Voyager 1 ist jetzt das am weitesten entfernte Objekt, das
jemals von Menschen hergestellt wurde. Es ist 85 mal weiter von der Sonne
entfernt als die Erde. Das ist mehr als die doppelte mittlere Entfernung
des äußeren Planeten Pluto. Voyager 2 ist inzwischen 68 Mal weiter
von der Sonne entfernt als die Erde. "Ein Funksignal, dass sich mit
Lichtgeschwindigkeit bewegt, braucht 12 Stunden, um von Voyager 1
zur Erde zu gelangen. Das erzeugt betriebliche Problem", erläutert Ed
Massey, Voyagers Projektmanager am Jet Propulsion Laboratory
(JPL) der NASA in Pasadena. "Wenn irgend etwas an Bord schief geht,
vergeht ein ganzer Tag, bevor die Fehlermeldung die Erde erreicht und
Korrekturkommandos bei der Sonde wieder ankommen. Dann könnte es zu spät
sein". Deshalb versucht das Projektteam jede erdenkliche Fehlersituation
im Voraus zu bedenken und den Bordcomputer so zu programmieren, dass er in
geeigneter Weise auf das Problem reagiert.
"Nach 25 Jahren sind die Raumfahrzeuge noch gut in Form", meint Dr. Edward
Stone, seit 1972 Wissenschaftler beim Voyager-Projekt und früherer
JPL-Direktor. "1977 hatten wir noch keine Vorstellung davon, dass die
Missionen so lange dauern würden. Ursprünglich dachten wir an eine
vierjährige Reise zu Jupiter und Saturn." Fast täglich empfängt das
Voyager-Team am JPL Informationen von den beiden Veteranen, die sich
inzwischen weit außerhalb der Planetenbahnen befinden, sich aber immer
noch in unserem Sonnensystem bewegen. Die Forscher hoffen aber, dass
mindestens eine der beiden Sonden das erste Raumfahrtzeuge sein wird, das
in den interstellaren Raum, den Bereich zwischen den Sternen, eindringt
und somit den Einflussbereich der Sonne endgültig verlässt.
Voyager 1 wurde am 5. September 1977 gestartet und flog dann an
Jupiter und Saturn vorbei. Danach schlug die Sonde eine Bahn ein, die sie
oberhalb der Ebene der Planeten aus dem Sonnensystem heraus führt.
Voyager 2 wurde schon am 20. August 1977 gestartet. Nach dem
Vorbeiflug an Jupiter und Saturn wurde die Mission für eine Begegnung mit
Uranus (1986) und Neptun (1989) ausgedehnt.
Beide Sonden studieren jetzt die riesige Blase, die die Sonne durch den
Sonnenwind um sich herum aufgebläht hat. Am Rand dieser Blase, der Heliopause, ist der Druck des Sonnenwinds gleich dem inneren Druck des
interstellaren Windes in unserer Nachbarschaft der Milchstraße. Der
interstellare Wind außerhalb der Sonnenblase ist ein Strom von Atomen und
anderen Teilchen, die bei Explosionen sterbender Sterne weggeschleudert
wurden. "Die Position der Heliopause ändert sich mit der Sonnenaktivität
während des 22-jährigen Sonnenfleckenzyklus und durch Änderungen im
interstellaren Wind", sagte Stone. Einige Forscher vermuten gar, dass in
größeren Abständen der interstellare Wind die Grenze so weit zurückdrängen
kann, dass dies auch Auswirkungen auf das Klima auf der Erde hat.
Jeden Tag nähert sich Voyager 1 der Heliopause um 1,6 Millionen
Kilometer. Ob sie noch vor 2020 dort ankommt, hängt davon ab, wie weit die
Heliopause entfernt ist. Um 2020 nämlich dürfte die Stromversorgung der
Sonde zu schwach werden, um den Kontakt zur Erde weiterhin aufrecht zu
erhalten. Nach letzten Schätzungen wird es noch sieben bis 21 Jahre
dauern, bis die Heliopause erreicht ist. Schon jetzt beobachtet Voyager
1, dass der Sonnenwind durch Teilchen des interstellaren Winds, die
durch die Grenzschicht kommen, abgebremst wird. Eine genauere Abschätzung
der Lage der Grenze lässt sich dann erstellen, wenn die Sonde den Bereich
der Stoßfront erreicht, in der der Sonnenwind durch den Abbremseffekt
merklich verdichtet wird. Stone vermutet, dass dies in etwa drei Jahren
der Fall sein könnte.
Was auch immer die Zukunft bereit hält, Voyager 1 und 2
besitzen schon jetzt ihren besonderen Platz in der Geschichte der
Erforschung des Sonnensystems. Einige ihrer überraschenden Entdeckungen:
Jupiters Mond Io beherbergt aktive Vulkane, in Jupiters Atmosphäre toben
duzende von gewaltigen Stürmen, die Saturnringe zeigen Knicke und
speichenartige Strukturen, die diesige Atmosphäre des Saturnmonds Titan
erstreckt sich hoch über seine Oberfläche, Miranda, ein kleiner
Uranusmond, besitzt einen Mischmasch von jungen und alten Gebieten auf
seiner Oberfläche und Kilometer tiefe Gräben, auf Neptun wehen die
schnellsten Winde von allen Planeten des ganzen Sonnensystem und auf
Neptuns eisigen Mond Triton gibt es aktive Geysire.
"Noch lange, nachdem sie verstummten, werden sich die Voyager-Zwillinge
immer weiter vom Sonnensystem entfernen. Jede trägt eine Sammlung
aufgezeichneter Töne und Bilder der Erde mit sich", erklärte Massey. In
ferner Zukunft passieren die beiden Sonden andere Sterne. In etwa 40.000
Jahren driftet Voyager 1 in einem Abstand von 1,6 Lichtjahren an
dem kleinen Stern AC+79 3888 im Sternbild Giraffe vorbei. In 296.000
Jahren begegnet Voyager 2 Sirius, dem hellsten Stern am Himmel.
Allerdings wird der Abstand mehr als 4 Lichtjahre betragen.
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