Neue Überraschungen auf Merkur
von Stefan Deiters astronews.com
4. November 2009
Nach dem dritten und letzten Vorüberflug der NASA-Sonde
MESSENGER am sonnennächsten Planeten Merkur Ende September gibt es nun
detailliertes Bildmaterial von 98 Prozent der Merkuroberfläche. In den zuvor
noch nicht fotografierten Regionen machten die Forscher einige interessante
Entdeckungen, die sie jetzt der Öffentlichkeit vorstellten. Die Sonde soll 2011
in einen Orbit um Merkur einschwenken.
Ein Einschlagbecken mit doppelter Ringstruktur
gehört zu den neuen Entdeckungen während des
dritten Vorüberflugs von MESSENGER am Merkur.
Bild: NASA / Johns Hopkins University
Applied Physics Laboratory / Carnegie Institution
of Washington |
Die Sonde Mercury Surface, Space Environment, Geochemistry and Ranging
(MESSENGER) war am 29. September zum dritten Mal an ihrem Missionsziel
vorübergeflogen. Durch den dichten Vorbeiflug an dem Planeten wurde der Kurs der
Sonde so abgelenkt, dass sie im Jahr 2011 in einen Orbit um den sonnennächsten
Planeten wird einschwenken können. Trotz eines kurzzeitigen Ausfalls der Systeme
als sich die Sonde im Schatten des Planeten befand, konnten die Instrumente an
Bord zahlreiche Daten sammeln und auch weitere detaillierte Aufnahmen der
Merkuroberfläche machen.
Mit dem neuen Bildmaterial sind nun 98 Prozent der Planetenoberfläche aus der
Nähe fotografiert. Die noch fehlenden zwei Prozent, die Polarregionen des
Merkur, wird die Sonde beobachten können sobald sie sich in einem Orbit
befindet. "Obwohl es sich bei der Region, die wir bei diesem Vorüberflug zum
ersten Mal gesehen haben, nur um einen weniger als 560 Kilometer langen Streifen
am Äquator gehandelt hat, haben uns die Aufnahmen doch daran erinnert, dass
Merkur immer wieder für Überraschungen gut ist", so Sean Salomon,
wissenschaftlicher Verantwortlicher für die Mission und Direktor am
Department of Terrestrial Magnetism der Carnegie Institution of
Washington.
Bei dem dritten Vorüberflug wurden zahlreiche neue Strukturen auf der
Oberfläche entdeckt, darunter helle Bereiche, die vermutlich vulkanischen
Ursprungs sind. Auch ein über 270 km durchmessendes Einschlagbecken mit einer
doppelten Ringstruktur war zu erkennen. "Dieses Einschlagbecken, das wir im
Detail zum ersten Mal sehen, ist erstaunlich gut erhalten", erläutert
Teammitglied Brett Denevi von der Arizona State University in Tempe. Es
würde einem beim ersten Vorüberflug entdeckten Einschlagbecken gleichen. "Es hat
vermutlich auch ein Alter von etwa einer Milliarde Jahre. Das ist recht jung für
ein Einschlagbecken, die für gewöhnlich vier Mal so alt sind. Der innere Boden
des Beckens ist sogar noch jünger und das Becken unterschiedet sich farblich
auch von seiner Umgebung. Wir könnten hier auf das jüngste vulkanische Material
auf Merkur gestoßen sein."
Während des Vorüberfluges machte MESSENGER auch detaillierte Untersuchungen
der dünnen Atmosphäre bzw. Exosphäre des Planeten, die sich offenbar mit dem
Sonnenabstand des Merkurs verändert. "Diese jahreszeitlichen Veränderungen
werden besonders gut am 'Natrium-Schweif' des Planeten deutlich, der sehr
prägnant während der ersten beiden Vorüberflüge, jetzt aber zehn bis 20-mal
weniger intensiv und auch deutlich kürzer war", erklärt Teammitglied Ron Vervack
von Applied Physics Laboratory (APL) der Johns Hopkins University.
"Der Unterschied erklärt sich durch Schwankungen des Strahlungsdrucks der Sonne
und macht deutlich, warum Merkur über eine der dynamischsten Exosphären im
Sonnensystem verfügt."
Kalzium und Magnesium zeigten hingegen andere saisonale Veränderungen als
Natrium. Die Untersuchung dieser Schwankungen sollte den Wissenschaftlern
während der Orbitphase der Mission einiges darüber verraten, wie die dünne
Atmosphäre des Merkur überhaupt entsteht und durch welche Prozesse sie verändert
wird.
Außerdem lieferten die Instrumente von MESSENGER neue Daten über die
Beschaffenheit der Oberfläche, insbesondere über die Elementhäufigkeit von Eisen
und Titan. Frühere Beobachtungen hatten vermuten lassen, dass sich im
Silikatgestein des Planeten nur sehr wenig Eisen befindet und daher die gesamte
Kruste eher eisenarm ist. "Nun wissen wir, dass die Oberfläche des Merkur eine
durchschnittliche Häufigkeit von Eisen und Titan hat, die über dem liegt, was
die meisten von uns erwartet hatten und ähnlich hoch ist wie im Basaltgestein in
den Mondmeeren", so David Lawrence, Projektwissenschaftler für die Mission am
APL.
MESSENGER hat inzwischen fast zwei Drittel seiner 7,9 Milliarden Kilometer
langen Reise geschafft. Um in einen Orbit um den sonnennächsten Planeten
einzuschwenken, muss die Sonde insgesamt 15 Mal um die Sonne fliegen und
absolvierte außer den drei Vorüberflügen am Merkur selbst auch Vorbeiflüge an
der Erde und der Venus.
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