Zusammensetzung ähnelt Photosphäre der Sonne
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bayreuth astronews.com
14. Juni 2022
Die Raumsonde Hayabusa2 brachte Ende 2020 einige
Gramm des Asteroiden Ryugu zur Erde, die man seitdem intensiv untersucht hat.
Nun wurden einige spannende Ergebnisse vorgestellt: So dürfte der Asteroid aus
den äußeren Regionen des Sonnensystems stammen. Seine chemische Zusammensetzung
ähnelt zudem der der Photosphäre der Sonne.
Aufnahme des Asteroiden (162173) Ryugu der
Raumsonde Hayabusa2.
Bild: JAXA, University of Tokyo, Kochi
University, Rikkyo University, Nagoya University,
Chiba Institute of Technology, Meiji University,
University of Aizu and AIST.University of Aizu,
Kobe University, Auburn University, JAXA
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Die Raumsonde Hayabusa2 der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA hatte
2019 Proben von dem rund 900 Meter durchmessenden Asteroiden (162173) Ryugu
gesammelt und in einer Kapsel zur Erde zurückgeschickt. Diese Proben werden
inzwischen von Forschungsteams auf der ganzen Welt untersucht. Man verspricht
sich von ihrer Analyse neue Erkenntnisse über die Entstehung des Sonnensystems
und die chemische Zusammensetzung der terrestrischen Planeten. Jetzt wurden
erste Ergebnisse vorgestellt.
Unter Bouviers Leitung wird die Erforschung von Weltraumgestein am BGI weiter
intensiviert. Neben Asteroiden werden hier in den kommenden Jahren auch
Gesteinsproben von Mars und Mond untersucht. Prof. Dr. Audrey Bouvier ist
Mitglied des internationalen Forschungsteams, das an den ersten, in Japan
durchgeführten chemischen Analysen der Ryugu-Gesteinsproben beteiligt war.
Im Gegensatz zu den zahlreichen Meteoriten, die auf der Erdoberfläche
eingeschlagen sind, haben die vom Asteroiden entnommenen Proben einen
entscheidenden Vorteil: Sie sind garantiert nicht durch den Eintritt in die
Erdatmosphäre oder den Aufenthalt auf der Erde chemisch verändert worden. Sie
sind so entstanden, wie sie sind: im Weltraum. Die von Hayabusa2 zur
Erde gesandten Gesteinsproben hatten ein Gesamtgewicht von etwas mehr als 5,4
Gramm.
"Als die Probenbehälter schließlich in Japan geöffnet wurden, war die
Überraschung groß, denn es handelte sich um weitaus mehr Material, als wir
ursprünglich erwartet hatten", erinnert sich Prof. Dr. Audrey Bouvier,
Kosmochemikerin am Bayerischen Geoinstitut der Universität Bayreuth, die
Mitglied des internationalen Forschungsteams ist. "Die Proben in den Behältern
sahen aus wie dunkle Kieselsteine. Die meisten waren nur wenige Millimeter groß,
einige wenige waren größer – bis zu einem Zentimeter, was nahe an der maximalen
Größe liegt, die man bei der Probeentnahme an der Asteroid-Oberfläche erhalten
kann."
Bei ihrer Untersuchung von Ryugu entdeckten die Forscherinnen und Forscher,
dass die Mineralien in Kontakt mit einer wässrigen Flüssigkeit bei einer
Temperatur von etwa 37 Grad Celsius verändert wurden, aber nie Temperaturen von
über 100 Grad Celsius ausgesetzt waren. Chronologische Untersuchungen deuten
darauf hin, dass diese Veränderungen etwa fünf Millionen Jahre nach der
Entstehung der ersten Mineralien im Sonnensystem stattgefunden haben. Diese
Veränderungen fanden in einem der unzähligen Kleinstplaneten, den sogenannten
Planetesimalen statt, aus denen sich später die Planeten des Sonnensystems durch
Akkretion entwickelten. Auf dem Planetesimal, aus dem Ryugu herausgesprengt
wurde, könnte es reichlich Wasser gegeben haben, was eine wichtige Voraussetzung
für die Entstehung von Leben gewesen wäre.
Ein weiteres auffälliges Merkmal ist die Häufigkeit der in den Gesteinsproben
enthaltenen chemischen Elemente: Bei Ryugu ähnelt sie derjenigen von kohlenstoffhaltigen CI-Chondriten,
wie dem Meteoriten Ivuna. Bei ihnen ist die Ähnlichkeit mit der
Zusammensetzung der Photosphäre der Sonne besonders groß. Die Photosphäre ist die äußere Hülle
eines Sterns, von der Licht in den Weltraum abgestrahlt wird, so dass man daraus
seine chemische Zusammensetzung ableiten kann.
Die Analysen der Ryugu-Proben deuten außerdem darauf hin, dass der Asteroid
von einem Planetesimal abstammt, das sich am äußersten Rand des Sonnensystems
gebildet hat. Später wanderte Ryugu in das Innere des Sonnensystems und gelangte
auf seine heutige erdnahe Umlaufbahn um die Sonne. In der aktuellen Forschung
wird vermutet, dass Materialien, die am äußersten Rand des Sonnensystems
entstanden sind, zur Entstehung der Erde beigetragen haben könnten.
Kohlenstoffhaltige Materialien könnten eine wichtige Quelle für die sogenannten
flüchtigen Elemente auf der Erde gewesen sein. Flüchtige Elemente wie
Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff sind wesentliche Bestandteile der
Erdatmosphäre und der Ozeane und haben daher einen entscheidenden Anteil an der
Entstehung des Lebens.
Wenige Tage vor der Vorstellung der aktuellen Studie gab ein anderes
internationales Forschungsteam bekannt, dass in Gesteinsproben von Ryugu 20
verschiedene Aminosäuren nachgewiesen wurden. Aminosäuren sind die Bausteine des
Lebens auf der Erde. "Es ist das erste Mal, dass Aminosäuren entdeckt wurden,
die eindeutig nicht auf der Erde entstanden sind oder verändert wurden. Auch vor
diesem Hintergrund ist der Asteroid Ryugu ein spannendes Forschungsobjekt, das
aufschlussreiche Erkenntnisse über den Ursprung des Lebens verspricht. Deshalb
wollen wir uns an der Universität Bayreuth in Zukunft verstärkt in die Analyse
von extraterrestrischen Gesteinsproben einbringen", so Bouvier. Sie hofft, dass
die japanische Raumfahrtbehörde Ryugu-Proben für weitere mineralogische und
chemische Analysen nach Bayreuth ausleihen wird.
Die Raumsonde Hayabusa2 startete am 3. Dezember 2014 und erforschte
den Asteroiden Ryugu 17 Monate lang. Die Mission umfasste zwei Landeoperationen,
um Proben des Asteroiden zu sammeln. Bei der zweiten Landung wurde durch den
Abschuss eines 5-Gramm-Tantal-Projektils ein Krater erzeugt, so dass nicht nur
Oberflächenmaterial, sondern auch Gesteinsproben aus tieferen Schichten
gesammelt werden konnten. Die Probenkapsel wurde am 6. Dezember 2020 in
Australien geborgen und unter strengen Quarantänebedingungen während der
Covid-19-Pandemie nach Japan gebracht.
Die Ergebnisse sind in einem Fachartikel beschrieben, der in der
Zeitschrift Science erscheinen wird.
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