Extremely Large Telescope zur Hälfte fertig
von
Stefan Deiters astronews.com
12. Juli 2023
Es ist zwar nur eine Zahl in den Tabellen der
Projektverantwortlichen, doch trotzdem ist man bei der europäischen
Südsternwarte ESO ein wenig stolz: Das Extremely Large Telescope, das seit
einigen Jahren in der chilenischen Atacamawüste gebaut wird, ist zu 50 Prozent
fertiggestellt. Auf dem Cerro Armazones wird gerade die Kuppel gebaut, erste
wissenschaftliche Beobachtungen sind 2028 geplant.
Blick auf die Baustelle des Extremely Large Telescope auf dem
Cerro Armazones bei Nacht.
Foto: ESO [Großansicht] |
Das Extremely Large Telescope (ELT) der europäischen Südsternwarte ESO wird
einmal über einen 39 Meter durchmessenden Hauptspiegel verfügen und das
größte Teleskop der Welt für Beobachtungen im sichtbaren Bereich des Lichts
und im nahen Infrarot sein. Es entsteht gerade auf dem Cerro Armazones in der
chilenischen Atacamawüste, nicht weit entfernt vom Very Large Telescope.
Aktuell wird dort die Struktur der Teleskopkuppel gebaut. In den Tabellen
des Projektmanagements wurde für den gesamten Bau nun ein wichtiger
Meilenstein erreicht: 50 Prozent des Extremely Large Telescope sind fertiggestellt - so das Ergebnis einer "Earned Value Analysis" der
Verantwortlichen.
Gebaut wird nicht nur in Chile. Die Entwicklung des speziellen optischen
Design aus fünf Spiegeln findet in Europa statt: Das entscheidende Element dabei
ist der riesige Hauptspiegel (M1), der aus 798 sechseckigen Segmenten besteht.
Inzwischen sind mehr als 70 Prozent der Rohlinge und Stützen für diese Segmente
gefertigt. Die Spiegel M2 und M3 werden derzeit gegossen und poliert. Beim
Spiegel M4 handelt es sich um einen adaptiven, flexiblen Spiegel, der seine Form
tausendmal pro Sekunde anpasst, um so Beeinträchtigungen der Beobachtungen durch
die Luftunruhe zu kompensieren. Alle sechs dünnen Segmente dieses Spiegels sind
vollständig fertiggestellt und werden nun in die dafür vorgesehenen Halterungen
eingebaut. Zudem arbeiten Teams an den Steuerungssystemen und anderen
Komponenten für den Teleskopbetrieb. Alle vier der ersten wissenschaftlichen
Instrumente, mit denen das ELT ausgestattet wird, befinden sich in der letzten
Entwurfsphase oder werden schon gebaut.
Der Startschuss für den Bau des ELT der ESO fiel vor neun Jahren mit
einem Spatenstich. Die Spitze des Cerro Armazones wurde 2014 abgeflacht, um
Platz für das Riesenteleskop zu schaffen. Es wird jedoch erwartet, dass die
Fertigstellung der verbleibenden 50 Prozent des Projekts deutlich schneller
realisiert werden kann als der Bau der ersten Hälfte, die auch langwierige
Designprozesse und Tests umfasste. Darüber hinaus war der Baufortschritt durch
die COVID-19-Pandemie beeinträchtigt, da der Standort für mehrere Monate
geschlossen war und sich die Produktion vieler Teleskopkomponenten verzögerte.
Nun hofft man, dass das Teleskop in fünf Jahren fertig ist.
"Das ELT ist das größte der nächsten Generation bodengestützter optischer und
Nahinfrarot-Teleskope und dasjenige, das in seiner Konstruktion am weitesten
fortgeschritten ist", freut sich ESO-Generaldirektor Xavier Barcons. "Angesichts
der Herausforderungen, die große, komplexe Projekte mit sich bringen, ist es
keine Kleinigkeit, 50 Prozent der Arbeiten abzuschließen. Dies war nur möglich
dank des Engagements aller Beschäftigten der ESO, der kontinuierlichen
Unterstützung durch die ESO-Mitgliedstaaten und des Engagements unserer Partner
aus der Industrie und den Instrumentenkonsortien. Ich bin sehr stolz, dass das
ELT diesen Meilenstein erreicht hat."
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