Letzter Vorüberflug am Merkur
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
25. September 2009
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wird die amerikanische Raumsonde
MESSENGER (MErcury Surface, Space ENvironment, GEochemistry, and
Ranging) kurz vor Mitternacht zum dritten und letzten Mal den
sonnennächsten Planeten Merkur passieren. Der Vorbeiflug wird für zahlreiche
wissenschaftliche Experimente genutzt, an denen auch das Deutsche Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt ist.
Die Sonde MESSENGER wird in der Nacht von
Dienstag auf Mittwoch zum dritten Mal am Merkur
vorüberfliegen.
Bild: NASA/JHU-APL/Carnegie Institution of Washington |
Im Rahmen ihrer Experimente wollen die DLR-Forscher insbesondere die
Gebiete des Merkur, die beim zweiten Vorbeiflug vor einem Jahr zum
ersten Mal fotografiert wurden, genauer unter die Lupe nehmen. Beim
Nahvorbeiflug in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch - der Punkt der
höchsten Annäherung wird um exakt 23.55 Uhr MESZ durchflogen - werden
von den Kameras an Bord der Sonde mehr als 1.500 hochauflösende Bilder
aufgenommen, die weitere, noch nie aus der Nähe fotografierte Gebiete
zeigen. MESSENGER liefert Aufnahmen der Merkuroberfläche aus
unterschiedlichen Blickwinkeln, so genannte Stereobilder. Mit den
gemessenen Höhenprofilen und den neuen Aufnahmen wird das bestehende
Kartenwerk des Planeten qualitativ besser und vielfältiger.
Die Raumsonde MESSENGER der amerikanischen Weltraumbehörde NASA ist
nach Mariner 10, die in den 1970er-Jahren dreimal am Merkur vorbeiflog,
erst die zweite Sonde, die den mit 4.900 Kilometer Durchmesser kleinsten
Planeten des Sonnensystems aus der Nähe erkundet. Damals konnte nur knapp die
Hälfte der Merkuroberfläche beobachtet werden. Bei seinem Vorbeiflug am Dienstag
wird sich MESSENGER dem Himmelskörper bis auf 228 Kilometer nähern.
Abgebremst durch die Schwerkraftwirkung des Merkur verändert die Sonde ihre
gegenwärtige Bahn um die Sonne: Sie gerät auf den optimalen Kurs, um in
anderthalb Jahren auf eine Umlaufbahn des Merkur einzuschwenken.
Der Merkur ist der am wenigsten erforschte Planet des inneren Sonnensystems;
seine Nähe von knapp 60 Millionen Kilometern zur Sonne macht ihn für Raumsonden
schwer erreichbar. Durch die beiden ersten Merkurvorbeiflüge von MESSENGER
am 14. Januar und am 6. Oktober 2008 sind etwas mehr als 90 Prozent der von
Kratern und erstarrten Lavaströmen bedeckten Oberfläche erfasst.
"Wir sind sehr gespannt auf die neuen Aufnahmen", freut sich Professor Jürgen
Oberst vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. "Die beiden
ersten Vorbeiflüge haben gezeigt, dass alle Instrumente erstklassige Bilder und
Messungen liefern. Die neuen Messungen ergänzen die bisher vorhandenen Daten,
und einige wichtige wissenschaftliche Fragestellungen können nun schon sehr
genau angegangen werden", erläutert Oberst weiter.
Der DLR-Wissenschaftler möchte mit den geometrisch hochpräzise justierten
Aufnahmen des MDIS-Kamerasystems (Mercury Dual Imaging System) sowie
den Daten eines Laser-Höhenmessgeräts die Größe und die Form des Planeten besser
bestimmen. "Auch das Schwerefeld des Merkurs werden wir durch die Beobachtungen
bei diesem Vorbeiflug genauer berechnen können. Das ist dringend notwendig, denn
die Zusammenhänge zwischen Größe, Form und Schwerefeld liefern wichtige Hinweise
auf den inneren Aufbau des Planeten, der noch kaum bekannt ist", so Oberst.
