Melatoninproduktion zu unterdrücken", sagt Dr. Maja
Grubisic vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).
"Von dieser Art Lichtverschmutzung sind weltweit große Areale betroffen, wie wir
aus der Auswertung von Satellitendaten wissen", ergänzt ihr Kollege Dr. Andreas
Jechow.
Denn das Licht von künstlicher Beleuchtung strahlt in den Himmel und wird an
Wolken und Partikeln reflektiert, wodurch eine große Lichtglocke entsteht. Die
Forschenden stießen bei ihrer Datenauswertung auch auf Wissenslücken: "Bisher
gibt es keine Studien zu den Folgen von Lichtverschmutzung auf die
Melatoninbildung bei Reptilien und Amphibien, Langzeitfolgen sind wenig
erforscht. Und insbesondere die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sind
noch nicht hinreichend verstanden", stellt IGB-Forscher Dr. Franz Hölker fest,
der die Studie geleitet hat.
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