Erste 3D-Bilder aus engem Formationsflug
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
19. Oktober 2010
Erst in der vergangenen Woche begann das Satellitenduo aus TanDEM-X und
TerraSAR-X einen engen Formationsflug, heute schon stellte das Deutsche
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) die ersten Ergebnisse der gemeinsamen
Abtastung der Erdoberfläche vor: unter anderem eine 3D-Ansicht des Vulkans Ätna an der
Ostküste Siziliens.

Die erste bistatische Aufnahme der beiden
Radarsatelliten TanDEM-X und TerraSAR-X zeigt den
italienischen Vulkan Ätna an der Ostküste
Siziliens. Links im Bild, unterhalb der
Vulkanflanke, liegt die Stadt Catania, erkennbar
als Ansammlung heller Punkte. Die Aufnahme, bei
der die Satelliten in einem Abstand von nur 350
Metern flogen, ist weltweit die erste, die in
einer so engen Satellitenformation gemacht wurde.
Bild: DLR [vergrößerte Gesamtansicht]

Größere Unterschiede zwischen dem Höhenmodell
des SRTM von 2000 und dem aktuellen TanDEM-X-Höhenmodell
sind auf diesem TanDEM-X-Radarbild des Ätnas
farbig markiert. Dies sind zum einen die feineren
Höhenstrukturen, die von SRTM nicht gesehen
werden konnten, zum anderen die neuen Lavaströme
und Höhenveränderungen an den Kratern. So
erfolgte zum Beispiel ein Ausfluss 2001 in
Richtung Süden (links im Bild), während der
Großteil der Veränderungen im zentralen Valle del
Bove jüngeren Ursprungs ist.
Bild: DLR[Großansicht] |
Bei einem Überflug über den italienischen Vulkan Ätna hat das
Satellitenpaar TanDEM-X und TerraSAR-X erstmals auf
die Mikrosekunde genau gleichzeitig die Erdoberfläche aufgenommen. Mit
den aufgezeichneten Daten erstellten Wissenschaftler des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein dreidimensionales Höhenmodell
mit einer bisher noch nicht erreichten Höhengenauigkeit von bis zu zwei
Metern. Die Aufnahme, bei der die Satelliten in einem Abstand von nur
350 Metern flogen, ist weltweit die erste, die in einer so engen
Satellitenformation gemacht wurde.
Die Aufnahme zeigt den Vulkan Ätna an der Ostküste Siziliens, an den
Ausläufern des Vulkans ist links im Bild die Stadt Catania als
Ansammlung heller Punkte zu erkennen. Die 3D-Ansicht des Vulkans wurde
mit den Daten prozessiert, die TanDEM-X und TerraSAR-X
aufzeichneten. Dies geschieht im bi-statischen Prinzip, bei dem einer
der Satelliten ein Radarsignal zur Erde sendet und die Reflektion dieses
Signals von beiden Satelliten gleichzeitig empfangen wird. Dabei
entsteht ein hochgenaues dreidimensionales Höhenmodell im
12-Meter-Raster. Eine ähnliche Aufnahmetechnik wurde bei der Shuttle
Radar Topography Mission (SRTM) im Februar 2000 angewandt, bei der
jedoch lediglich 60 Prozent der Erdoberfläche in einer gröberen
Auflösung (alle 30 bis 90 Meter ein Höhenmesspunkt) erfasst wurden.
Ein Vergleich des TanDEM-X-Höhenmodells mit den Daten, die mit
SRTM vor zehn Jahren aufgezeichnet wurden, macht die verbesserte
Präzision deutlich: Vor allem im Bereich des eigentlichen Kraters und
entlang der Vulkanflanken ergeben sich Unterschiede bis zu 30 Metern.
Zum einen liegt dies an der größeren Genauigkeit der gemessenen Höhen
durch TanDEM-X und TerraSAR-X: Die beiden
Radarsatelliten zeichnen bei ihrem Überflug in über 500 Kilometern Höhe
auch die vielen feinen Strukturen am Ätna auf, die für das SRTM nicht
erkennbar waren.
Zum anderen hat sich der Vulkan und seine Umgebung im Laufe der Jahre
verändert: Links im Bild ist in Richtung Süden beispielsweise ein
Lavastrom aus dem Jahr 2001 zu erkennen. Die aktuellen Aufnahmen mit
einem feineren Raster ermöglichen also auch die Beobachtung von
geodynamischen Prozessen, da das Satellitenduo bei der Erstellung eines
dreidimensionalen Höhenmodells der gesamten Erdoberfläche jedes Gebiet
mehrfach überfliegt und aufzeichnet.
