Satellit liefert erste 3D-Bilder
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
22. Juli 2010
Heute präsentierten Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft-und
Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen die ersten 3D-Bilder aus der
Satellitenmission TanDEM-X. Nur einen Monat nach dem Start des
Satelliten am 21. Juni 2010 erstellten die DLR-Wissenschaftler damit ihr erstes
digitales Höhenmodell - knapp eine Woche vor dem Zeitplan. Als Abbildung wurde
eine Inselgruppe im russischen Nordpolarmeer gewählt.
In der Bildmitte dieser TanDEM-Aufnahme sind
Eisschollen im gefrorenen Meereis vor der Küste
der Oktoberrevolutions-Insel zu erkennen. Sie
ragen etwa drei bis zehn Meter über die
Meereisfläche. Die glatten Strukturen am linken
Bildrand (siehe Großansicht) zeigen die felsige
Küste der Oktoberrevolutions-Insel. Ganz im
Hintergrund, rechts und links von einem größeren
Felsbrocken, sind zwei Gletscherzungen zu sehen,
die an dieser Stelle ins Meer münden.
Bild: DLR [Großansicht] |
Schon die ersten, am 22. Juli 2010 vorgestellten Höhenmodelle zeigen
erstaunliche Ansichten der vereisten russischen
Oktoberrevolutions-Insel, der größten Insel der Sewernaja-Semlja-Gruppe.
Nie zuvor konnten aus dem Weltraum Details wie die Höhe der Gletscher
und einzelner treibender Eisschollen mit einer Präzision von wenigen
Zentimetern vermessen werden. Auch die Höhe einer ausgedehnten Eiskappe
in der Mitte der Insel wird genau abgebildet. Von dieser bizarren Welt
gab es bisher keine Daten dieser Qualität - auch die internationale
Shuttle Radar Topography Mission von NASA, DLR und anderen
Raumfahrtagenturen im Jahre 2000 konnte nicht in diese für die
Klimaforschung so wichtigen Polargebiete vordringen.
Damit 3D-Bilder und Höhenmodelle aufgenommen werden können, müssen TanDEM-X
und sein seit 2007 im All fliegender Zwillingssatellit TerraSAR-X in
enger Formation fliegen und zeitgleich dieselbe Erdregion aus einem anderen
Sichtwinkel aufnehmen. Diesen engen Formationsflug haben die beiden Satelliten
derzeit noch nicht erreicht. Die DLR-Wissenschaftler konnten ihre ersten
3D-Bilder dennoch erstellen, indem sie den optimalen Zeitpunkt abpassten, zu dem
sich die beiden Satelliten auf ihrer nahezu gleichen polaren Umlaufbahn fast
begegneten.
Am Nordpol kreuzen sich die "Bodenspuren", also die gedachten Umlaufbahnen
der beiden Satelliten, über der Erdoberfläche. Wenn beide Satelliten auf diese
gedachte Kreuzung zufliegen – natürlich etwas zeitversetzt - nähern sie sich
einander an. Am 16. Juli 2010 nutzten die Wissenschaftler die besondere
Konstellation der beiden Satelliten und erstellten das erste Höhenmodell bei
einem Abstand der beiden Satelliten zueinander von 370 Kilometern.
Da dieser Abstand immer noch verhältnismäßig groß ist, mussten die
Radarexperten dafür tief in die Trickkiste greifen und die Flexibilität der
beiden Satelliten voll ausreizen: Damit die Satelliten zeitgleich das gleiche
Gebiet aufnehmen konnten, waren die Antennen nicht senkrecht auf die Erde
gerichtet sondern zur Seite geschwenkt. Die beiden Antennen "schielten" damit
aus dem All auf den gleichen Punkt auf der Erde. Über die speziell
ausgerichteten Antennen wurden die Daten aufgenommen und dann zur Erde gefunkt.
"Wir sind erleichtert, dass diese ersten Aufnahmen so gut verlaufen sind. Das
bedeutet, dass das Zusammenspiel der beiden Satelliten auch bereits in diesem
ersten Stadium hervorragend funktioniert, die Orbits hochgenau kontrolliert
werden und auch unsere Bodensysteme damit klar gekommen sind," stellt TanDEM-X-Systemingenieur
Dr. Gerhard Krieger fest, der die Idee zu diesem besonderen Versuch hatte.
Mit dem erfolgreichen Experiment erfolgte der Startschuss für weitere
3D-Bilder. Die sich annähernden Satelliten erlaubten im Folgenden auch
Testaufnahmen von Geländeabschnitten in mittleren Breiten. So entstand kurz
darauf das erste Höhenmodell (Digital Elevation Measurement, DEM) eines etwa 50
mal 30 Kilometer großen Gebietes in der südrussischen Region bei Kalatsch am
Don, etwa 100 Kilometer nordwestlich von Wolgograd entfernt. Es handelt sich um
ein Gebiet, das schon Ziel der allerersten Radaraufnahme des TerraSAR-X-Satelliten
war.
"Diese neuen Höhendaten-Aufnahmen geben bereits einen ersten Eindruck von den
DEM-Produkten der TanDEM-X Mission. Erstmals sieht man in derartigen
Bildern selbst die minimalen Höhenunterschiede von Straßen, Ackergrenzen und
Flussläufen. Dies eröffnet jetzt schon fantastische Aussichten für die Anwendung
dieser Daten - zum Beispiel für die Vorhersage von Überflutungsgebieten im
Katastrophenfall", erklärt der für die Verarbeitung dieser Daten zu
Höhenmodellen verantwortliche DLR-Ingenieur Dr. Thomas Fritz.
Der Abstand von TerraSAR-X und TanDEM-X wurde in der
Zwischenzeit auf 20 Kilometer reduziert und wird für die kommenden Monate
beibehalten. In dieser Zeit finden umfangreiche Systemtests und
Kalibrieraktivitäten statt. Im Herbst 2010 beginnt dann der Flug in der engen
Formation. Dabei wird der Abstand der beiden Satelliten zunächst auf 500 Meter
und im Anschluss für den Zeitraum der Aufnahme der Höhenmodelle auf 200 Meter
verringert.
|
|