Sonde nähert sich interstellarem Raum
von Stefan Deiters astronews.com
19. Juni 2012
Seit Jahren befinden sich die beiden Weltraumveteranen
Voyager 1 und Voyager 2 in der Grenzregion unseres Sonnensystems.
Wann genau die Sonden den interstellaren Raum erreichen werden, wissen die
Astronomen nicht. Neue Daten von Voyager 1 weisen aber nun darauf hin,
dass die Sonde kurz davor stehen könnte, ihre kosmische Heimat endgültig zu
verlassen.
Die beiden Voyager-Sonden befinden sich
gegenwärtig in einer Heliosheath genannten
Grenzregion der Heliosphäre (langgestreckter
ovaler Bereich rund um die Sonne). Voyager 1
(oben) könnte bald den interstellaren Raum
erreichen.
Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
"Die Gesetze der Physik sagen uns, dass Voyager eines Tages zum
ersten von Menschen gebauten Objekt werden wird, das in den interstellaren Raum
vordringt. Wir wissen allerdings noch immer nicht, wann dieser eine Tag kommen
wird", so Ed Stone, Projektwissenschaftler für die Voyager-Sonden am
California Institute of Technology in Pasadena. "Die aktuellen Daten deuten aber
klar darauf hin, dass wir uns in einer neuen Region befinden, wo sich
die Gegebenheiten deutlich schneller verändern. Das ist sehr aufregend, wir
nähern uns der Grenze des Sonnensystems."
Die Daten, die die Astronomen so begeistern, stammen von speziellen
Detektoren an Bord der 34 Jahre alten Sonde, die bestimmte energiereiche
Partikel registrieren können, die entstehen, wenn Sterne als Supernova
explodieren. Die Daten benötigen inzwischen mehr als 16,5 Stunden, um die
Antennen des Deep Space Networks der NASA auf der Erde zu erreichen.
Voyager 1
ist derzeit rund 18 Milliarden Kilometer von uns entfernt.
"Von Januar 2009 bis Januar 2012 konnten wir einen allmählichen Anstieg
dieser von Voyager registrierten galaktischen kosmischen Strahlung um etwa 25
Prozent beobachten", erläutert Stone. "In jüngster Zeit haben wir eine deutlich schnellere Zunahme in diesem Bereich des Energiespektrums gesehen. Seit
7. Mai haben die Treffer von kosmischer Strahlung in einer Woche um fünf Prozent
zugenommen und um neun Prozent in einem Monat."
Die Intensität der kosmischen Strahlung, also von hochenergetischen Partikeln,
die auf Voyager treffen, ist eine von mehreren Indikatoren, die den Astronomen
zusammengenommen verraten, dass die Sonde gerade eine neue Region erreicht und damit
Weltraumgeschichte geschrieben hat. Ein weiterer Indikator ist die Menge
von energiereichen Partikeln, die innerhalb der Heliosphäre entstanden sind,
also innerhalb einer Blase aus geladenen Teilchen, die von unserer Sonne
ausgehen. Bislang zeigte sich hier zwar eine langsame Abnahme, aber noch kein
markanter Abfall, wie er bei einem Eintritt in den interstellaren Raum zu
erwarten wäre.
Ein weiterer Hinweis für das Erreichen des interstellaren Raums sollte sich
aus der Messung der Ausrichtung der Magnetfeldlinien rund um die Raumsonde
ergeben. Innerhalb der Heliosphäre verlaufen diese Linien in Ost-West-Richtung.
Befindet sich die Sonde aber im interstellaren Raum, sollten sie - so die
Erwartung des Voyager-Teams - mehr von Nord nach Süd verlaufen. Die Analyse der
entsprechenden Daten nimmt allerdings mehrere Wochen in Anspruch und ist
gegenwärtig noch nicht abgeschlossen.
"Als die Voyager-Sonden im Jahr 1977 starteten, hatte das Raumfahrtzeitalter
vor gerade einmal 20 Jahren begonnen", blickt Stone zurück. "Viele in unserem
Team haben damals davon geträumt, den interstellaren Raum zu erreichen, aber wir
konnten gar nicht wissen, wie lange eine solche Reise dauern würde - und ob
diese beiden Sonden, in deren Entwicklung wir so viel Zeit und Energie gesteckt
hatten, überhaupt so lange funktionieren würden, dass sie den interstellaren
Raum erreichen können."
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