Zweiter deutscher Radarsatellit einsatzbereit
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
29. April 2010
Der zweite deutsche Radarsatellit TanDEM-X ist fertig gestellt und
getestet. Im Mai soll der Satellit nach Baikonur gebracht und einen Monat später
mit einer Dnjepr-Rakete gestartet werden. Zusammen mit dem
Zwillingssatelliten TerraSAR-X wird TanDEM-X die Datenbasis
für ein bislang einzigartiges digitales Höhenmodell der Erde liefern.

Die beiden Satelliten sollen im
Formationsflug die Erdoberfläche abtasten.
Bild: DLR |
Der deutsche Radarsatellit TanDEM-X ist fertig gestellt und
hat seine Weltraumtauglichkeit in einer speziellen Testreihe bei der
Firma IABG in Ottobrunn bei München unter Beweis gestellt. Der
Zwillingssatellit von TerraSAR-X ist in einer
öffentlich-privaten Partnerschaft (Public Private Partnership, PPP)
zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem
europäischen Raumfahrtunternehmen Astrium in Friedrichshafen gebaut
worden.
Am 11. Mai 2010 steht mit dem Flug vom Münchner Flughafen zum Weltraumbahnhof
Baikonur in Kasachstan die erste große Reise von TanDEM-X bevor. Der
Start ins All mit einer russischen Trägerrakete vom Typ Dnjepr soll am
21. Juni 2010 stattfinden. TanDEM-X wird zusammen mit dem nahezu
baugleichen, seit 2007 im All arbeitenden Satelliten TerraSAR-X
innerhalb von drei Jahren die Datenbasis für ein bislang einzigartiges digitales
Höhenmodell der Erde erfassen.
TanDEM-X und TerraSAR-X bilden dazu ein
Radar-Interferometer: Sie fliegen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt
in enger Formation und ermöglichen so zeitgleiche Aufnahmen des Geländes aus
verschiedenen Blickwinkeln. Das Satelliten-Duo soll die komplette Landoberfläche
der Erde, das sind 150 Millionen Quadratkilometer, in einem 12-Meter-Raster
(Straßenbreite) und einer relativen vertikalen Genauigkeit von besser als zwei
Metern bestimmen.
Zum Nachweis der Weltraumtauglichkeit führte die IABG umfangreiche Tests an
dem Satelliten durch. Das Programm umfasste die Prüfung der elektromagnetischen
Verträglichkeit, Thermal-Vakuum-Tests inklusive Sonnensimulation,
Vibrationstests, Akustiktests sowie die Bestimmung der Masse-Eigenschaften des
Satelliten. Eine Besonderheit im Zuge der Testkampagne stellte der so genannte
"Boom-Release-Test" dar. Dabei wurden die Schockbelastungen im Satelliten
untersucht, die durch den Ausklappvorgang der Antenne im Weltraum ausgelöst
werden. Die Qualifikationstests führte die IABG in ihrem Raumfahrtzentrum am
Standort Ottobrunn durch, das zu den von der Europäischen Weltraumorganisation
ESA koordinierten Testzentren gehört.
Das PPP-Abkommen zwischen Astrium und dem DLR regelt unter anderem die
Finanzierung und Datennutzung von TanDEM-X. 59 Millionen Euro trägt das
DLR, 26 Millionen Euro steuert das europäische Raumfahrtunternehmen Astrium zum
Gesamtvolumen von 85 Millionen Euro bei. Das DLR entwickelt zudem das für die
Mission notwendige Bodensegment und ist verantwortlich für die Planung und
Durchführung der Mission, ebenso für die Steuerung der beiden Satelliten und die
Erzeugung des digitalen Höhenmodells.
Die Nutzung der Daten für wissenschaftliche Zwecke wird vom DLR-Institut für
Hochfrequenztechnik und Radarsysteme koordiniert. Die Anpassung des Höhenmodells
an die Bedürfnisse kommerzieller Nutzer sowie dessen weltweite Vermarktung
übernimmt, wie auch schon bei TerraSAR-X, die Infoterra GmbH in
Friedrichshafen, eine hundertprozentige Astrium-Tochtergesellschaft, die extra
zu diesem Zweck gegründet worden war.
Der entscheidende Vorteil der satellitengestützten Vermessung der Erde liegt
in der Erzeugung eines weltweit einheitlichen, homogenen Geländemodells ohne
Brüche an regionalen oder Ländergrenzen sowie Inhomogenitäten, die aus
unterschiedlichen Messverfahren und zeitlich gestaffelten Messkampagnen
entstehen. Hierbei spielt der Einsatz des Radars eine entscheidende Rolle, da es
vollkommen unabhängig von Wetter und Wolken bei Tag und Nacht betrieben werden
kann. Das Verfahren ist derzeit konkurrenzlos und findet insbesondere in den USA
Beachtung.
TanDEM-X ist ein Schlüsselprojekt zur Demonstration, zur Sicherung und zum
Ausbau der deutschen Kompetenz und Wettbewerbsfähigkeit in der
satellitengestützten Radartechnik. Deutschland wird mit dem digitalen
Geländemodell der Erde über ein weltweit einmaliges Datenprodukt verfügen,
welches - neben vielen wissenschaftlichen Anwendungsmöglichkeiten - zum Beispiel
von Einrichtungen wie dem DLR-Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation
(ZKI) sowie Programmen und Initiativen wie GMES (Global Monitoring for
Environment and Security) und GEOSS (Global Earth Observation System of
Systems) und auch sicherheitsrelevanten Kooperationsabkommen genutzt werden
kann.
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