Erste Resultate aus dem Orbit von Merkur
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
17. Juni 2011
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und
der NASA haben jetzt eine erste Auswertung der Daten vorgestellt, die
die Merkursonde MESSENGER während ihrer ersten drei Monate im Orbit um
den Planeten aufgezeichnet hat. Der sonnennächste Planet gibt so langsam
seine Geheimnisse preis.

Die Aufnahme der MDIS-Kamera (Mercury Dual
Imaging System) zeigt die nördlichen Flächen des
Merkur.
Bild: NASA / The John Hopkins University
Applied Physics Laboratory / Carnegie Institution
of Washington [Großansicht] |
Ein dichter Eisenkern, darüber ein relativ dünner Gesteinsmantel mit
einer starren Kruste und ein ungewöhnliches Magnetfeld - der Merkur
stellt die Wissenschaftler mit seinen Besonderheiten vor etliche Rätsel.
Bereits bei drei Vorbeiflügen der MESSENGER-Sonde am Planeten konnten
die Wissenschaftler Daten aufzeichnen (astronews.com berichtete). Seit
dem 18. März 2011 fliegt die amerikanische MESSENGER-Sonde mit sieben
Instrumenten an Bord teilweise in nur noch 200 Kilometer Höhe über den
Planeten und liefert seitdem kontinuierlich neue Daten aus nächster
Nähe.
"Die Datenmenge, die wir jeweils bei einem Vorbeiflug aufzeichneten,
erhalten wir zurzeit zweimal täglich", sagt Dr. Jörn Helbert vom
DLR-Institut für Planetenforschung. Der Wissenschaftler arbeitet als
einer von zwei Deutschen im amerikanischen MESSENGER-Team mit und wertet
die Daten eines Spektrometers für ultraviolettes, sichtbares und
infrarotes Licht (MASCS, Mercury Atmospheric and Surface Composition
Spectrometer) aus.
"Im Moment werden wir überflutet mit Bildern", ergänzt Prof. Jürgen
Oberst vom DLR-Institut für Planetenforschung. Sein Team verarbeitet die
Aufnahmen der Stereo-Kamera MDIS (Mercury Dual Imaging System)
und die Daten eines Laser-Höhen-Altimeters zu einem 3D-Höhenmodell der
Planetenoberfläche. "Im Orbit um den Merkur herum haben wir jetzt Zeit,
die Kamera beliebig zu schwenken und auszurichten - das war bei den
Vorbeiflügen bisher nicht möglich."
So zeigen die Aufnahmen der MDIS-Kamera ausgedehnte, sehr ebene Flächen
in der Nähe des Merkur-Nordpols. Bisherige Aufnahmen aus den
Vorbeiflügen oder von vorherigen Missionen wie Mariner 10 in
1970ern konnten diese Gebiete nur aus ungünstigen Blickwinkeln zeigen.
Die aktuellen Aufnahmen aus der Umlaufbahn des Planeten hingegen
bestätigen die vorherige Annahme, dass Vulkanismus bei der Formung der
Planetenkruste eine wichtige Rolle spielte. Zum Teil - so die
Rückschlüsse aus den neuen Aufnahmen - ist die Schicht vulkanischer
Ablagerungen mehrere Kilometer dick.
"Vulkanismus ist eines der großen Themen bei Merkur", sagt
Planetenforscher Helbert. Für den Nachweis vulkanischen Materials werden
in Zukunft vor allem die Daten des Spektrometers MASCS wichtig sein.
Zurzeit arbeitet der DLR-Wissenschaftler in seinem weltweit einmaligen
Hochtemperatur-Spektroskopie-Labor mit einer Reihe von Basalten,
Feldspäten und schwefelhaltigen Mineralien, um deren Spektralwerte mit
den Daten der MESSENGER-Mission zu vergleichen. Bei der Verarbeitung der
Kamera- und Spektrometerdaten helfen die Erfahrungen der Vorbeiflüge -
bereits in diesen Phasen testeten die DLR-Wissenschaftler die Verfahren.
Weitere Erkenntnisse lieferte das Laser-Höhen-Altimeter, das
systematisch die Topografie der nördlichen Merkur-Hemisphäre kartierte.
Nach mehr als zwei Millionen Beobachtungen liegen Form und Profil von
geologischen Merkmalen nun in hoher Auflösung vor. Die Nordpol-Region
des Planeten ist beispielsweise ein großes Gebiet mit nur niedrigen
Erhebungen. Eingesetzt wird das Laser-Höhen-Altimeter derzeit auch, um
die Tiefe von Einschlagkratern am Nordpol zu messen. Schon vor 20 Jahren
stellten Wissenschaftler die These auf, dass in diesen Kratern unter
anderem Wassereis liegen könnte. Bisherige Daten des Altimeters
bestätigen, dass die Tiefe der Krater durchaus dafür ausreicht, dass
diese Bereiche im ständigen Schatten liegen könnten.
Erste Ergebnisse lieferte unter anderem auch das
Röntgenstrahlenspektrometer XRS (X-Ray Spectrometer), das
erhebliche Mengen an Schwefel auf dem Merkur feststellte. Das Instrument
zeigt, dass sich die Zusammensetzung der Merkuroberfläche deutlich von
der des Mondes unterscheidet. "Dies überrascht uns nicht", sagt Helbert,
"unsere Auswertung der MASCS-Daten von den Vorbeiflügen haben bereits
darauf hingedeutet, dass der Merkur sich in der Mineralogie deutlich vom
Mond unterscheidet".
"Zum ersten Mal sammeln wir Daten für einen Überblick zum Beispiel über
die Beschaffenheit des Merkurs", sagt Sean Solomon von der Carnegie
Institution in Washington und leitender Wissenschaftler der
Mission. "Viele unserer früheren Ideen müssen wir mit den neuen
Einsichten, die wir gewinnen, beiseite legen. Wir können mit MESSENGER
noch weitere Überraschungen erwarten, wenn der sonnennächste Planet
unseres Sonnensystems seine Geheimnisse verrät." Bis März 2012 wird die
Sonde noch um den Merkur kreisen und dabei Daten sammeln.
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