Das Satelliten-Duo machte auch Messungen am isländischen Vulkan
Eyjafjalla, dessen Asche-Ausstoß im Frühjahr 2010 in Europa für
Flugverbote sorgte. Gebiete wie Island können mit den Radarsatelliten im
Formationsflug erstmals mit ihren Höhen kartiert werden, denn während
der Shuttle-Mission SRTM reichte die Erstellung von Höhenmodellen nur
bis zum 60. Breitengrad.
Um dreidimensionale Höhenmodelle in dieser Genauigkeit zu erstellen,
betraten das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und die Astrium
GmbH Neuland: Unter anderem patentierten sie Verfahren, bei dem die
Satelliten zur gegenseitigen Synchronisation Radarpulse austauschen.
Damit ist gewährleistet, dass TanDEM-X und TerraSAR-X
auf die Mikrosekunde genau gleichzeitig dieselben Gebiete aufzeichnen.
Bisher ließen die Wissenschaftler des DLR beide Satelliten, die noch im
Abstand von 20 Kilometern flogen, zeitlich versetzt auf die Erdkugel
blicken und erstellten dabei etwa 2000 Höhenmodelle unterschiedlicher
Regionen. Die jetzt erstellten Höhenmodelle wurden hingegen aus Daten
prozessiert, die die Satelliten zeitgleich aufzeichneten.
Für die automatische Berechnung der 3D-Höhenmodelle entwickelte das DLR
speziell auf die Mission abgestimmte Algorithmen. "Die Verarbeitung der
bi-statischen Datenpaare ist eine große Herausforderung. Alles muss
exakt zusammenpassen, um diese Präzision zu erreichen. Von den
Synchronisationssignalen bis zu millimetergenauen Orbit-Berechnungen
fließen vielfältige Informationen in die Algorithmen ein", sagt Thomas
Fritz vom DLR. "Alle beteiligten Systeme von der Berechnung und Planung
der Aufnahmen bis hin zur Verarbeitung der Höhendaten haben bestens
funktioniert", bestätigt Birgit Schättler, zuständig für die
Inbetriebnahme des Bodensegments.
Der flexible Formationsflug und der bi-statische Betrieb der beiden
Radarsatelliten ermöglichen es, die gewonnenen Daten für verschiedenste
Untersuchungen der Erde auszuwerten. Erstmals können jetzt auch
beispielsweise Wasserflächen ohne Störungen aufgezeichnete werden. Dabei
erstellen die Satelliten zeitsynchron eine Momentaufnahme des Gebiets.
In einem ersten erfolgreichen Test beobachteten die Wissenschaftler des
DLR die Inseln des Franz-Josef-Landes im Nordpolarmeer. Wie im Moment
eingefroren sind sogar die Wellenmuster des Wassers in dem Höhenmodell
der Inselgruppe zu erkennen. Forscher aus der Ozeanographie oder der
Klimaforschung können mit solchen Aufnahmen unter anderem die
Meeresströmung genau untersuchen.
Die ersten Aufnahmen im engen Formationsflug sind die Basis für das
Missionsziel: Ab 2011 werden die beiden Satelliten drei Jahre lang
systematisch die komplette Landoberfläche der Erde mehrfach mit größter
Präzision vermessen. Dabei können die Radarsatelliten von Wetter und
Wolken unbeeinträchtigt rund um die Uhr die 150 Millionen
Quadratkilometer Erdoberfläche beobachten. Die gewonnenen Daten können
unter anderem für die Kartierung von Landschaftsnutzung und
Städteplanung sowie Navigation, aber auch für die Einsatzplanung in
Katastrophengebieten eingesetzt werden. Sie dienen auch der
wissenschaftlichen Erforschung beispielsweise von Gletschern,
Erdbebengebieten oder Vulkanregionen.
Das DLR ist verantwortlich für die wissenschaftliche Nutzung der
TanDEM-X-Daten, die Planung und Durchführung der Mission, sowie die
Steuerung der beiden Satelliten und die Erzeugung des digitalen
Höhenmodells. Astrium hat den Satelliten gebaut und ist an den Kosten
für die Entwicklung und Nutzung beteiligt. Wie bei TerraSAR-X
ist die Infoterra GmbH, ein Tochterunternehmen von Astrium,
verantwortlich für die kommerzielle Vermarktung der TanDEM-X-Daten.
TanDEM-X wird im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Technologie in Form einer Public-Private-Partnership mit der Astrium
GmbH durchgeführt.
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