Die Entstehung massereicher Sterne
von
Stefan Deiters astronews.com
27. März 2020
Ein neues, unlängst von der europäischen Weltraumagentur ESA
veröffentlichtes Bild des Weltraumteleskops Hubble zeigt eine
Sternentstehungsregion im Außenbereich des bekannten Tarantelnebels in der
Großen Magellanschen Wolke. Hier finden sich unzählige junge und auch
massereiche Sterne, so dass sich die Region ideal eignet, um mehr über die Entstehung
dieser stellaren Riesen zu erfahren.
Bild auf die Region LHA 120-N 150 im Tarantelnebel. Bild:
ESA / Hubble, NASA, I. Stephens [Großansicht] |
Die rosafarbene Wolke mit den zahlreichen jungen Sternen, die auf der
unlängst veröffentlichten
Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble zu sehen ist, hat die wenig spektakuläre
Bezeichnung LHA 120-N 150. Ihre Beobachtung könnte der Astronomie aber einiges
über die Entstehung von massereichen Sternen verraten. Die Wolke liegt in den
Außenbereichen des Tarantelnebel, der größten bekannten Sternentstehungsregion
in unserem lokalen Universum. Der Nebel ist Teil der Großen Magellanschen Wolke,
einer Satellitengalaxie der Milchstraße in rund 160.000 Lichtjahren Entfernung.
Die Großen Magellansche Wolke befindet sich auf einem Orbit um die
Milchstraße und dürfte in ihrer Geschichte mehrfach dichte Begegnungen mit
anderen kleineren Galaxien gehabt haben. Ein Kandidat dafür wäre beispielsweise die Kleine
Magellansche Wolke. Solche Begegnungen können eine Galaxie erheblich
durcheinanderwirbeln und für einen Ausbruch von Sternentstehung sorgen - wie man
ihn etwa heute im Tarantelnebel beobachten kann.
Der Tarantelnebel, bekannt auch unter der Bezeichnung NGC 2070 oder 30 Doradus, hat einen Durchmesser von fast 1000 Lichtjahren und liegt - von der
Erde aus betrachtet - sehr günstig: Man kann aus einem vorteilhaften Winkel auf
das Sternentstehungsgebiet blicken und auf der Sichtlinie befindet sich kaum
störender Staub. Deswegen spielt diese Region eine wichtige Rolle bei der
Untersuchung der Entstehung von Sternen, insbesondere von sehr massereichen
Exemplaren, die sich hier in ungewöhnlich hoher Konzentration finden lassen.
LHA 120-N 150 wurde mit dem Weltraumteleskop Hubble ins Visier genommen, um
mehr über die Umgebung zu erfahren, in der massereiche Sterne entstehen.
Theoretische Modelle sagen nämlich voraus, dass diese stellaren Riesen
eigentlich in Sternhaufen geboren werden, doch haben Beobachtungen ergeben, dass
bis zu zehn Prozent von ihnen ganz allein entstehen. Im Tarantelnebel finden
sich massereiche Sterne sowohl einzeln, also auch in Sternhaufen, so dass die
Astronominnen und Astronomen hoffen, durch detaillierte Untersuchungen dieser
Region dieses Rätsel lösen zu
können.
Vor allem hofft man herauszufinden, ob massereiche Sterne tatsächlich einzeln
entstehen oder ob sie seit ihrer Entstehung einfach nur von ihren stellaren
Geschwistern weggewandert sind. Das Problem dabei ist, dass sich massereiche
junge Sterne, die noch in ihrer Wachstumsphase sind, nur schwer von dichten Klumpen aus
Gas unterscheiden lassen. In LHA 120-N 150 finden sich zahlreiche Objekte, bei denen es
sich entweder um gerade entstehende Sterne oder um Klumpen aus Gas handeln
könnte. Erst eine detaillierte Analyse der Daten und weitere Beobachtungen
dürften ihre wahre Natur enthüllen.
Wissenschaftliche Analysen der Daten aus diesen Beobachtungen wurden bereits
2017 in der Zeitschrift Astrophysical Journal veröffentlicht.
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