Lander Mascot für Tests aktiviert
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
14. Juli 2016
An Bord der japanischen Sonde Hayabusa-2, die seit
rund eineinhalb Jahren auf dem Weg zum Asteroiden Ryugu ist, befindet sich auch
der kleine Lander Mascot, der die Oberfläche des Asteroiden
selbstständig erkunden soll. Jetzt wurde der Lander von Ingenieuren aktiviert,
um zu überprüfen, ob die Systeme an Bord noch alle einwandfrei arbeiten.
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Mascot ist ein hochintegrierter
Asteroidenlander, federführend entwickelt von
DLR-Wissenschaftlern in Kooperation mit der
französischen Raumfahrtagentur CNES und der
japanischen Raumfahrtbehörde JAXA.
Bild: DLR [Großansicht] |
Das Reisen durch das Weltall ist nicht ohne - erst der stressige Start mit
kräftigen Erschütterungen, dann der lange Flug durch Kälte und Vakuum.
Asteroidenlander Mascot (Mascot steht für "Mobile Asteroid Surface
Scout") ist mittlerweile seit anderthalb Jahren an Bord der japanischen
Raumsonde Hayabusa-2 unterwegs und zurzeit rund 65 Millionen Kilometer
von der Erde entfernt.
Nun schalteten die Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) aus dem Kontrollraum des DLR in Köln den schuhkartongroßen Lander und
seine vier Instrumente aus Deutschland und Frankreich am 14. Juli 2016 erneut
ein, um in den nächsten Tagen vor allem eines herauszufinden: Wie steht es um
die Gesundheit von Mascot und den Experimenten an Bord? "Das machen wir
einmal jährlich, um zu untersuchen, ob alle Systemkomponenten und Instrumente
noch voll funktionstüchtig sind", erläutert Christian Krause aus dem
Kontrollraum-Team des DLR.
Am 3. Dezember 2014 startete die Hayabusa-2-Raumsonde der
japanischen Raumfahrtagentur JAXA mit dem deutsch-französischen DLR-Lander
Mascot zu ihrer Mission. Ein Jahr später holte das Gespann noch einmal an
der Erde neuen Schwung und sendete Fotos von unserem Planeten, bevor die Reise
weiter in Richtung Asteroid Ryugu ging (astronews.com
berichtete).
Noch bis zum Sommer 2018 ist die Sonde durchs Weltall unterwegs und geht dann
in eine Umlaufbahn um den Himmelskörper, den DLR-Planetenforscher Prof. Ralf
Jaumann schlichtweg als "schön primitives Objekt" bezeichnet. "Wir untersuchen
mit der Mission ursprüngliches Material aus dem solaren Nebel, mehr als 4,5
Milliarden Jahre alt und kaum verändert".
Während die Hayabusa-2-Sonde den Asteroiden von einer Umlaufbahn aus
vermisst und untersucht, wird Mascot unmittelbar auf der
Asteroidenoberfläche wissenschaftliche Messungen durchführen. Zudem wird die
japanische Sonde Bodenproben aufnehmen und dieses Material 2020 zur Erde
zurückbringen. "Das ist ein Gesamtpaket, wie wir es bisher noch nicht hatten:
Wir beobachten und kartieren aus der Ferne, vermessen den Asteroiden,
untersuchen ihn auf der Oberfläche und bringen Proben zur Erde zurück."
Um dieses Gesamtpaket zu ermöglichen, arbeiten Ingenieure und Wissenschaftler
aus Deutschland, Frankreich und Japan in einer internationalen Kooperation
zusammen. Mit Ryugu fliegen die Wissenschaftler dabei ein Ziel an, dass ebenso
wie der Zwergplanet Ceres zu den Asteroiden der C-Klasse - der
kohlenstoffreichen Asteroiden - gehört und dessen Beobachtung von der Erde aus
auf im Asteroidenboden gebundenes Wasser hinweisen.
Der Himmelskörper, der nach einem unter Wasser liegenden Schloss aus der
japanischen Mythologie benannt wurde, ist zudem ein erdbahnkreuzender Asteroid
der Apollo-Gruppe. Auch wenn er selbst der Erde wohl nie gefährlich werden wird,
wäre es für zukünftige Abwehrmissionen hilfreich, wenn die Forscher mehr über
diese Art der Asteroiden erfahren würde.
Hayabusa-2 und Mascot werden dabei als Team
zusammenarbeiten: Hayabusa-2 liefert die Daten, um einen geeigneten
Landeplatz für Mascot zu finden, Mascot untersucht die
Asteroidenoberfläche - und liefert Informationen und Daten über die Umgebung der
Bodenproben, die Hayabusa-2 zur Erde zurückbringt.
