Die Gleichheit von Proton und Antiproton
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
27. November 2017
Nach der Veröffentlichung eines neuen präzisen Werts für das
magnetische Moment des Antiprotons vor einigen Wochen, haben Forscher nun auch
einen entsprechenden Wert für das Proton vorgestellt. Er ist elf Mal genauer,
als die bislang präziseste Messung. Einen Unterschied zwischen Proton und
Antiproton gibt es danach praktisch nicht.
Doppelpenningfallensystem zur Messung des
Proton-g-Faktors: Die vergoldeten zylindrischen
Fallenelektroden sind durch Saphirringe isoliert.
Der ca. 20 Zentimeter hohe Aufbau befindet sich
im Inneren eines supraleitenden Magneten in einem
Ultrahochvakuum nahe dem absoluten Nullpunkt.
Bild: Georg Schneider [Großansicht] |
Das magnetische Moment eines einzelnen Protons ist unvorstellbar klein, aber
es kann dennoch gemessen werden. Vor über zehn Jahren wurde für diese Messung
der Grundstein gelegt, und bis heute arbeiten Physiker der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz (JGU), des Max-Planck-Instituts für Kernphysik
(MPIK), der GSI Darmstadt und des japanischen Forschungsinstituts RIKEN mit
Experimenten daran, diese Kraft an einzelnen Teilchen mit einer möglichst hohen
Genauigkeit zu messen.
In den vergangenen Jahren haben sie die Versuchsanordnungen immer weiter
verfeinert und können jetzt einen weiteren neuen Rekord vermelden: Das
magnetische Moment des Protons wurde auf zehn signifikante Stellen genau
bestimmt – die genauste Angabe, die es derzeit gibt. Die Mainzer Messungen der
BASE-Kollaboration bestätigen das Standardmodell der Teilchenphysik, das die
kleinsten Teilchen unseres Kosmos beschreibt.
Protonen sind die elektrisch positiv geladenen Teilchen des Atomkerns. Sie
haben aber außer der elektrischen Ladung auch einen Eigendrehimpuls und damit
verbunden ein magnetisches Moment. Diese Eigenschaft macht sich beispielsweise
die Medizin mit der Kernspin- oder Magnetresonanztomographie zunutze. Eine
genaue Kenntnis der fundamentalen Eigenschaften des Protons ist aber weniger für
die sofortige Anwendung, sondern vielmehr für das Verständnis der Struktur von
Atomen und für den genauen Test fundamentaler Symmetrien im Universum von
Bedeutung – insbesondere im Hinblick auf das Ungleichgewicht zwischen Materie
und Antimaterie. An der JGU werden in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jochen
Walz etwa seit dem Jahr 2005 Experimente ausgeführt, um einzelne Protonen in
einer Penningfalle einzufangen und genauestens zu vermessen.
Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse dringen in einen Bereich vor, der einer
Genauigkeit von 0,3 Milliardstel entspricht, womit die bisher genauste Messung
der BASE-Forscher aus dem Jahr 2014 um das Elffache verbessert wurde. Der
g-Faktor, der das magnetische Moment angibt, beträgt demnach 2,79284734462(82).
Im direkten Vergleich mit dem vor fünf Wochen veröffentlichten g-Faktor für das
Antiproton (astronews.com berichtete) durch die
BASE-Kollaboration zeigt sich eine große Übereinstimmung von Teilchen und
Antiteilchen.
"Für die Physik ist es von großer Bedeutung, die Eigenschaften des Protons
wie zum Beispiel seine Masse, Lebensdauer, Ladung, Radius und das magnetische
Moment so genau wie möglich zu kennen", sagt Dr. Andreas Mooser vom RIKEN. "All
diese Eigenschaften können mit Hilfe von Hochpräzisionsmessungen die Grundlagen
liefern, um fundamentale Symmetrien wie die Ladung-, Parität- und Zeit-Symmetrie
genauer zu untersuchen."
Die sogenannte CPT-Symmetrie, abgekürzt für die Begriffe Charge,
Parity und Time, beschreibt ein grundlegendes physikalisches
Gesetz. Daraus ergibt sich unter anderem, dass im Weltall eigentlich genauso
viel Materie wie Antimaterie vorhanden sein müsste, was aber offensichtlich
nicht der Fall ist. "Der Vergleich der aktuellen Daten von Proton und Antiproton
liefert uns eine glänzende Bestätigung der CPT-Symmetrie", so Mooser.
Die größere Messgenauigkeit ist den Mainzer Physikern durch eine Verbesserung
des technischen Aufbaus gelungen. Dazu wurde zum einen das Magnetfeld in der
Penningfalle, in der die Hochpräzisionsmessung erfolgt, noch stärker
homogenisiert. Zum anderen wurde eine selbstabschirmende Spule eingeführt, die
Störungen abfängt. Beide Maßnahmen tragen dazu bei, die Stabilität des Teilchens
in der Falle zu erhöhen, sodass die Frequenzen genauer erfasst werden können.
"Um das magnetische Moment des Protons zu messen, haben wir eine der
empfindlichsten Penningfallen-Apparaturen überhaupt entwickelt", erklärt Georg
Schneider von der JGU. "Das Proton ist eine besonders große Herausforderung,
weil sein magnetisches Moment so klein ist. Daher brauchen wir eine fast
unvorstellbar hohe Empfindlichkeit in unserer Analysefalle. Im Grunde ist unsere
Messung ein extrem genaues MRT durchgeführt am einzelnen Proton."
Eine weitere Verbesserung liegt in der Verkürzung des Zeitraums, bis ein
Datenpunkt, also eine Messung, erreicht wird. Diese "Zeit pro Datenpunkt" wurde
von drei Stunden auf 90 Minuten halbiert. "Dass dies gelungen ist, ist
fantastisch, aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange", merkt Schneider
an und stellt damit weitere Fortschritte in Aussicht. In Zukunft soll durch den
Einsatz einer Laserkühlung die Energie des Protons reduziert werden, um eine
bessere Sensitivität zu bekommen und damit die Datenrate zu erhöhen. "Die
Datenrate ist aktuell der limitierende Faktor."
Auch für künftige technische Entwicklungen werden die Physiker der JGU einen
engen Austausch mit ihren Kollegen von der BASE-Kollaboration am
Forschungszentrum CERN bei Genf pflegen. Neuerungen, die sich in Mainz bewähren,
werden ans CERN transferiert und umgekehrt. So hoffen die Wissenschaftler, die
magnetische Kraft von Protonen und Antiprotonen immer präziser bestimmen zu
können und damit entweder das jetzige Weltbild der Teilchenphysik zu bestätigen
oder aber einen Unterschied zu finden und damit das Tor für neue physikalische
Konzepte aufzustoßen.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in Science erschienen ist.
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