Ein letzter Blick aufs Sonnensystem
von Stefan Deiters astronews.com
16. Februar 2010
Vor fast genau 20 Jahren blickte die Sonde Voyager 1 ein
letztes Mal zurück auf das Sonnensystem. Aus einer Entfernung von sechs
Milliarden Kilometern von der Sonne erschienen selbst die großen Planeten nur
wie unscheinbare Lichtpunkte. Eindrucksvoll sind die Bilder daher vor allem aus
einem Grund: Sie machen deutlich, wie winzig unsere Oase des Lebens im Weltall
ist.
Vergrößerte Bilder aus der Porträtaufnahme des
Sonnensystems von Voyager 1. Zu sehen sind Venus,
Erde, Jupiter (oben, von links) und Saturn,
Uranus und Neptun (unten, von links).
Bild: NASA / JPL [Großansicht] |
Am 14. Februar 1990 machte die Sonde Voyager 1 einige letzte
Fotos. Sie richtete die Kamera auf ihre galaktische Heimat und fotografierte die
Planeten des Sonnensystems aus einer einmaligen Perspektive. Merkur war, wegen
seiner Nähe zur Sonne, nicht zu erkennen, genau wie Pluto, der zu lichtschwach
war. Mars konnte man wegen eines reflektierten Sonnenstrahls nicht sehen. Neptun, Uranus, Saturn,
Jupiter, Venus und die Erde konnte man aber auf den Aufnahmen ausmachen.
Nach den Bildern der Apollo-Missionen, die unsere Erde aus dem All und sogar
von einem anderen Himmelskörper aus zeigten, lieferten die Voyager-Aufnahmen noch
einmal eine ganz andere Perspektive. "Voyager zeigte die Erde nur als Lichtfleck
im riesigen Sonnensystem, das wiederum Teil der Milchstraße ist und diese
schließlich nur eine von
unzähligen Galaxien im Universum", so Ed Stone, Projektwissenschaftler für die
Voyager-Mission am NASA Jet Propulsion Laboratory.
Die beiden Voyager-Sonden waren 1977 gestartet und haben durch ihre
faszinierende Tour durch das Sonnensystem das Bild unserer galaktischen Heimat
entscheidend mitgeprägt. Nach Besuchen bei Jupiter und Saturn verließ Voyager 1 die Ebene,
in der sich die Planeten um die Sonne bewegen, während Voyager 2 auch noch
Uranus und Neptun besuchte. Das Bild unseres Sonnensystems entstand aus einer
Entfernung von über sechs Milliarden Kilometern von der Sonne und einer Position
von 32 Grad über
der Ekliptik.
Weil man eine Beschädigung der Kamera befürchtete, wenn man die empfindlichen
Detektoren zu sehr in die Nähe der Sonne richtete, begann man damals mit
Aufnahmen der äußeren Planeten. Candy
Hansen, eine Planetenwissenschaftlerin am Jet Propulsion Laboratory, erinnert
sich noch genau, wie sie schließlich die Erde auf den Aufnahmen
entdeckte. In den Jahren zuvor hatte sie so viele Voyager-Bilder ausgewertet,
so dass sie ein gutes Gefühl dafür hatte, was nur ein Staubkorn auf der Linse war
und was ein wirkliches Objekt.
Der winzige Lichtpunkt der Erde befand sich auf der Aufnahme in einem Strahl
von Sonnenlicht, das von der Kamera gestreut worden war. "Ich war gefesselt davon, wie besonders
die Erde aussah in diesem Sonnenstrahl", erinnert sie sich. "Und es hat mich
nachdenklich gemacht, wie verwundbar doch unser kleiner Planet ist."
Der Astronom Carl Sagan nannte unsere Erde später, auf Grundlage dieses
Bildes, einen "blassblauen Punkt". Sagan war es auch, der angeregt
hatte, dass Voyager 1 diese
Porträtaufnahme des Sonnensystems macht. In seinem 1994 erschienenen Buch "Pale
Blue Dot" (im Deutschen: "Blauer Punkt im All") schrieb er über diese Aufnahme der
Erde: "Das ist hier. Das ist Zuhause. Das sind wir. Darauf befindet sich jeder,
den wir lieben, jeder den wir kennen, jeder, von dem wir je gehört haben und
jeder Mensch, der je gelebt hat, hat hier sein Leben verbracht ... Man kann die
Idiotie der menschlichen Eingebildetheit wohl kaum besser demonstrieren als mit
diesem aus großer Entfernung aufgenommenen Bild unserer winzigen Welt."
Nach dem die Aufnahmen gemacht worden waren, hat man die Kameras von Voyager 1
abgeschaltet. Objekte, die die Sonde aus der Nähe betrachten konnte, gab es nicht
mehr, die Energie konnte besser für Instrumente verwendet werden, die noch
wichtige wissenschaftliche Daten über die äußeren Regionen des Sonnensystems
liefern konnten.
Auch heute sendet Voyager 1 noch Daten zur Erde. Die Sonde ist inzwischen 17
Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt und befindet sich auf dem Weg zur
Grenze des Sonnensystems. Die Astronomen können es kaum erwarten, bis Voyager 1
die schützende Blase verlassen hat, die die Sonne umgibt und in der sich alle
Planeten befinden. "Wir waren beeindruckt von der Größe des Weltalls als wir vor
20 Jahren dieses Bild betrachteten", so Stone. "Aber Voyager ist noch
immer in dieser
Blase. Vielleicht wird sie die Sonde in fünf Jahren verlassen haben."
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