Sonde spürt Stoßwellen von der Sonne
von Stefan Deiters astronews.com
8. Juli 2014
Die Raumsonde Voyager 1 hat zwar den
Einflussbereich des Sonnenwinds verlassen, spürt aber noch immer die Aktivität
unseres Zentralsterns. Im März registrierten die Instrumente eine von der Sonne
kommende Welle, die auf eine Eruption vor rund einem Jahr zurückzuführen ist.
Die Messungen lieferten einen weiteren Beweis dafür, dass sich Voyager 1
tatsächlich im interstellaren Raum befindet.
Voyager 1
befindet sich inzwischen im interstellaren Raum.
Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
"Normalerweise ist der interstellare Raum wie ein ruhiger See", vergleicht Ed
Stone vom California Institute of Technology in Pasadena, der die
Voyager-Mission seit 1972 als Projektmanager begleitet. "Aber wenn es auf
unserer Sonne einen Ausbruch gibt, werden dadurch Stoßwellen ausgesandt, die
Voyager rund ein Jahr später erreichen. Diese Stoßwellen lassen das Plasma
rund um die Raumsonde klingen."
Die Daten, die Voyager 1 sammelte, als die jüngste dieser Wellen von
unserer Sonne die Sonde erreichte, bestätigten den Wissenschaftlern erneut, dass
sich Voyager 1 tatsächlich im interstellaren Raum befindet - einer
Region zwischen den Sternen, in der es nur sehr dünnes Plasma gibt. Bei Plasma
handelt es sich um geladene Partikel.
Das Sonnensystem verlassen hat die Sonde hingegen noch nicht - und dies wird ihr
in den kommenden Jahren auch kaum gelingen: Vor ihr liegt nämlich noch die
sogenannte Oortsche Wolke, ein gewaltiges Reservoir aus Kometenkernen, die in
großer Entfernung die Sonne umkreisen. Die Oortsche Wolke beginnt, so die
Vermutung der Astronomen, in einer Entfernung, die etwa dem 2.000-fachen der
Entfernung der Erde von der Sonne entspricht. Bis Voyager 1 diese
Strecke zurückgelegt hat, werden noch mehrere Hundert Jahre vergehen.
Voyager 1 hat allerdings bereits die Heliosphäre verlassen, also jene
Blase rund um unsere Sonne, die vom Sonnenwind beeinflusst wird. Sie befindet
sich damit im interstellaren Raum. Voyager 1 ist die erste Sonde, die
diese Region erreicht hat und gleichzeitig die Sonde, die - mit der rund
128-fachen Entfernung der Erde von der Sonne - am weitesten von unserem
Heimatplaneten entfernt ist.
Der Einfluss unserer Sonne ist aber auch hier noch zu spüren - nicht nur durch
die Anziehungskraft unseres Zentralgestirns. "Es ist nicht alles ruhig rund um
Voyager", meint Don Gurnett von der University of Iowa, der
verantwortliche Wissenschaftler für das Plasma Wave Instrument an Bord
der Sonde. "Wir freuen uns über diese neuen Daten. Und nach allem, was wir
bisher gesehen haben, bestätigen sie, dass sich Voyager 1 im
interstellaren Raum befindet."
Auf unserer Sonne kommt es immer wieder zu sogenannten koronalen
Massenauswürfen. Das sind gewaltige Eruptionen, bei denen auch Plasma ins All
geschleudert wird. Dabei entstehen Stoßwellen, also Druckwellen, die sich durch
das Sonnensystem ausbreiten. Drei dieser Stoßwellen haben Voyager 1
seit Erreichen des interstellaren Raums passiert, wobei die erste Welle so
schwach war, dass sie erst nachträglich in den Daten entdeckt wurde. Die zweite
Welle wurde im März 2013 registriert.
Die Stoßwellen von der Sonne beeinflussen nämlich auch die geladenen Partikel im
interstellaren Raum. Und genau dies können die Instrumente von Voyager 1
registrieren. Das Plasma Wave Instrument detektiert die Oszillationen
der Elektronen des Plasmas. "Die Welle bringt das Plasma wie eine Glocke zum
Klingen", vergleicht Stone. "Während uns das Plasma Wave Instrument
etwas über die Frequenz des Tons verrät, erfahren wir vom Cosmic Ray
Instrument, was die Glocke getroffen hat - nämlich die Stoßwelle von der
Sonne."
Das Klingen der "Plasmaglocke", das den Astronomen auch etwas über die Dichte
des Plasmas verriet, war der entscheidende Hinweis darauf, dass sich Voyager
1 inzwischen im interstellaren Raum befindet. Im März dieses Jahres
erreichte eine weitere Welle die Sonde. Diese Daten bestätigen, dass sich
Voyager 1 außerhalb der Heliosphäre aufhält.
Voyager 1 und Voyager 2 wurden 1977 im Abstand von 16 Tagen
gestartet. Beide Sonden flogen an Jupiter und Saturn vorüber, Voyager 2
zusätzlich noch an Uranus und Neptun. Man erwartet, dass auch Voyager
2 innerhalb der nächsten Jahre den interstellaren Raum erreichen wird.
Das erste registrierte Klingen des Plasmas hatte das Jet Propulsion
Laboratory im vergangenen Jahr auch in einem kleinen
Youtube-Video
hörbar gemacht und visualisiert.
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Youtube-Video
über das Klingen des Plasmas (von 2013)
Voyager, Seite
des NASA Jet Propulsion Laboratory
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