Die unbekannte
Seite des Merkur
von Stefan Deiters astronews.com
16. Januar 2008
Nach über 30 Jahren flog am Montagabend erstmals wieder eine
Sonde am sonnennächsten Planeten Merkur vorüber: Die NASA-Sonde Messenger
fotografierte bei ihrer Passage auch Regionen des Planeten, die bislang
vollkommen unbekannt waren. Der Planet zeigt sich auch hier als von vielen
Kratern überzogener Himmelskörper. Weitere Daten des Vorüberflugs werden in den
folgenden Tagen erwartet.
Messengers Blick auf Merkur aus einer Entfernung
von etwa 27.000 Kilometern.
Bild: NASA / Johns Hopkins University
Applied Physics Laboratory / Carnegie
Institution of Washington [Großansicht] |
Die NASA-Sonde Mariner 10 flog in den Jahren 1974 und
1975 insgesamt drei Mal am Merkur vorüber. Doch leider wurde bei den Passagen
vor über 30 Jahren immer die gleiche Seite des Planeten von der Sonne
angestrahlt, so dass nur knapp die Hälfte des Merkur fotografiert werden konnte.
Seit damals fragen sich Planetenforscher, wie wohl der unbekannte Teil des
sonnennächsten Planeten aussehen könnte.
Einen Teil der Antwort auf die Fragen der Forscher lieferte nun die NASA-Sonde Messenger (MErcury Surface,
Space ENvironment, GEochemistry, and Ranging), die am Montagabend
in einem Abstand von nur 200 Kilometern am Merkur vorübergeflogen ist. Sie
konnte dabei etwa die Hälfte jener Region aufnehmen, die von Mariner 10
nicht beobachtet wurde. Das hier gezeigte Bild entstand aus einer Entfernung von
etwa 27.000 Kilometern vom Planeten und rund 80 Minuten nach der dichtesten
Annäherung der Sonde an den Merkur. Auf dem Bild sind Details bis zu einer Größe
von zehn Kilometern zu sehen.
Die erstmals fotografierte Region des Merkur birgt auf den ersten Blick keine
Überraschungen: Auch dieser Teil des Planeten ist von vielen Einschlagkratern
übersät. Einige besondere Oberflächenmerkmale fallen aber dennoch auf, etwa das
Caloris-Becken oben rechts, dessen westlicher Teil bislang noch nie beobachtet
worden war. Das Becken entstand vermutlich durch den Einschlag eines großen
Asteroiden oder Kometen und könnte eines der jüngsten Einschlagbecken im
Sonnensystem sein sowie eines der größten. Das Innere des Beckens erscheint
deutlich heller als das umliegende Gebiet und könnte aus einem anderen Material
bestehen.
Rund um das Caloris-Becken finden sich dunklere Ebenen, im Becken selbst sind
zahlreiche kleinere Einschlagkrater zu erkennen, die einen relativ dunklen Rand
haben. Auffällig sind auch tiefe Steilhänge, die sich durch die nie zuvor
beobachtete Region ziehen. Andere Aufnahmen von Messenger werden viele
der neu entdeckten Oberflächenstrukturen auch in Farbe und deutlich detailierter
zeigen. Ergänzt durch andere Daten sollte bald ein komplettes neues Bild des
sonnennächsten Planeten vorliegen, das mehr über die Entstehung und Entwicklung
des Merkur verrät.
Mit der Übermittlung der Daten war, wie berichtet, gestern Abend begonnen
worden, nachdem Messenger noch gestern wissenschaftliche Beobachtungen
von Merkur durchgeführt hat.
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