Neben Kamera- und Spektrometeraufnahmen bilden Untersuchungen zu Form und Stärke
des rätselhaften Magnetfelds des Merkur einen Schwerpunkt bei den Experimenten.
Die DLR-Wissenschaftler werden bei der Auswertung der Daten im
Missions-Operationszentrum der Johns-Hopkins-University in
Laurel im US-Bundesstaat Maryland vor Ort sein. Im Labor für Angewandte Physik
werden sie den MESSENGER-Vorbeiflug erleben. "Dies ist der letzte
Testlauf für die Experimente und die Datenprozessierung vor der Orbitphase ab
dem 18. März 2011", erklärt Dr. Jörn Helbert vom DLR-Institut für
Planetenforschung. Helbert wirkt bei der Auswertung der Daten des Spektrometers
MASCS (Mercury Atmospheric and Surface Composition Spectrometer) auf
MESSENGER mit. "Das Spektrometer wird bei diesem Vorbeiflug Priorität haben. In
einem für das Experiment recht komplexen Manöver decken wir große Gebiete am
Äquator ab, die wir in der Orbitphase nicht mehr mit dieser Auflösung sehen
können", fügt Helbert hinzu.
Mithilfe der Spektrometerdaten soll eine erste grobe mineralogische
Klassifizierung der Gesteine auf dem Merkur vorgenommen werden. "Das wird sicher
nicht einfach. Die Sonne beleuchtet die Merkurlandschaft während des Anflugs,
bei der größten Annäherung und im Blick zurück beim Weiterflug unter
verschiedenen Winkeln. Das genaue Rückstrahlverhalten der Merkuroberfläche
kennen wir jedoch noch nicht genau - es hat aber großen Einfluss auf die
Messungen und muss bei der Auswertung berücksichtigt werden", sagt Helbert.
Die DLR-Wissenschaftler hoffen, mit den Daten des Spektrometers und der
Kamera die Mineralogie vorläufig klassifizieren zu können. Die eingesetzte
Software wurde am DLR-Institut für Planetenforschung entwickelt und bei den
ersten beiden Merkur-Vorbeiflügen erfolgreich getestet. "Das ist nun der erste
Einsatz in Echtzeit", erklärt Helbert. "Wir sind gespannt, wie gut das
funktioniert. Für den weiteren Missionsverlauf planen wir, Messungen an
Gesteinen in unserem Hochtemperatur-Spektroskopielabor in Berlin-Adlershof zu
nutzen, um auch die Zusammensetzung der einzelnen Gesteine bestimmen zu können",
so der Forscher weiter. Das DLR betreibt derzeit das einzige Testlabor, das für
diese speziellen Messungen an Mineralien unter den extremen Temperaturen des
Merkur geeignet ist. Auf der Tagseite des Planeten herrschen Temperaturen von
über 400 Grad.
MESSENGER ist eine Raumsonde des 1992 von der US-Weltraumbehörde
NASA aufgelegten Discovery-Programms. Dieses ermöglicht, mit relativ
preisgünstigen und innovativen Missionen die "Rätsel" unseres Sonnensystems zu
lösen. Die Sonde startete am 3. August 2004 und nähert sich ihrem Ziel seither
auf einer komplizierten Flugbahn durch das innere Sonnensystem.
MESSENGER wurde an der Johns-Hopkins-University gebaut. Von
hier aus wird die Mission auch gesteuert. Auf der etwa tausend Kilogramm
schweren Sonde befinden sich acht wissenschaftliche Experimente. Nach
Nahvorbeiflügen an der Erde, je zweimal an der Venus und im vergangenen Jahr
zweimal am Merkur, hat MESSENGER bis zum dritten Merkur-Vorbeiflug am
Dienstag, 29. September 2009, fast sechs Milliarden Kilometer auf seiner
spiralförmigen Bahn zurückgelegt.
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