Erklärung für unerwartet großen Krater auf Ryugu
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
2. Dezember 2022
Der Einschlag eines Projektils, das von der
japanischen Sonde Hayabusa2 auf den Asteroiden Ryugu gelenkt wurde, hat einen
unerwartet großen Krater erzeugt. Nun ist es Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern gelungen, anhand von Simulationen daraus neue Erkenntnisse zur
Entstehung und Entwicklung von Asteroiden zu gewinnen.
Simulation des Einschlags des Small Carry-on
Impactors: a) – c) Snapshots der Simulation bei
verschiedenen Zeiten t. Bei t = 1200 Sekunden ist die
Kraterentwicklung zu Ende. d) der entstandene
Krater auf Asteroid Ryugu.
Bild: zvg
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Die Datierung der Oberflächen von Himmelskörpern erfolgt durch das Zählen der
Größe und Häufigkeit von Kratern. Diese Altersschätzungen können sehr ungenau
sein, da man nicht weiß, wie das Material der Oberfläche eines Asteroiden auf
einen Einschlag von einem anderen Himmelskörper reagiert. Um die Geschichte des
Asteroiden Ryugu zu erforschen, wurde die Raumsonde Hayabusa2
entwickelt, die auch Proben gesammelt und sie zur Laboranalyse zur Erde
zurückgebracht hat. Beteiligt am Projekt sind Dr. Martin Jutzi und Dr. Sabina
Raducan, beide vom Physikalischen Institut der Universität Bern, Abteilung für
Weltraumforschung und Planetologie und Mitglieder beim Nationalen
Forschungsschwerpunkts PlanetS.
Zur Erkundung der Asteroideneigenschaften wurde im Rahmen der Weltraummission
Hayabusa2 ein sogenannter "Small Carry-on Impactor" auf die Oberfläche
des Asteroiden Ryugu geschossen. "Der durch den Einschlag erzeugte Krater erwies
sich als viel grösser als erwartet. Wir haben also versucht, das Ergebnis des
Einschlags auf Ryugu anhand von Simulationen zu reproduzieren, um
herauszufinden, welche Eigenschaften das Material auf der Oberfläche des
Asteroiden haben muss", erklärt Jutzi.
Die Beschaffenheit und die Größe eines Einschlagkraters auf einem Asteroiden
werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Zum einen durch die spezifischen
Eigenschaften des Projektils, zum anderen durch die Eigenschaften des
Asteroiden, beispielsweise dessen Festigkeit oder Schwerkraft. "Die Größe und
Beschaffenheit des Kraters, der aus dem Einschlag resultiert, kann eine direkte
Diagnose der Materialeigenschaften und der oberflächennahen Struktur des
Asteroiden liefern", sagt Jutzi. Die Untersuchung des Kraterbildungsprozesses
habe daher wichtige Auswirkungen auf das Verständnis der geologischen und
geophysikalischen Entwicklung von Asteroiden.
"Wie Kraterbildung bei niedriger Schwerkraft funktioniert, blieb bisher
weitgehend unerforscht. Das liegt daran, dass diese Einschlagsbedingungen in
Laborexperimenten auf der Erde nicht nachgebildet werden können", erklärt
Raducan, die das Projekt gemeinsam mit Jutzi leitet. Die Forschenden zeigten,
dass der Asteroid wahrscheinlich eine sehr lockere innere Struktur hat und nur
durch sehr kleine Kohäsionskräfte und Gravitationswechselwirkungen
zusammengehalten wird. "Geht man von diesen Bedingungen aus, sind wir in der
Lage, mit unseren numerischen Simulationen das Ergebnis des Einschlags auf Ryugu
zu reproduzieren", so Raducan.
Die aus den Ergebnissen abgeleiteten Beziehungen zwischen den
Projektil-Eigenschaften und Kratergröße deuten darauf hin, dass die Oberflächen
kleiner Asteroiden sehr jung sein müssen. "Unsere Ergebnisse zeigen zudem, dass
eine geringe Kohäsion die Kraterbildung stark beeinflussen kann. Auf Ryugu gibt
es verschiedene geologische Oberflächeneinheiten, die ein unterschiedliches
Alter haben. Dies könnte auf den Einfluss der Kohäsion zurückzuführen sein",
ergänzt Jutzi.
Die Arbeit von Jutzi und Raducan ist auch für wichtig für die NASA-Mission
Double Asteroid Redirection Test (DART), an der die beiden ebenfalls
beteiligt sind. DART ist der weltweit erste vollumfängliche Test zur
planetarischen Verteidigung gegen mögliche Asteroideneinschläge auf der Erde. Im
Rahmen der DART-Mission ist am 27. September 2022 eine Sonde mit dem Asteroiden
Dimorphos kollidiert, um diesen von seiner Umlaufbahn abzulenken. "Die
Erkenntnisse der Simulationen zum Einschlag auf Ryugu hilft auch bei der Analyse
der Resultate der DART-Mission weiter", erklärt Jutzi. "Wir sind daran, die neue
entwickelten Modelle auf DART anzuwenden, um damit Erkenntnisse über die
Eigenschaften von Dimorphos zu gewinnen. Unsere ersten Simulationen sehen sehr
vielversprechend aus", ergänzt Raducan.
Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift
Nature Communications publiziert.
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