Ähnlich entstanden wie unsere Sonne?
von Stefan Deiters astronews.com
15. Februar 2010
Die Entstehung von massereichen Sternen stellt Astronomen
immer noch vor so manches Rätsel: Laufen dabei ganz andere physikalische
Prozesse ab als bei der Geburt von masseärmeren Sternen oder funktioniert die
Entstehung ganz ähnlich? Beobachtungen am Gemini Observatory lieferten
nun neue Hinweise.
Künstlerische Darstellung des entstehenden
massereichen Sterns W33A.
Bild: Gemini Observatory, artwork by
Lynette Cook |
"Das Problem ist, dass die Entstehung der massereichsten Sterne im
Vergleich zu Sternen wie unserer Sonne extrem schnell abläuft. Wenn sie sich aus
der Wolke befreit haben, aus der sie entstanden sind, handelt es sich schon um
fertige Sterne", erläutert Ben Davies von der University of Leeds und
dem Rochester Institute of Technology. "Wenn man also massereiche
Sterne bei der Entstehung beobachten will, muss man in der Lage sein, durch die
Wolken hindurchzuschauen, in denen sich alles abspielt."
Davies ist Leiter eines Teams, das mit Hilfe von sehr empfindlichen
Infrarotdetektoren und einer adaptiven Optik genau dies versucht hat. Den
Astronomen gelang es so, den massereichen Protostern W33A bei der Entstehung zu
beobachten. Was sie sahen, kam ihnen "erstaunlich bekannt vor, wie eine schöne
Tasse Tee. Das war genau die Art von Beweis, nach dem wir gesucht hatten", so
Kollege Melvin Hoare aus Leeds.
Der untersuchte sich bildende Stern hat etwa die zehnfache Masse unserer
Sonne und wächst immer noch mit großer Geschwindigkeit. Mit den Beobachtungen
gelang erstmals ein detaillierter Blick ins Innere dieser stellaren Kinderstube.
"Wir haben einen massereichen Stern bei der Entstehung erwischt, wir haben
Spuren einer Akkretionsscheibe gefunden, die in einen Torus aus Gas und Staub
eingebettet war. Außerdem konnten wir Material erkennen, das von den Polen des
Sterns mit einer Geschwindigkeit von bis zu 300 Kilometern pro Sekunde ins All
geschleudert wurde. All dies sind Phänomene, wie sie auch bei deutlich
masseärmeren Sternen auftreten."
Im sichtbaren Bereich des Lichtes ist W33A nicht zu sehen. Strahlung im
Infraroten durchdringt Gas und Staub hingegen nahezu ungehindert und macht so
die Beobachtungen möglich. Sie könnten einen wichtigen Hinweis zur Klärung einer
Frage liefern, die Astronomen schon lange beschäftigt: Läuft die Entstehung von
massereichen Sternen ähnlich ab wie bei massearmen Sternen, nur quasi in
größerem Maßstab, oder handelt es sich um einen ganz neuen physikalischen
Prozess?
Das Team untersuchte W33A mit dem Near-Infrared Integral Field
Spectrograph (NIFS) am Frederick C. Gillett Gemini Nord-Teleskop auf dem
Mauna Kea auf Hawaii. Mit dem Instrument konnten rund 2.000 individuelle
Spektren aus verschiedenen Bereichen des Zentrums von W33A aufgenommen werden,
so dass man ein mehrdimensionales Bild der Umgebung des Sterns erhielt. "Wir
konnten nicht nur den inneren Nebel auflösen, sondern auch die dynamischen
Verhältnisse durch die Messung der Doppler-Verschiebung des Lichtes messen, die
uns die Geschwindigkeit des Gases um den Stern verrät," so Davies. "Wir haben
hier ein unglaublich leistungsfähiges Werkzeug, um herauszufinden, wie Sterne
wirklich entstehen."
W33A ist als massereiches junges stellares Objekt klassifiziert und liegt in
rund 12.000 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Schützen. Die Ergebnisse der
Beobachtungen der Astronomen erscheinen in Kürze in der Fachzeitschrift
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
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