Einen neuen Unterschied im Verhalten von Materie und Antimaterie haben
Wissenschaftler der Gruppe BaBar unlängst am Stanford Linear Beschleuniger
(SLAC) in einer bahnbrechenden Messung entdeckt: Auch unter Beteiligung
von deutschen Forschern wurde die so genannte "CP-Verletzung" beim Zerfall
von B-Mesonen (das sind schwere, kurzlebige Elementarteilchen)
nachgewiesen und damit ein entscheidender Schritt zum Verständnis der
Vorgänge nach dem Urknall getan.
Antimaterie kommt in unserer Welt gewöhnlich nicht vor, da sich Materie
und Antimaterie bei der Berührung gegenseitig vernichten: Wenn sie
aufeinander treffen, zerstrahlen sie zu Gammastrahlung. Antiwasserstoff ist
beispielsweise das "Spiegelbild" des Wasserstoffatoms. Das
spiegelbildliche Atom besteht aus Antimaterie - einem positiv geladenen
"Elektron" (dem Positron), das einen negativ geladenen Atomkern (ein
Antiproton) umkreist. An Beschleuniger-Anlagen können Wissenschaftler
Antimaterie künstlich erzeugen.
Wäre im All gleich viel Materie und Antimaterie vorhanden, würden sie
sich gegenseitig auslöschen. Es besteht also ein Materie-Überschuss, dem
wir unser Dasein erst verdanken. Einen Grund für diese Asymmetrie fanden
Wissenschaftler erstmals 1964 und wurden dafür mit dem Nobelpreis belohnt.
Sie beobachteten an neutralen K-Mesonen (leichten, langlebigen
Elementarteilchen) die so genannte CP-Verletzung: einen Unterschied im
Verhalten von Materie- und Antimaterie-Teilchen beim Zerfall. Seitdem
suchten Physiker weltweit nach weiteren Beispielen für die CP-Verletzung
und jetzt hatten sie Erfolg: "Nach 37 Jahren der Suche wissen die Physiker
nun, dass es mindestens zwei Sorten von Elementarteilchen gibt, die dieses
erstaunliche Phänomen zeigen", erläutert der Sprecher der
Forscherkollaboration BaBar.
Die Gruppe entwickelte einen leistungsfähigen Detektor, der kleine
Unterschiede bei speziellen Zerfällen von B-Mesonen bzw. ihren
Antiteilchen messen kann. Seit etwa zwei Jahren sammelt der Detektor
Daten. Unverzichtbar für die Experimente war auch ein 2,2 Kilometer langer
Elektronen/Positronen-Speicherring, eine "B-Mesonen-Fabrik". Er erlaubt
es, Elektronen- und Positronenstrahlen hoher Energie auf kleinstem Raum
kollidieren zu lassen. In ihrem jetzt zur Veröffentlichung in der
Fachzeitschrift Physical Review Letters eingereichten Beitrag
finden die Forscher einen Wert für die Asymmetrie, der sich deutlich von
Null unterscheidet. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Unterschied doch
gleich Null ist, liegt bei 1:30.000. Der gefundene Wert bestätigt
Vorhersagen des so genannten Standardmodells, das somit seine Gültigkeit
behält.
Neu für amerikanische Verhältnisse war die starke Beteiligung
nichtamerikanischer Gruppen. Aus Deutschland beteiligten sich
Universitätsgruppen aus Bochum, Dresden und Rostock sowohl am Aufbau der
Experimente als auch am Betrieb und der Datenauswertung. Die Finanzierung
erfolgte überwiegend durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF). "Ein großer Teil der Forschung geht auf das Konto von Diplomanden
und Doktoranden", betont Dr. Klaus Peters von der Ruhr-Universität in
Bochum, "und für die maßgebliche technische Unterstützung beim Aufbau der
einzelnen Komponenten und Testsysteme danken wir den hervorragenden
Werkstätten des Instituts für Experimentalphysik."