Europas Reise zur Venus hat begonnen
Redaktion / ESA
astronews.com
9. November 2005
Die europäische Raumsonde Venus Express hat am frühen Morgen ihre
Reise zu unserem Nachbarplaneten Venus begonnen, den sie im April nächsten
Jahres erreichen wird. Venus Express, eine Schwestersonde von Mars
Express, die sich seit Dezember 2003 auf einer Umlaufbahn um den roten
Planeten befindet, ist die zweite Raumsonde, die von der Europäischen
Weltraumorganisation zu einem anderen Planeten geschickt wird.
Venus Express ist am frühen Morgen des 9. November mit einer
Sojus-Fregat-Rakete von Baikonur aus gestartet. Bild: ESA
/ STARSEM, S. Corvaja |
Venus Express wird auf eine Umlaufbahn um die Venus einschwenken, um
von dort Struktur, Chemie und Dynamik ihrer Atmosphäre zu untersuchen. Diese ist
durch extreme Temperaturen, sehr starken Druck, einen Treibhauseffekt sehr
großen Ausmaßes und eine noch nicht geklärte "Superrotations"-Bewegung (die
Atmosphäre umrundet den Planeten einmal alle vier Erdtage) gekennzeichnet.
Venus Express ist auch die erste Venus-Raumsonde, die die Oberfläche des
Planeten durch kürzlich im Infrarotbereich entdeckte Sichtfenster beobachten
wird.
Die 1.240 Kilogramm schwere Sonde wurde für die ESA von einem europäischen
Konsortium unter der Leitung von EADS Astrium mit 25 Hauptvertragspartnern aus
14 Ländern gebaut. Sie hat die Erde an Bord eines von Starsem betriebenen
Sojus-Fregat-Trägers verlassen. Der Start fand heute um 09.33 Uhr Ortszeit
(4.33 Uhr MEZ) in Baikonur, Kasachstan, statt. Nach neun Flugminuten hat die
Fregat-Oberstufe zum ersten Mal gezündet, um eine Wartebahn um die Erde zu
erreichen. Mit der zweiten Zündung 82 Minuten später wurde die Sonde dann auf
ihre interplanetare Flugbahn befördert.
Das Europäische Raumflugkontrollzentrum (ESOC) der ESA in Darmstadt hat den
Kontakt mit Venus Express etwa zwei Stunden nach dem Start hergestellt.
Die Sonde hat sich im Verhältnis zur Sonne richtig orientiert und ihre
Sonnensegel entfaltet. Alle Bordsysteme funktionieren einwandfrei und die Sonde
kommuniziert mit der Erde. Venus Express entfernt sich nun mit "Vollgas"
von der Erde und wird in den nächsten fünf Monaten eine 350 Millionen Kilometer
lange Reise durch das innere Sonnensystem machen. Nach der Überprüfung, ob ihre
Ausrüstung und ihre Nutzlast korrekt funktionieren, wird die Sonde abgeschaltet"
und tritt nur noch einmal am Tag mit der Erde in Kontakt. Sollte es nötig sein,
wird im Januar eine Kurskorrektur auf halbem Wege vorgenommen.
Bei ihrem Eintritt in den Anziehungsbereich der Venus wird Venus Express
mit schwierigeren Bedingungen konfrontiert sein als Mars Express bei
ihrer Ankunft am roten Planeten. Bei einer Größe, die in etwa der der Erde
entspricht, hat die Venus nämlich eine über sieben Mal größere Masse als der
Mars - und damit auch ein entsprechend stärkeres Gravitationsfeld. Um diese
stärkere Gravitation auszugleichen, wird die Sonde ihr Haupttriebwerk 53 Minuten
lang einschalten, so dass sie um 1,3 Kilometer pro Sekunde abbremst und auf eine
stark elliptische Umlaufbahn um den Planeten gelangt. Dabei wird sie den
Großteil ihrer 570 Kilogramm Treibstoff verbrauchen.
Damit die Sonde ihre endgültige polare Einsatzbahn erreichen kann, muss das
Triebwerk ein weiteres Mal gezündet werden. Die Umlaufzeit beträgt 12 Stunden.
Dabei nähert sie sich dem Planeten bis auf 250 Kilometer und entfernt sich bis
auf 66.000 Kilometer von ihm, um sowohl Beobachtungen aus der Nähe als auch eine
globale Sicht zu ermöglichen.
"Die Mission der Venus Express ist eine erneute Illustration der
europäischen Entschlossenheit, die verschiedenen Erdkörper des Sonnensystems zu
erforschen", sagt Dr. David Southwood, Direktor des Wissenschaftsprogramms der
ESA. "Wir haben 2003 angefangen, als wir Mars Express zum Mars und
SMART-1 zum Mond geschickt haben. Beide haben unsere Hoffnungen bei weitem
übertroffen. Venus Express stellt eine neue Etappe auf dem Weg dar, der mit der
Mission BepiColombo, die 2013 zum Merkur starten wird, einen vorläufigen
Abschluss finden wird".
"Mit Venus Express wollen wir einmal mehr beweisen, dass die
Erforschung der Planeten für unser eigenes Leben auf der Erde von größter
Bedeutung ist", sagt Jean-Jacques Dordain, Generaldirektor der ESA. "Um die
Entwicklung des Klimas auf der Erde und alle damit zusammenhängenden Phänomene
zu verstehen, können wir uns nicht damit zufrieden geben, nur unseren Planeten
zu beobachten. Wir müssen die Mechanismen entschlüsseln, die die
Planetenatmosphären allgemein bestimmen. Mit Mars Express untersuchen wir
die Atmosphäre des Mars, mit Huygens haben wir die des Titan erforscht,
und mit Venus Express werden wir unserer Sammlung ein weiteres Stück
hinzufügen. Die Venus und die Erde müssen sich einmal sehr ähnlich gewesen sein,
und wir müssen verstehen, warum und wie sie sich ab einem bestimmten Punkt so
unterschiedlich entwickeln konnten, dass der eine Planet die Wiege des Lebens
wurde, während sich der andere in eine wahre Hölle verwandelte".
Die Mission Venus Express soll mindestens zwei Venus-Tage (486 Erdtage)
dauern und kann je nach Zustand der Sonde verlängert werden.
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