Damit dies auch möglichst reibungslos stattfinden kann, trainiert das Team
mit einem Bodenmodell des Landers, das sich im DLR-Nutzerzentrum für
Weltraumexperimente (MUSC) befindet. "Mascot wird vor Ort so
selbstständig wie möglich mit seinen vier Instrumenten arbeiten müssen",
erläutert Christian Krause vom Mascot-Kontrollzentrum des DLR. Die
große Entfernung bis zur Erde erlaubt keine Steuerung in Echtzeit - die
Ingenieure müssen dem Lander das entsprechende "Wissen" als Software für seine
Asteroidenmission mitgeben.
Im Inneren des 30 mal 30 mal 20 Zentimeter großen Landers sind insgesamt vier
Instrumente eingebaut: Mit einem Radiometer und einer Kamera des DLR sowie einem
französischen Spektrometer und einem Magnetometer der TU Braunschweig sollen die
mineralogische und geologische Zusammensetzung der Asteroidenoberfläche
untersucht und Oberflächentemperatur sowie Magnetfeld des Asteroiden ermittelt
werden. Mascot selbst kann nach der Landung über Sensoren feststellen,
ob er kopfüber oder aufrecht auf der Asteroidenoberfläche liegt. Ein Schwungarm
im Inneren kann dann automatisch den Impuls geben, damit Mascot sich wieder in
die richtige Lage bringt.
Nach den ersten Messungen wird der Lander dann per Schwungarm zur nächsten
Mess-Stelle hüpfen. "Wir planen so gut es geht, wissen aber auch, dass wir dabei
mit vielen Unbekannten rechnen müssen", sagt Christian Krause vom DLR. Ryugu hat
einen Durchmesser von etwa 900 Metern und nur etwa ein 60.000stel der
Erdanziehungskraft. Ein Tag dauert etwa 7,6 Stunden. Gemessen wurden diese Werte
allerdings von der Erde aus - wie groß mögliche Fehlerabweichungen zur Realität
sind, wird das Mascot-Team ganz genau erst nach der Ankunft in der
Umlaufbahn von Ryugu erfahren.
Doch zunächst einmal stellt das Mascot-Team seinen Lander bis zum
16. Juli 2016 auf die Probe. Zwei Tage lang heizte es dafür den Lander, der bei
rund minus 30 Grad Celsius durchs All fliegt, auf Betriebstemperatur. Nach dem
ersten Einschalten werden nun zunächst einmal die entsprechenden
Kommando-Sequenzen hochgeladen, mit denen Mascot seinen
Gesundheitscheck durchführen soll. Schon jetzt, zwei Jahre vor der Ankunft,
benötigt jedes Signal eine Laufzeit von gut drei Minuten pro Weg. Die früheste
Reaktion aus dem All erhält das Team im DLR-Kontrollzentrum also erst etwa
sieben Minuten, nachdem es eine Nachricht zu Mascot geschickt hat.
Neben den Daten, die Mascot über seinen eigenen Gesundheitszustand
senden soll, werten die Ingenieure und Wissenschaftler am Boden auch aus, wie
gut die vier Instrumente funktionieren und ob sie durch die bisherige Reise
veränderte Parameter aufweisen. Leuchtdioden werden eingeschaltet, ein
Kamerabild aufgenommen, der Schwungarm vorsichtig in Bewegung versetzt. "Das
darf alles nicht über Jahre hinweg ungenutzt bleiben, sondern muss bis zur
Landung immer wieder aktiviert werden", betont DLR-Physiker Krause.
Auch das Zusammenspiel zwischen der Hayabusa-2-Raumsonde und dem
Lander soll getestet werden, damit für die wissenschaftliche Phase auf dem
Asteroiden alles vorbereitet ist. Dann sollen die Daten von Mascot über
die Sonde in das japanische Kontrollzentrum der JAXA und von dort aus in das
DLR-Kontrollzentrum gesendet werden.
Bis zur Landung im Oktober 2018 wird das Mascot-Team immer wieder
Kontakt mit seinem Lander aufnehmen. Mal wird die Gesundheit von Mascot
im Mittelpunkt stehen, mal die Kalibrierung der Instrumente, damit die Daten
nach der Landung exakt ausgewertet werden können. "Wir wollen nach der Landung
nur noch dann eingreifen müssen, wenn etwas schiefläuft - und ansonsten arbeitet
Mascot ohne unsere Hilfe selbstständig sein wissenschaftliches Programm
ab", sagt Dr. Tra-Mi Ho, Mascot-Projektleiterin am DLR-Institut für
Raumfahrtsysteme.
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