Sorgte Mondentstehung für Wasser auf der Erde?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
21. Mai 2019
Unsere Erde ist im Sonnensystem einzigartig: Sie verfügt
über einen relativ großen Mond und beträchtliche Mengen an Wasser und ist damit
der einzige uns bekannte Planet, der gegenwärtig Leben ermöglicht. Planetologen
aus Münster präsentieren nun eine spannende Theorie: Das lebenswichtige Wasser
könnte durch die Entstehung des Mondes auf die Erde gelangt sein.
Machte die Entstehung des Mondes die Erde
erst zum Blauen Planeten?
Bild: NASA Goddard [Großansicht] |
Die Erde ist einzigartig in unserem Sonnensystem: Als einziger terrestrischer
Planet besitzt sie eine große Menge an Wasser und einen relativ großen Mond, der
die Erdachse stabilisiert. Beides dürfte von großer Bedeutung gewesen sein,
damit sich Leben auf der Erde entwickeln konnte. Planetologen der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster (WWU) konnten nun erstmals zeigen, dass das Wasser
mit der Entstehung des Mondes vor ungefähr 4,4 Milliarden Jahren auf die Erde
gekommen ist.
Der Mond bildete sich durch den Einschlag eines etwa Mars-großen Körpers –
auch Theia genannt – auf der Erde. Bisher waren Experten davon ausgegangen, dass
Theia im inneren Sonnensystem nahe der Erde entstanden ist. Die münsterschen
Wissenschaftler konnten jetzt zeigen, dass Theia aus dem äußeren Sonnensystem
kommt, von wo der Protoplanet große Mengen Wasser mit auf die Erde brachte.
Da die Erde sich im wasserarmen inneren Sonnensystem gebildet hat, könnte man
erwarten, dass sie trocken ist. Um zu verstehen, warum es dennoch Wasser auf der
Erde gibt, muss man sich auf eine Reise in die Vergangenheit begeben, als das
Sonnensystem vor ungefähr viereinhalb Milliarden Jahren entstanden ist. Frühere
Studien haben ergeben, dass sogenannte 'kohlige' Meteorite aus dem äußeren
Sonnensystem stammen, wohingegen 'nicht-kohlige' Meteorite aus dem inneren
Sonnensystem kommen.
Kohlige Meteorite sind relativ wasserreich und Studien haben gezeigt, dass
das Wasser auf der Erde wahrscheinlich von diesen Körpern stammt. Es war aber
bisher unbekannt, wann und wie dieses kohlige Material – und damit das Wasser –
auf die Erde gekommen ist. "Wir haben Molybdän-Isotope benutzt, um diese Frage
zu beantworten. Die Molybdän-Isotope ermöglichen uns, kohliges und nicht-kohliges
Material klar zu unterscheiden – sie stellen sozusagen einen genetischen
Fingerabdruck von Material aus dem äußeren und inneren Sonnensystem dar",
erklärt Dr. Gerrit Budde vom Institut für Planetologie der WWU.
Die Messungen der münsterschen Planetologen zeigen, dass die Molybän-Isotopie
der Erde zwischen der der kohligen und nicht-kohligen Meteorite liegt. Ein Teil
des irdischen Molybdäns stammt daher aus dem äußeren Sonnensystem. Die
chemischen Eigenschaften von Molybdän spielen in diesem Zusammenhang eine
Schlüsselrolle, weil sich Molybdän als Eisen-liebendes Element zum Großteil im
Erdkern befindet. "Das Molybän, welches heute zugänglich ist, stammt daher aus
den späten Stadien der Erdentstehung, während das Molybdän aus früheren Phasen
im Erdkern ist", erklärt Dr. Christoph Burkhardt.
Die Ergebnisse der Wissenschaftler zeigen daher erstmals, dass kohliges
Material aus dem äußeren Sonnensystem erst spät auf die Erde gekommen ist. Die
Wissenschaftler gehen aber noch einen Schritt weiter. Sie zeigen, dass der
Großteil des Molybdäns im Erdmantel durch den Protoplaneten Theia geliefert
wurde, dessen Kollision mit der Erde vor 4,4 Milliarden Jahren zur Entstehung
des Mondes geführt hat. Da aber ein Großteil dieses Molybdäns aus dem äußeren
Sonnensystem stammt, bedeutet dies, dass Theia selbst auch aus dem äußeren
Sonnensystem stammt.
Die Kollision reichte nach Einschätzungen der Wissenschaftler aus, um
ausreichend kohliges Material auf die Erde zu bringen, das für die gesamte Menge
an Wasser auf der Erde verantwortlich ist. "Unser Ansatz ist einzigartig, weil
er uns erstmalig erlaubt, die Herkunft des Wassers auf der Erde mit der
Entstehung des Mondes in Verbindung zu bringen. Vereinfacht könnte man sagen,
ohne Mond kein Leben auf der Erde", sagt Prof. Dr. Thorsten Kleine, Professor
für Planetologie an der WWU.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in der aktuellen Ausgabe des
Fachmagazins Nature Astronomy.
|