Wo der Nachthimmel am hellsten ist
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ astronews.com
13. Juni 2016
Wissenschaftler haben einen neuen Atlas der
Lichtverschmutzung vorgestellt, der eindrucksvoll dokumentiert, wie künstliche
Beleuchtung den Nachthimmel weltweit erhellt. Der Atlas erscheint zu einem
kritischen Zeitpunkt: Durch die Umstellung auf LED-Lampen könnte sich die
Himmelsaufhellung in den kommenden Jahren mehr als verdoppeln.
Berlin leuchtet. Und trübt mit dem Licht den
Blick in die Sterne. Die Milchstraße verschwindet
im Lichtdom. Auch Ökosysteme sind vom Leuchten
betroffen.
Foto: A. Jechow/IGB [Gesamtansicht] |
Ein neuer Atlas der Lichtverschmutzung dokumentiert, wie massiv
künstliche Beleuchtung den Nachthimmel weltweit erhellt. Die Auswirkungen der
schwindenden Dunkelheit betreffen nicht nur Astronomen, deren Beobachtungen
erschwert werden, sondern auch Ökosysteme. Zusammengestellt hat den Atlas ein
internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, darunter
Christopher Kyba vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ.
"Der neue Atlas bietet eine Dokumentation des Zustands der nächtlichen Umwelt
zu einem entscheidenden Zeitpunkt," erläutert Fabio Falchi vom italienischen
Istituto di Scienza e Tecnologia dell'Inquinamento Luminoso. Derzeit stehe
die industrialisierte Welt vor der Umstellung auf LED-Beleuchtung. "Wenn wir
nicht sehr genau auf das LED-Spektrum und die Beleuchtungsstärken achten, könnte
das zu einer Verdoppelung oder sogar Verdreifachung der Himmelsaufhellung in
klaren Nächten führen."
Das Istituto di Scienza e Tecnologia dell'Inquinamento Luminoso ist
eine gemeinnützige Institution, die Forschung zu Lichtverschmutzung koordiniert
und fördert. Die anderen am aktuellen Atlas beteiligten Wissenschaftler stammen
aus Deutschland, den USA und Israel. Die Bilder und Daten in dem Atlas zeigen,
dass weite Teile der Welt förmlich in Licht gebadet sind. Vor allem in
Westeuropa gibt es kaum noch Gegenden, in denen der Nachthimmel nicht durch
künstliche Beleuchtung erhellt wird.
Wer Dunkelheit sucht, findet sie am ehesten in Schottland, Schweden oder
Norwegen sowie in Teilen Österreichs und Spaniens. Neben einer Weltkarte der
Lichtverschmutzung enthält der Atlas viele weitere Daten. Schwerpunkt der
Erhebung waren dabei die G20-Staaten.
Demnach sind von der Fläche her Italien und Südkorea die Länder mit der
höchsten Lichtverschmutzung, Kanada und Australien jene mit der geringsten.
Betrachtet man die Situation der Menschen und die Orte, wo sie leben, so ist es
für Deutsche und Inder am wahrscheinlichsten, dass sie von ihrem Zuhause aus
noch die Milchstraße erkennen können. Die Bewohner Saudi-Arabiens und die
Südkoreaner dagegen können diesen Blick in den Sternenhimmel am seltensten
genießen.
Einen ähnlichen Atlas gibt es seit 2001. Doch die aktuelle Ausgabe profitiert
vom neuen NASA-Satelliten Suomi NPP, der die Erde seit Oktober 2011
umkreist. Dieser Satellit hat erstmals ein Instrument zur Messung des Lichts aus
Städten an Bord, das eigens dafür gebaut wurde. Die Daten für den neuen Atlas
wurden mithilfe von Messstationen geeicht, die an nahezu 21.000 Orten weltweit
stehen.
Hinzu kamen unzählige Messungen von "Citizen scientists", also
Bürgerwissenschaftlerinnen und Bürgerwissenschaftlern. "Rund zwanzig Prozent der
Eichdaten kamen von 'citizen scientists'", so Kyba. "Ohne sie hätten wir keine
Daten von außerhalb Europas und Nordamerikas."
"Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Lichtverschmutzung
erforschen, haben den Atlas schon mit Spannung erwartet.", meint Sibylle Schroer,
Koordinatorin des EU-geförderten Projekts "Verlust der Nacht" und Scott
Feierabend, Direktor der "International Dark-Sky Association", spricht von einem
Durchbruch: "Der Atlas wird jetzt zum Maßstab und bei der Beurteilung helfen, ob
es gelingt, die Lichtverschmutzung in Städten und auf dem Land einzudämmen."
Der New World Atlas of Artificial Night Sky Brightness ist am 10.
Juni in der Fachzeitschrift Science Advances, einem Open-Access-Journal
der American Association for the Advancement of Science (AAAS)
erschienen.
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