Kometensonde untersuchte Asteroid Steins
Redaktion /
Pressemitteilung der ESA astronews.com
6. September 2008
Die europäische Kometensonde Rosetta flog in der
vergangenen Nacht in einer Entfernung von nur 800 Kilometern am Asteroiden
Steins vorüber. Die Form des Himmelskörpers, der von Kratern übersät ist,
erinnert ein wenig an einen Diamanten. Bislang zählten die Forscher 23 Krater.
Die Auswertung der Daten wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Der Asteroid
Steins aus einer Entfernung von rund 800
Kilometern. Der große Krater auf der Oberfläche
hat einen Durchmesser von etwa 1, 5 Kilometern.
Dass der Asteroid diesen Einschlag überstanden
hat, verblüfft die Wissenschaftler.
Bild: ESA / MPS für das OSIRIS Team (MPS
/ UPM / LAM / IAA / RSSD / INTA / UPM / DASP /
IDA) |
Vergangene Nacht näherte sich die ESA-Sonde Rosetta um
20.58 Uhr MESZ dem Asteroiden 2867 Steins auf eine Entfernung von nur 800
Kilometer. Steins ist Rosettas erstes nominelles wissenschaftliches
Zielobjekt auf ihrer elfeinhalb Jahre langen Reise zur Erforschung des Kerns des
Kometen 67/P Tschurjumow-Gerasimenko.
Die erfolgreiche Begegnung wurde um 22.14 Uhr MESZ bestätigt, als das
Bodenkontrollteam im Europäischen Raumflugkontrollzentrum der ESA (ESOC) in
Darmstadt die ersten Telemetriedaten der Sonde empfing. Während des Vorbeiflugs
bestand kein Funkkontakt mit Rosetta, da die Antenne der Raumsonde
nicht auf die Erde ausgerichtet war. Aufgrund der großen Entfernung von ca. 2,41
Astronomischen Einheiten (360 Millionen Kilometer) benötigte das
Bestätigungssignal 20 Minuten, bis es unseren Planeten erreichte.
Steins ist ein kleiner, unregelmäßig geformter Asteroid mit einem Durchmesser
von nur 4,6 Kilometern, der zu der seltenen Kategorie der "E-Typ-Asteroiden"
zählt, die noch nie direkt von einem interplanetaren Raumfahrzeug beobachtet
wurde. Diese Asteroiden weisen eine relativ geringe Größe und enge Umlaufbahn
auf und sind meist im inneren Teil des zwischen Mars und Jupiter gelegenen
Asteroiden-Hauptgürtels anzutreffen. Sie stammen vermutlich aus dem Mantel
größerer Asteroiden, die in der Frühgeschichte des Sonnensystems zerstört wurden
und wahrscheinlich größtenteils aus Silikatmineralen mit wenig oder keinem
Eisenanteil bestehen.
Die vergangene Nacht von Rosetta gesammelten Daten werden in den
kommenden Tagen und Wochen ausgewertet, um endlich die wahre Beschaffenheit von
Steins zu enthüllen. Mit der Untersuchung kleiner Himmelskörper wie Asteroiden
bietet Rosetta erste Erkenntnisse über die Frühgeschichte unseres
Sonnensystems. Dies führt zu einem besseren Verständnis der Ursprünge und
Entwicklung von Planeten und hilft bei der besseren Auswertung von an der
Oberfläche gesammelten Asteroidendaten.
Dies ist nicht das erste Mal, dass Rosetta Steins unter die Lupe
nimmt. Im März 2006 beobachtete Osiris, die Kamera an Bord von Rosetta,
die Helligkeitsveränderungen des rotierenden Asteroiden (astronews.com
berichtete) aus einer Entfernung von 159 Millionen Kilometern (etwas mehr als
der Abstand zwischen Erde und Sonne) und fand heraus, dass der kleine Asteroid
sich innerhalb von ca. sechs Stunden einmal um sich selbst dreht.
