Insekten leiden unter hellem Nachthimmel
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Hauses der Astronomie und der VdS astronews.com
12. September 2018
Lichtverschmutzung ist nicht nur für Astronomen ein Problem,
sondern könnte auch für den dramatischen Rückgang von Insekten in den
vergangenen Jahren verantwortlich sein. Wissenschaftler und Amateurastronomen
fordern daher gemeinsam sofortige spürbare Maßnahmen zur Reduzierung der
Lichtverschmutzung. Diese lassen sich vergleichsweise einfach umsetzen.
Kugellampen strahlen Licht in alle Richtungen
ab und ziehen zahlreiche Insekten an.
Foto: Andreas Hänel [Großansicht] |
Studien haben in den vergangenen Jahren einen dramatischen Rückgang von
Anzahl und Artenvielfalt bei Fluginsekten festgestellt. Der Lichtverschmutzung -
der Aufhellung der Nacht durch künstliche Lichtquellen - fallen nachweislich
große Zahlen von nachtaktiven Insekten zum Opfer. Angesichts dessen fordert die
Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternfreunde e.V. Maßnahmen zur
Reduzierung der Lichtverschmutzung.
Der natürliche Wechsel von hellem Tag und dunkler Nacht ist der
grundlegendste Rhythmus der meisten Lebewesen und ein wichtiges Element
funktionierender Ökosysteme. Unterbrechungen bedeuten immer eine Störung.
Künstliches Licht bei Nacht sollte daher so belastungsarm wie möglich eingesetzt
werden. Durch aktuelle Forschungsergebnisse über den dramatischen Rückgang der
Insekten im letzten Jahr rückt das Thema Lichtverschmutzung als eine der
wichtigen Ursachen in den Fokus, beispielsweise im Eckpunktepapier der deutschen
Bundesregierung.
In Anbetracht der Dringlichkeit des Problems fordert die VdS-Fachgruppe Dark
Sky der Vereinigung der Sternfreunde e.V., Empfehlungen für umweltfreundliche
und verantwortungsvolle Beleuchtung schnellstens bei Planungen und Umsetzungen
zu berücksichtigen, die im wesentlichen Lichtlenkung, Lichtmenge und Lichtfarbe
umfassen. Die entsprechende Technik ist bereits seit Jahren vorhanden und muss
endlich genutzt werden.
Die ehrenamtlich arbeitende Fachgruppe "Dark Sky – Initiative gegen
Lichtverschmutzung" der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) beschäftigt sich
bereits seit über 20 Jahren mit diesem Umweltthema und hat schon vor zehn Jahren
an Untersuchungen der Universität Mainz zur Auswirkung künstlichen Lichts auf
Insekten mitgewirkt. Diese Untersuchungen in Düsseldorf zeigten, dass
Leuchtmittel mit geringen Blau- und Ultraviolettanteilen deutlich weniger
Insekten anziehen. In dem Zusammenhang wurde damals bereits auf die rapide
Abnahme der Insekten hingewiesen.
Die Fachgruppe veröffentlichte vor zwei Jahren gemeinsam mit der "Kommission
Lichtverschmutzung" der Astronomischen Gesellschaft und der Gesellschaft
Deutschsprachiger Planetarien Empfehlungen zur Reduzierung der
Lichtverschmutzung. Diese Hinweise sind weiterhin aktuell und werden durch
neuere wissenschaftliche Studien unterstützt. Sie helfen auf einfache und
effektive Weise, das Sterben von Insekten an künstlichen Lichtquellen zu
reduzieren. Dadurch werden auch andere Arten und der Mensch gezielt vor
negativen Auswirkungen durch künstliches Licht bei Nacht verschont.
Diese Empfehlungen für eine nachhaltige künstliche Beleuchtung, die weit über
eine reine Energieeffizienz reichen, werden bereits in den Kommunen der
Sternenparks, die in den letzten Jahren mit Unterstützung der Fachgruppe Dark
Sky als Modellregionen errichtet wurden, praktisch umgesetzt. Die Fachgruppe
Dark Sky arbeitete zudem an der Erstellung einer Broschüre "Nachhaltige
Beleuchtung" des hessischen Umweltministeriums mit, in der Hinweise für
Industrie und Gewerbe gegeben werden.
Diese von der Fachgruppe Dark Sky empfohlenen Maßnahmen umfassen folgende
Punkte: Künstliches Licht sollte nachts nur eingesetzt werden, wenn es unbedingt
notwendig ist. Insbesondere naturnahe Bereiche sollten nicht beleuchtet werden.
Licht sollte zudem mithilfe von voll abgeschirmten Leuchten nur dorthin gelenkt
werden, wo es benötigt wird, auf die Verkehrs- oder tatsächlich zu beleuchtende
Fläche. Insbesondere sollten keine Naturelemente (Bäume, Felsen, Gewässer)
angestrahlt werden. Zudem darf kein Licht unnütz nach oben und horizontal
abstrahlen. Diese Maßnahme hilft auch Blendung zu vermeiden.
Die Lichtmenge sollte möglichst gering gewählt werden, oft ist eine
gleichmäßige Beleuchtungsstärke von wenigen Lux ausreichend. Licht sollte zudem
nur bedarfsorientiert eingeschaltet werden, etwa durch Einsatz von
Zeitschaltuhren, Schaltern oder Bewegungsmeldern. Weißes Licht sollte möglichst
wenige Blauanteile enthalten. Deswegen ist warmweißes und gelbes Licht mit einer
äquivalenten Farbtemperatur von weniger als 2700 Kelvin, keineswegs aber über
3000 Kelvin, einzusetzen.
Da diese Maßnahmen leicht zu realisieren sind, fordert die VdS-Fachgruppe
Dark Sky endlich ihre schnelle Umsetzung: Kommunen sollten sie bei ihren
Planungen und Umrüstungen berücksichtigen, etwa indem sie sie in Lichtsatzungen,
Lichtmasterplänen oder in Bebauungsplänen einbringen. Zudem sollten Fördermittel
an die Umsetzung dieser Maßnahmen geknüpft und Architekten, Lichtplaner und
ausführende Elektrofirmen für diese Maßnahmen sensibilisiert werden. Private
Haushalte und Handel sollten außerdem durch umfassende Informationen zur
Umsetzung der Maßnahmen angeregt werden.
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