Design der Kamera für Riesenteleskop beginnt
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
7. Oktober 2015
In Chile haben gerade die Bauarbeiten für das weltgrößte
optische Teleskop, das European Extremely Large Telescope (E-ELT),
begonnen. In Europa beschäftigt man sich inzwischen mit den Instrumenten für das
Riesenteleskop. Für MICADO, die erste Kamera des E-ELT, begann jetzt die
Designphase. Bau und Entwicklung werden fast zehn Jahre in Anspruch nehmen.

Die MICADO-Kamera wird von einem Konsortium
europäischer Institute in Zusammenarbeit mit der
ESO entwickelt und gebaut. MICADO wird die erste
bildgebende Kamera an dem neuen, riesigen
Teleskop E-ELT sein und eine neue Ära
astronomischer Präzisionsmessungen einläuten.
Dieses Zeichnung zeigt, wie das Instrument am
Teleskop installiert werden wird.
Bild: ESO / MICADO Konsortium [Großansicht] |
Für die MICADO-Kamera, das Instrument mit dem das European Extremely
Large Telescope (E-ELT) seine ersten Bilder machen wird, beginnt eine neue
Phase: In einer gemeinsamen Absichtserklärung auf der "Kick-off"-Konferenz in
Wien bestätigten die Partner in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden,
Österreich und Italien ihre Teilnahme am Projekt.
Zwei Wochen zuvor, am 18. September, hatten das Konsortium und die
Europäische Südsternwarte (ESO), die das Teleskop baut, den entsprechenden
Kooperationsvertrag unterzeichnet. Nach diesen Meilensteinen tritt das Projekt
nun in die Designphase ein. Als erste, dedizierte Kamera für das E-ELT wird
MICADO beugungsbegrenzte Abbildungen bei Nah-Infrarot-Wellenlängen
(Wärmestrahlung) mit dem Riesenteleskop erlauben.
MICADO, die "Multi-AO Imaging Camera for Deep Observations", wurde für das
European Extremely Large Telescope (E-ELT), ein Teleskop mit 39 Metern
Spiegeldurchmesser, konzipiert. Dieses revolutionäre Teleskop wird das größte
optische bzw. Nah-Infrarot-Teleskop der Welt sein und etwa 15 Mal mehr Licht
sammeln als die heute existierenden größten optischen Teleskope.
Die MICADO-Kamera wird beugungsbegrenzte Abbildungen bei
Nah-Infrarot-Wellenlängen ermöglichen und eine neue Ära astronomischer
Präzisionsmessungen einläuten. Um die Verzerrungen durch die turbulente
Atmosphäre der Erde zu korrigieren, wird MICADO für die Nutzung von adaptiver
Optik (AO) optimiert: einem einfachen AO-Modus (SCAO), um einzelne Zielobjekte
korrigieren zu können, und einem leistungsfähigeren Modus, um auch bei
Beobachtungen über ein großes Sichtfeld scharfe Bilder zu erhalten. Dies wird
durch das Instrument MAORY ermöglicht werden.
Das Leistungsvermögen von MICADO wird genau auf die einzigartigen
Eigenschaften des neuen Teleskops abgestimmt, um Entdeckungen und Untersuchungen
neuer oder unbekannter astrophysikalischer Phänomene zu erlauben. So wird es die
hohe Empfindlichkeit beispielsweise ermöglichen, schwächste Sterne und die am
weitesten entfernten Galaxien nachzuweisen.
Die beispiellose räumliche Auflösung wird Strukturen und Details in Nebeln
und Galaxien aufzeigen, die weit über das hinausgehen, was derzeit möglich ist.
So kann zum Beispiel durch die Auflösung einzelner Sterne in entfernten Galaxien
deren Sternentstehungsgeschichte und -entwicklung untersucht werden. Und mit der
hervorragenden astrometrischen Präzision von MICADO werden viele astronomische
Objekte nicht mehr wie bisher statisch erscheinen, sondern ihre wahre Dynamik
preisgeben.
Die Messungen der winzigen Bewegungen von Sternen in Sternhaufen werden
Schwarze Löcher verraten, die sich in diesen Haufen verbergen; verfolgt man die
Bewegungen der Sternhaufen, so erhält man neue Erkenntnisse darüber, wie sich
unsere Milchstraße gebildet hat. Darüber hinaus wird MICADO auch einen
speziellen Beobachtungsmodus enthalten, mit dem extrasolare Planeten direkt
nachgewiesen und untersucht werden können, sowie einen anderen Modus um Spektren
von kompakten Objekten aufzuzeichnen.
"Wir sehen einer wirklich aufregenden Zukunft entgegen: die großartigen
Messungen, die wir mit unserer Kamera an diesem Riesenteleskop machen können,
werden uns spannende neue Erkenntnisse liefern", sagt Ric Davies,
Wissenschaftler am MPE und MICADO-Projektleiter. "Aber das Projekt stellt auch
extreme Herausforderungen an alle Beteiligten, und ich bin froh, ein solch
kompetentes und enthusiastisches Team zu haben."
Das MICADO-Instrument wird von einem Konsortium aus europäischen Instituten
in Zusammenarbeit mit der ESO entwickelt und gebaut. Alle Partner können auf
eine lange Tradition zurückblicken, in der sie gemeinsam optische und
Infrarot-Instrumentierung der Weltklasse entworfen und gebaut haben. Das Projekt
wird voraussichtlich fast zehn Jahre in Anspruch nehmen - vom Beginn der
aktuellen Designphase bis zur endgültigen Inbetriebnahme. Die erste Beobachtung
(das "First Light") für E-ELT und MICADO ist für 2024 geplant.
Als federführendes Institut ist das Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik (MPE)für das gesamte Projektmanagement und die
Systementwicklung verantwortlich und repräsentiert das Konsortium gegenüber der
ESO. Darüber hinaus übernimmt das Team am MPE die Führung bei der Entwicklung
und dem Bau des MICADO-Kryostaten und der "kalten" Optik.
Als Instrument für Infrarot-Wellenlängen muss die gesamte MICADO-Kamera mit
flüssigem Stickstoff auf eine Temperatur von etwa -196 Grad Celsius gekühlt
werden - sonst würde es nur sich selbst "sehen". Dies bedeutet, dass auch die
Optik im Inneren des Kryostaten, also die Spiegel und Linsen, die das Licht vom
Teleskop zu den eigentlichen Detektoren leiten, in dieser kalten Umgebung
arbeiten muss, was ganz besondere Herausforderungen an Material und
Positionierung stellt.
Die ESO unterstützt die Entwicklung der MICADO-Kamera als assoziiertes
Mitglied des Konsortiums und ist verantwortlich für zwei wichtige Bereiche: die
Entwicklung und Beschaffung der wissenschaftlichen Detektorsysteme und das
Design des Kamerasystems für die adaptive Optik mit dem dazugehörigen
Computersystem, das in Echtzeit arbeiten muss. Beide Aufgaben werden von ESO für
alle E-ELT-Instrumente übernommen. Daneben ist die ESO auch für die
Schnittstelle zwischen der MICADO-Kamera und dem adaptiven Optik-Instrument
MAORY verantwortlich.
|