Zusammen mit den beiden Navigationskameras an Bord von Rosetta nahm
Osiris am 4. August Steins erneut ins Visier und beobachtete den Asteroiden zur
optischen Navigationsunterstützung von Rosetta bis 4. September, was
eine Premiere im Raumsondenbetrieb der ESA darstellte. Einige Tage vor dem
Vorbeiflug wurden die meisten Instrumente der Sonde sowie der Magnetometer des
Philae-Landegerätes eingeschaltet, um wissenschaftliche Daten über den
Asteroiden zu sammeln, die im Laufe des Anfluges der Raumsonde immer mehr an
Genauigkeit gewannen.
Rosettas leistungsstarke Instrumente konzentrierten sich zunächst
auf die Bahnbewegung, Rotation, Gestalt und Dichte des Asteroiden. Da sich die
Entfernung verringerte, weitete sich die Untersuchung auf dessen
Oberflächenbeschaffenheit und -eigenschaften, die Analyse der chemischen und
mineralogischen Zusammensetzung der Böden sowie ihr jeweiliges Alter und die
Auswirkungen des Sonnenwindes auf die Oberfläche aus.
Zum Zeitpunkt ihrer geringsten Entfernung von Steins flog Rosetta
mit einer relativen Geschwindigkeit von 8,6 km/s an dem Asteroiden vorbei. Um
den kleinen Himmelskörper im Blickfeld ihrer Instrumente zu halten, musste die
Sonde ein schnelles und äußerst anspruchsvolles Drehmanöver vollführen, das
bereits im März dieses Jahres erfolgreich geprobt worden war.
"Steins ist zwar klein, aber wir leisten hier herausragende wissenschaftliche
Arbeit", so Dr. David Southwood, ESA-Direktor für Wissenschaft und robotische
Exploration. "Je mehr wir über die unterschiedlichen Asteroidentypen wissen,
desto besser werden wir unsere eigenen Ursprünge verstehen. Brechen solche
Wanderer des Sonnensystems aus dem Asteroidengürtel aus, könnten sie zudem zu
einer Gefahr für die Erde werden. Je besser wir sie kennen, desto besser werden
wir in der Lage sein, die Risiken einzudämmen, die einige von ihnen in Zukunft
darstellen könnten."
"Rosetta funktionierte die ganze Zeit einwandfrei", so Southwood
weiter. "Um ein so kleines Ziel im Auge behalten zu können, war ein komplexes
Manöver notwendig, das die Raumsonde mit Bravour meisterte. Jetzt sind wir sogar
noch zuversichtlicher, dass sie die schwierigen Aufgaben, die bei der
Untersuchung des Kometen Tschurjumow-Gerasimenko vor ihr liegen, bewältigen
wird." Die wissenschaftlichen Beobachtungen von Steins werden noch bis 10.
September fortgesetzt.
Seit ihrem Start mit einer Ariane-5-Trägerrakete am 2. März 2004
legte Rosetta bereits ca. 3,7 Milliarden Kilometer zurück und führte
zwei Vorbeischwungmanöver an der Erde und ein Vorbeischwungmanöver am Mars
durch. Am 17. Dezember dieses Jahres wird Rosetta auf ihrer derzeitigen
Umlaufbahn die größte Entfernung zur Sonne erreichen und anschließend in
Richtung Erde zurückkehren, um am 13. November 2009 auf dem Weg zu ihrem
endgültigen Ziel ein letztes Mal Schwung zu holen.
Am 10. Juli 2010 wird Rosetta an einem weiteren, sehr viel größeren
Himmelskörper, dem Asteroiden 21 Lutetia, vorbeifliegen. Die Ankunft am Kometen
67/P Tschurjumow-Gerasimenko ist für Mitte 2014 geplant. Bis dahin wird die
Raumsonde insgesamt ca. 6,5 Milliarden Kilometer zurückgelegt haben.
 |
|