Neue App zur Messung der Lichtverschmutzung
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Forschungsverbundes Berlin e.V. astronews.com
11. November 2014
Die dunkle Jahreszeit sollte sich eigentlich hervorragend
für einen Blick an den nächtlichen Sternenhimmel eignen. Doch wegen der
sogenannten Lichtverschmutzung haben viele Menschen noch nie das Band der
Milchstraße gesehen. Mit einer jetzt überarbeiteten App für Smartphones kann
jedermann helfen, diese Lichtverschmutzung zu messen und zudem noch einiges
lernen.
Im Zuge der
Weiterentwicklung der App berücksichtigten
Christopher Kyba und sein Team auch Anregungen
und Verbesserungsvorschläge von
Bürgerwissenschaftlern.
Foto: idw / Anja Freyhoff [Großansicht] |
Ein Drittel aller Deutschen hat noch nie die Milchstraße gesehen. Der Grund
dafür ist einfach: Kann man in einer dunklen Nacht bis zu viertausend Sterne
zählen, so sind es in einer hellen Stadt gerade mal eine Hand voll. Tausende
Sterne am Firmament zu betrachten, ist ein Erlebnis, das viele Kinder und
Erwachsene kaum noch kennen. Vor allem den Stadtmenschen wird der Sternenhimmel
zunehmend fremd.
"Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen", befürchtet Dr. Franz Hölker, der
am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zu den Folgen
der Lichtverschmutzung forscht. In den letzten Jahrzehnten hat ein etwa
sechsprozentiger Zuwachs an künstlicher Beleuchtung pro Jahr den Nachthimmel
weltweit heller werden und immer mehr Sterne verblassen lassen. Neue
Lichtkonzepte und Technologien wie zum Beispiel LEDs könnten unsere Nächte
wieder dunkler, oder auch noch heller machen. "Das hängt ganz davon ab, wie sie
implementiert werden", sagt Hölker.
Der Blick zu den Sternen lohnt sich trotzdem – und dient ganz nebenbei der
Wissenschaft. Forscher des Projekts "Verlust der Nacht" entwickelten eine
kostenlose Smartphone-App, die Groß und Klein zu Lichtforschern werden lässt.
"Mithilfe von Referenzsternen ermitteln Bürgerwissenschaftler die
Himmelshelligkeit an jedem beliebigen Ort der Erde", erklärt Dr. Christopher
Kyba vom IGB Berlin und vom GFZ Potsdam wie die App funktioniert. Astronomische
Vorkenntnisse brauche man dafür nicht. "Wer mitmacht, lernt dabei den
Sternenhimmel kennen und bekommt ein Gefühl dafür, wie viele Sterne er an einem
dunkleren Ort noch sehen könnte", verspricht Kyba.
Am 10. November veröffentlichten die Wissenschaftler eine weiterentwickelte
Version der App, die nun für iOS-Geräte sowie in vier zusätzlichen Sprachen
verfügbar ist. Kyba und sein Team griffen zudem Anregungen von Mitstreitern auf.
So werden die Messungen jetzt direkt geprüft und der Nutzer erfährt, wie viele
Sterne über ihm am Himmel stehen und wie gut seine Beobachtungen waren. Ein
zusätzlicher Clou: Kurz nach der Messung sind die Daten auf der Weltkarte von
GLOBE at Night sichtbar.
Dank der vielen Bürgerwissenschaftler können die Forscher sehen, wie sich der
Himmel angesichts sich wandelnder Beleuchtungstechnologien und wachsender Städte
verändert. "Die App ist für uns die einzige Möglichkeit, solche Entwicklungen
weltweit zu beobachten und besser zu verstehen", sagt Biologe Hölker. Bislang
wurde die nächtliche Helligkeit hauptsächlich mit Hilfe von Satelliten
ermittelt. Diese messen aber nur das nach oben abgestrahlte Licht, nicht die
Helligkeit, die am Boden von Menschen und anderen Organsimen erlebt wird. "Man
könnte dies theoretisch zwar auch mit Modellen erreichen, doch um diese zu
testen, sind Vergleichsdaten nötig - und genau solche liefert die App", erklärt
er.
Die heutige Satellitentechnologie sei nicht darauf ausgelegt, Lichtemissionen
zu verstehen. "So liegt ein großer Teil des Lichts von LED-Straßenlampen
beispielweise in einem Spektralbereich, den die meisten Satelliten gar nicht
messen." LED-beleuchtete Gebiete würden dadurch dunkler erscheinen, als sie
wirklich sind.
Mittlerweile kann die App in insgesamt 15 Sprachen kostenlos heruntergeladen
werden. "Gerade die Zeit zwischen dem 11. und 24. November eignet sich
hervorragend für Messungen", gibt Kyba Interessierten als Rat mit auf den Weg.
Dann gäbe es kaum Mondlicht, umso mehr Sterne seien sichtbar. Seit April 2013
wurde die Android-Version der App über 26.000 Mal heruntergeladen. Von der
Weiterentwicklung erhoffen sich die Wissenschaftler nun noch mehr begeisterte
Sternengucker und somit eine größere Datenmenge.
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